1 Zwei Komponenten bei der Gewinnermittlung des Gesellschafters
1.1 Zweistufige Gewinnermittlung
1.2 Schema der Gewinnermittlung
2 Die erste Stufe: Der Gewinnanteil
2.1 Die reguläre Ableitung
2.2 Voraus-/Vorabgewinn
3 Sondervergütungen für Tätigkeiten im Dienst der Personengesellschaft und für die Überlassung von Wirtschaftsgütern
3.1 Überblick
3.2 Umfang der mitunternehmerischen Tätigkeitsentgelte gem. § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG
3.2.1 Einkommensteuerliche Beurteilung
3.2.2 Umsatzsteuerliche Beurteilung
3.3 Nutzungsüberlassung von Wirtschaftsgütern
4 Der Problemfall: Die Tätigkeitsvergütung als Sonder-Betriebseinnahme, Gewinnvorweg oder Entnahme?
4.1 Die (einfache) Gehaltsbuchung
4.2 Mittelbare Tätigkeitsverbuchung
5 Gewinnvorweg und Gewerbesteueranrechnung (§ 35 EStG)
6 Verwandte Lexikonartikel
Gem. § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Satz 1 EStG setzt sich der gewerbliche Gewinn des Mitunternehmers aus seinem Gewinnanteil (Halbsatz 1) und aus Vergütungen für Tätigkeiten im Dienste der PersG sowie für die Überlassung von Wirtschaftsgütern (Halbsatz 2) zusammen.
Es werden zwei Gewinnermittlungsstufen gebildet:
die erste gibt den Anteil des Mitunternehmers am Gesamthands-Gewinn der PersG (»kollektive« Ermittlungsstufe) wieder und
die zweite bildet seinen persönlichen Anteil im Dienste der PersG ab (»individuelle« Ermittlungsstufe).
Hinweis:
In der Praxis wird die Trennung mittels eines Vordrucks (früher ESt 1,2,3 B-Formular) vorgenommen. Dort werden etwas verkürzt für die individuelle zweite Ebene die Begriffe »Tätigkeitsvergütungen zzgl. Zinsen für Kapitalüberlassung (u.Ä.) ./. Sonder-Betriebsausgaben« (Spalten 6–8) verwendet. Mit Letzterem sind die Ergebnisse aus den Sonderbilanzen (→ Sonderbilanz) gemeint.
Beim steuerlichen Jahresabschluss einer PersG kommt ggf. noch eine dritte Komponente hinzu, die aus den sog. Ergänzungsbilanzen (→ Ergänzungsbilanz) gewonnen wird. Diese stellen – akzessorisch zur Hauptbilanz – individuelle Werte eines einzelnen Gesellschafters dar. Der Ausweis selbst repräsentiert notwendige Abweichungen des einzelnen Gesellschafters, die als Plus-/oder Minus-Beträge zu den bilanzierten WG der Hauptbilanz erfasst werden. Unter dem Aspekt des Sachzusammenhangs gehören sie zur ersten Gewinnermittlungsstufe, unter dem Aspekt der ausschließlich persönlichen Abweichung kann man sie zur zweiten Kategorie der Gewinnermittlung eines Mitunternehmers rechnen.
Es ergibt sich folgendes Gewinnermittlungsschema:
A) Steuerliches Gesamtergebnis (einer PersG) |
B) gewerblicher Gewinn des Gesellschafters |
I. Ergebnis der Mitunternehmerschaft |
Gewinnanteil |
Ia Ergänzungsbilanzergebnisse – zusammen |
>> ggf. Ergänzungsbilanz |
II. Sonderergebnisse aller Gesellschafter |
>> ggf. Sonderbilanz und Tätigkeitsvergütung |
Abb.: Gewinnermittlung der Mitunternehmerschaft (A) und des Gesellschafters (B)
Das einkommensteuerliche Gesamtergebnis der Mitunternehmerschaft (A) ist identisch mit ihrem Gewerbeertrag (§ 7 GewStG).
Im Rahmen der einheitlichen und gesonderten Gewinnfeststellung wird der kollektive Gewinn (A) entsprechend der Verteilungsabrede aufgeteilt und bildet zusammen mit den jeweiligen Einzelergebnissen (Ia + II) den gewerblichen Gewinnanteil eines Mitunternehmers. Auf gleiche Weise wird der Gewinn einer freiberuflichen oder land- und forstwirtschaftlichen Mitunternehmerschaft ermittelt.
Die erste Ermittlungsstufe (»Gewinnanteil«; es müsste heißen: »Ergebnisanteil«, da hierunter auch Verluste fallen) trägt der Tatsache Rechnung, dass die PersG ein eigenständiges Gewinnermittlungssubjekt ist.
Auf der Ebene der Mitunternehmerschaft wird der aus der Handelsbilanz kommende HB-Gewinn der PersG (§ 238 HGB i.V.m. §§ 105, 161 HGB) in das Steuerrecht transformiert (§ 5 Abs. 1 EStG) und bildet als StB-Gewinn der Mitunternehmerschaft die Ausgangsgröße für die Aufteilung unter den Gesellschaftern. Entgegen den abdingbaren Regelungen des § 121 Abs. 3 HGB (Aufteilung nach Köpfen) bildet die konkrete Gewinnverteilungsabrede unter den Gesellschaftern die Grundlage für die Aufteilung. In der Kautelarpraxis (= Vertragsgestaltung) wird bei dieser Aufteilung gewohnheitsrechtlich das (feste) Kapitalkonto I zu Grunde gelegt.
Hinweis:
Abweichend vom Regelstatut des HGB werden in den meisten Gesellschaftsverträgen einer PersG drei (manchmal auch vier) Kapitalkonten gebildet (zur steuerlichen Einordnung des Zwei-, Drei- und Vierkontenmodells insbesondere für Zwecke des § 15a EStG vgl. OFD Hannover vom 7.2.2008, DB 2008, 1350):
Das Kapitalkonto I (auch Festkapitalkonto genannt) wird für jeden Gesellschafter nach seiner ursprünglichen Einlage festgesetzt und – abgesehen von Nachschüssen – unverändert fortgeführt. Diese »eingefrorene« Größe repräsentiert als Kapitalanteil die verhältnismäßige Beteiligung am Vermögen der PersG und ist gleichzeitig der unveränderliche Maßstab für die Stimmrechte, den Gewinn- und Verlustanteil sowie die Beteiligung am Liquidationsguthaben.
Das variable Kapitalkonto II nimmt die zwischenzeitlichen jährlichen Ergebnisanteile auf und im Regelfall auch die entnommenen und ggf. eingelegten Beträge (Nachschüsse).
Für den Fall, dass die Gesellschaftsverträge – aus Gründen der Eigenkapitalbildung – nicht den ganzen Gewinnanteil für entnahmefähig erklären, wird im Kapitalkonto II nur der nicht entnahmefähige Gewinn erfasst.
Der entnahmefähige Gewinn wird bei der differenzierten Behandlung dem Kapitalkonto III zugeschrieben und kann insoweit als Forderung auf Gewinnauskehrung gegen die PersG gewertet werden. Hierfür hat sich auch die Bezeichnung »Verrechnungskonto« eingebürgert.
Im Vierkontenmodell wird zur Verbuchung von Verlusten ein eigenes Konto (»Konto IV« bzw. »Verlustvortragskonto«) geführt.
Manchmal wird für die »echten« Forderungen der Gesellschafter gegen die PersG, z.B. aus einer Darlehensvergabe, noch ein Verrechnungskonto (häufig auch als Kapitalkonto IV bezeichnet) gebildet. Ein Kapitalkonto IV (mit diesem Inhalt) wird steuerlich im sog. Sonderbetriebsvermögen abgebildet.
Hinweis:
Gelegentlich wird auch eine Kapitalkontenstruktur bei den PersG entsprechend dem Eigenkapitalausweis gem. § 266 Abs. 3 HGB bei KapG empfohlen. Dabei ist darauf zu achten, dass die dortige Begriffswelt – insb. zu den Rücklagen – den PersG fremd ist und nur bei hierauf abgestimmten Gesellschaftsverträgen kompatibel ist.
Ein Vorabgewinn bzw. Gewinnvorab ist anzunehmen, wenn einem Gesellschafter aufgrund des Gesellschaftsvertrages Vergütungen für z.B. Dienstleistungen vorweg aus dem Gewinn gewährt werden und diese nicht als handelsrechtlicher Aufwand behandelt werden (BFH Urteil vom 23.1.2001, VIII R 30/99, BStBl II 2001, 621). Ein Gewinnvorab, stellt immer einen Teil der Gewinnverteilungsabrede der Gesellschaft dar, der als Abweichung von der dispositiven Regelung (abdingbares Recht) in § 168 HGB im Gesellschaftsvertrag geregelt werden muss.
Ein Vorabgewinn kann als feste Vergütung, als feste oder variable Verzinsung von Gesellschafterkonten oder als prozentualer Anteil des Bruttogewinns (Erfolgsbeteiligung, Tantieme) ausgestaltet sein (s. dazu Schäfer in: Das Recht der OHG, Kommentierung der §§ 105–160 HGB, Rz. 26 zu § 121 HGB).
Dabei kann es sich um einen sog. »echten« Vorabgewinn handeln, die den Berechtigten nur insoweit zusteht, wie auch ein Gewinn tatsächlich erzielt worden ist. Vorabvergütungen können aber auch gewinnunabhängig gestaltet werden und ohne entsprechenden Gewinn, ja sogar in Verlustjahren geschuldet sein. Ob das der Fall ist, muss durch Auslegung des Gesellschaftsvertrages ermittelt werden (vgl. dazu insbesondere Priester in: Münchener Kommentar, Rz. 40 zu § 121 HGB). Dieser Auffassung stimmt auch Schäfer (a.a.O., Rz. 27 zu § 121 HGB) zu. Demnach zwingt die funktionale Natur des Vorabgewinns nicht dazu, dass Leistungen der Gesellschaft von einem positiven Gewinn abhängig gemacht werden, sondern diese Vergütungen können auch in Verlustjahren gezahlt werden. Maßgeblich ist die Regelung im Gesellschaftsvertrag. So spricht für die Ergebnisunabhängigkeit von Vorabgewinnen im Regelfall, dass es sich um feste, beitragsmäßig fixierte Vergütungen oder um prozentual (gewinnunabhängige) zu berechnende Leistungen der Gesellschaft handelt. Anders sehe dies aus, wenn die Zahlung der Vergütungen laut Gesellschaftsvertrag ausdrücklich von der Erzielung eines positiven Ergebnisses abhängig gemacht wird.
Mit Urteil vom 13.10.1998 (VIII R 4/98, BStBl II 1999, 284) hat der BFH dargelegt, dass auch für die steuerliche Beurteilung – in den Grenzen des § 42 AO – unabhängig von der gewählten Vertragsform ausschlaggebend sein soll, was die Vertragspartner im Rahmen der ihnen nach § 109 HGB zustehenden Vertragsfreiheit inhaltlich vereinbaren wollen. Diesbezüglich führt das FG Bremen in seinem Urteil vom 6.3.2008 (1 K 25/07, EFG 2008, 1609) an, dass es in der Natur des Geschäftslebens läge, dass Gewinnanteile positiv, aber auch negativ ausfallen könnten. Nach ständiger Rspr. sei für die Verteilung des Gewinns oder Verlusts einer Gesellschaft auf die Gesellschafter auch und gerade bzgl. steuerlicher Zwecke das Handelsrecht maßgebend, also der handelsrechtliche Gewinnverteilungsschlüssel. So können die Gesellschafter vereinbaren, dass die Ergebnisverteilung in Bezug auf den Gewinnvorab auch gerade unabhängig vom Jahresergebnis vorgenommen werden soll. So kann die Vergütung dem leistenden Gesellschafter sowohl im Verlust- als auch im Gewinnfalle zustehen.
Ist eine Vorabvergütung unabhängig von der Entstehung eines Gewinns zu zahlen, so ist der dadurch veranlasste Aufwand auf die übrigen Gesellschafter entsprechend ihrer Beteiligung am Verlust umzulegen (Schäfer, a.a.O., Rz. 28 zu § 121 HGB).
Zwar kann es sich bei einer im Gesellschaftsvertrag vereinbarten Vergütung je nach Ausgestaltung der Vergütung um eine Gewinnverteilungsabrede oder um eine Sondervergütung handeln. Eine nicht im Gesellschaftsvertrag geregelte Vergütung kann die Gewinnverteilungsabrede jedoch nicht berühren und kann somit konsequenterweise nie einen Gewinnvorab darstellen (BFH Urteil vom 14.3.2012, IV B 7/11, BFH/NV 2012, 1121).
Sondervergütungen (und kein Gewinnvorab) sind anzunehmen, wenn die Entgelte für die Dienstleistungen auf einem besonderen Schuldverhältnis beruhen und handelsrechtliche Kosten darstellen. Für die Behandlung der Tätigkeitsvergütung als Sondervergütung i.S.d. § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Satz 1 Halbsatz 2 EStG ist, neben der Behandlung als handelsrechtliche Kosten, ferner Voraussetzung, dass eine besondere schuldrechtliche Vertragsbeziehung zwischen der Gesellschaft und dem Gesellschafter vorliegt. Diese gesonderte Vertragsbeziehung kann auf dem Gesellschaftsvertrag oder einer anderen vertraglichen Grundlage beruhen (vgl. dazu BFH Urteil vom 13.10.1998, VIII R 4/98, BStBl II 1999, 284). Ein weiteres Indiz für eine Sondervergütung ist, dass diese auch insbesondere im Verlustfalle zu zahlen ist (vgl. dazu BFH Urteil vom 23.01.2001, VIII R 30/99, BStBl II 2001, 621). Sofern aber im Gesellschaftsvertrag eine hierauf – also auf die Behandlung als handelsrechtliche Kosten – gerichtete unmissverständliche Vereinbarung fehlt, so liegt im Zweifel eine Gewinnverteilungsabrede vor.
Sieht der Gesellschaftsvertrag einer GmbH & Co. KG einen Vorabgewinn der Komplementär-GmbH für die Übernahme der Geschäftsführung der KG vor, die von einem Kommanditisten der KG als Geschäftsführer der Komplementär-GmbH erbracht wird, so ist der betreffende Betrag nach § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG nicht der Komplementär-GmbH, sondern dem die Geschäfte führenden Kommanditisten zuzurechnen. Dies gilt unabhängig davon, ob die GmbH dem Kommanditisten ein Entgelt für seine Tätigkeit schuldet (BFH vom 28.5.2020, IV R 11/18, BStBl II 2020, 641; LEXinform 0951962).
Das FG Düsseldorf hat mit Urteil vom 23.11.2000 (10 K 3784/96 F, EFG 2001, 204) entschieden, dass für die Annahme einer Sondervergütung auch nicht ausschlaggebend ist, dass eine gesonderte vertragliche Grundlage hinsichtlich der Verpflichtung zur Erbringung der Leistung gegeben ist. Denn entscheidend für die steuerliche Abgrenzung zwischen Gewinnvoraus oder Sondervergütung ist nicht die außerhalb des Gesellschaftsvertrages vertragliche Regelung, sondern die gesellschaftsvertragliche Regelung über die Vergütung dieser Verpflichtung im Wege des Gewinnvoraus. Im Gegensatz dazu sind Tätigkeitsvergütungen, die in einem Gesellschaftsvertrag vereinbart sind, nach der Rspr. des BFH nur dann als Sondervergütungen i.S.d. § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Halbsatz 2 EStG zu qualifizieren, wenn sie »handelsrechtlich nach den Bestimmungen des Gesellschaftsvertrags als Kosten zu behandeln, insbesondere im Gegensatz zu einem Gewinnvoraus auch zu zahlen sind, wenn kein Gewinn erwirtschaftet wird« (BFH Urteil vom 14.11.1985, IV R 63/83, BStBl II 1986, 58).
Unter den Tätigkeitsvergütungen i.S.d. § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Halbsatz 2 EStG sind entgeltliche schuldrechtliche Vereinbarungen zwischen Gesellschaft und Gesellschafter zu verstehen, die zivilrechtliche Forderungen des Gesellschafters gegenüber der Gesellschaft begründen würden. Diese sind ferner auch, sofern sie bis zum Bilanzstichtag nicht erfüllt sind, in der Gesamthandsbilanz auch als Verbindlichkeiten zu passivieren. Die Gesellschaft ist somit auch wirtschaftlich belastet. Im Gegensatz dazu liegt im Falle eines Gewinnvorab gerade keine wirtschaftliche Belastung der Gesellschaft vor, da die Gewinnverteilung nur eine interne Regelung zwischen den Gesellschaftern darstellt. So wird auch das Jahresergebnis durch die Gewinnvorabregelung nicht verändert, das Jahresergebnis wird lediglich verteilt. Eine wirtschaftliche Belastung für die Gesellschaft ist auch aus dem Grunde zu verneinen, da die Gesellschaft die Vergütung nicht bezahlen muss. Im Verlustfalle erhöht sich nur das auf die Gesellschafter zu verteilende Restergebnis. Aus diesen Gründen stellt der Gewinnvorab ein übliches Mittel dar, um den unterschiedlichen Gesellschafterbeiträgen Rechnung zu tragen, ohne die Gesellschaft wirtschaftlich zu belasten.
Rein begrifflich kann ein Gewinn(-anteil) erst nach Ablauf des Wirtschaftsjahres verteilt werden. Ebenso wie bei den (Vorab-) Dividendenausschüttungen bei Kapitalgesellschaften ist es auch bei PersG zulässig, den Gesellschaftern unterjährig Vorabgewinne zukommen zu lassen.
Steuerlich unzulässig sind hingegen Rückdatierungen von Gewinnabsprachen nach Ablauf des Kalenderjahres.
Zusammenfassend kann gesagt werden, dass es für die steuerliche Beurteilung der Tätigkeitsvergütung darauf ankommt, aus welchem Rechtsgrund die Gesellschaft dem Gesellschafter die Vergütung zukommen lässt.
Damit in Bezug auf eine Tätigkeitsvergütung ein Gewinnvorab anzunehmen ist, müssen somit folgende Voraussetzungen gegeben sein:
gesellschaftsvertragliche Vereinbarung im Rahmen der Gewinnverteilungsabrede,
keine handelsrechtlichen Kosten,
die Tätigkeitsvergütung sollte als prozentual gewinnunabhängige zu berechnende Leistung der Gesellschaft ausgestaltet werden.
§ 15 Abs. 1 Nr. 2 Satz 1 Halbsatz 2 EStG hat die Aufgabe, den Mitunternehmer weitgehend dem Einzelunternehmer gleichzustellen. Ebenso wenig wie der Einzelunternehmer »seinen« Unternehmerlohn als Betriebsausgabe bei der Gewinnermittlung abziehen darf, können Tätigkeitsvergütungen von Mitunternehmern den gewerblichen Gewinn mindern.
§ 15 EStG bezieht aber nicht nur Vergütungen für die Dienstleistungen einzelner Gesellschafter in den Gewinn mit ein, sondern zusätzlich Vergütungen für:
Kapitalüberlassung (Darlehensgewährung) und
die Nutzungsüberlassung von Wirtschaftsgütern (Miete, Pacht etc.)
Rechtstechnisch erfolgt dies durch eine Umqualifikation der Einkünfte. Anstelle von Lohn-, Vermietungs- oder von Kapitaleinkünften erzielt der Gesellschafter bei der entsprechenden Nutzungsüberlassung an die PersG gewerbliche Einkünfte. Für diese Erlöse verwendet die Verwaltung verkürzt den Ausdruck »Sonder-Betriebseinnahmen«, denen begriffsnotwendig Aufwendungen als »Sonder-Betriebsausgaben« gegenüberstehen.
Beispiel 1:
An einer X-OHG sind Y und Z mit gleicher Gewinnquote beteiligt. Z ist nebenher als StB tätig und fertigt für die OHG ein steuerliches Optimierungskonzept. Hierüber erstellt er der OHG am 20.12.01 eine Rechnung über 10 000 €, die in den Bilanzen der OHG als sonstige Verbindlichkeit (31.12.01) ausgewiesen ist (Gegenbuchung: Rechtsberatungskosten); die Rechnung ist noch nicht bezahlt.
Unter den Begriff der Tätigkeiten eines Gesellschafters fallen sämtliche Dienstleistungen, die dieser im Interesse der Gesellschaft erbringt. Damit werden nicht nur »Managementaufgaben« abgegolten, sondern auch freiberufliche Leistungen (z.B. eines Rechtsanwalts/Steuerberaters), die ein Gesellschafter zugunsten seiner PersG erbringt. Ausgenommen sind nach einer (allerdings) uneinheitlichen BFH-Rspr. nur solche Vergütungen, für die keine gesellschaftsrechtliche Veranlassung ersichtlich ist oder Veräußerungsgeschäfte zwischen PersG und Gesellschafter, die zu fremdüblichen Bedingungen abgeschlossen werden (BFH Urteil vom 28.10.1999, VIII R 41/98, BStBl II 2000, 339 – für einen Werkvertrag). Mit dem Beschluss vom 24.4.2002 (BFH Urteil vom 24.4.2002, IV B 9/01, BFH/NV 2002, 1292) hat der BFH den (gesellschaftsfreien) Exklusivbereich für Gesellschafter, die gegenüber ihrer PersG Leistungen erbringen, allerdings bedenklich erweitert: Das Architektenhonorar des Gesellschafters für ein Gebäude seiner GbR wurde dem allgemeinen, d.h. am Markt orientierten, Leistungsaustausch und nicht der Gesellschaftssphäre zugeschlagen. Die Folge davon ist: Behandlung als freiberufliche Leistung gem. § 18 EStG.
Mit dem »Architektenurteil« des BFH vom 24.4.2002 (a.a.O.) wird die Sphäre der PersG dann verlassen, wenn im Erbringen des Steuer-Konzepts kein – im weitesten Sinne – gesellschaftsrechtlicher Beitrag gesehen wird bzw. wenn sich ein aktivierungsfähiges WG anbietet, das die Gegenleistung »aufnehmen« kann.
Lösung 1:
Beide Voraussetzungen liegen jedoch nicht vor:
Das Steuerkonzept ist gerade für die OHG erstellt worden und hat darüber hinaus keinen Marktwert, womit – mangels Verkehrsfähigkeit – kein WG vorliegt und
und außerdem verbietet § 5 Abs. 2 EStG die Aktivierung eines im Betrieb geschaffenen immateriellen WG.
Ergebnis: Z verbleibt mit seiner Leistung im Bereich der X-OHG. Als Gegenpart zur Passivierung der Schuld muss Z eine sonstige Forderung in der Sonderbilanz einstellen (Gegenbuchung: Beteiligungsertrag). Eine Annullierung der Verbindlichkeit im Buchungskreis der OHG wäre falsch, da sie ja die Bezahlung schuldet.
In der Frage der Geschäftsführervergütung einer PersG sind durch die BFH-Urteile vom 6.6.2002 (V R 43/01, BStBl II 2003, 36) sowie vom 16.1.2003 (V R 92/01, BStBl II 2003, 732) zur Umsatzsteuer(-barkeit) der Geschäftsführer-Leistungen neue Erkenntnisse erkennbar geworden, denen sich die Verwaltung (Abschn. 1.6 Abs. 3 ff. UStAE) angeschlossen hat.
Danach sind Geschäftsführungs- und Vertretungsleistungen, die gegen ein garantiertes Sonder-Entgelt erbracht werden, umsatzsteuerbar und der Charakter der Umsatzsteuereinheit zwischen PersG und Gesellschafter tritt demzufolge zurück. Der Gegenfall (keine Umsatzsteuerbarkeit) liegt grundsätzlich dann vor, wenn es sich um eine gewinnabhängige Vergütung handelt, d.h. die Leistungen durch eine Beteiligung am Gewinn und Verlust der PersG abgegolten werden.
Mit dem Urteil vom 3.3.2011 (V R 24/10, BStBl II 2011, 951) hat der BFH entschieden, dass eine Festvergütung, die der geschäftsführungs- und vertretungsberechtigte Komplementär einer KG von dieser für seine Haftung nach §§ 161, 128 HGB erhält, als Entgelt für eine einheitliche Leistung, die Geschäftsführung, Vertretung und Haftung umfasst, umsatzsteuerpflichtig ist. Die Finanzverwaltung reagierte in ihrem Schreiben vom 14.11.2011 (IV D 2 – S 7100/07/10028 :003, BStBl I 2011, 1158) mit einer Änderung des Umsatzsteueranwendungserlasses. Demnach ist nicht nur eine gegen Sonderentgelt erbrachte einheitliche Leistung, die Geschäftsführung, Vertretung und Haftung umfasst, umsatzsteuerpflichtig. Die Geschäftsführung, Vertretung und die Übernahme der Haftung können bei Zahlung eines Sonderentgelts auch im Fall der isolierten Erbringung Gegenstand eines umsatzsteuerbaren Leistungsaustauschs sein (vgl. Abschn. 1.6 Abs. 6 UStAE). Erbringt eine Gesellschaft auf schuldrechtlicher Grundlage an ihre Gesellschafter Leistungen gegen Entgelt und stellen ihr die Gesellschafter in unmittelbarem Zusammenhang hiermit auf gesellschaftsrechtlicher Grundlage Personal zur Verfügung, liegt ein tauschähnlicher Umsatz vor (vgl. Abschn. 1.6 Abs. 6a UStAE).
Die zur Nutzung überlassenen WG stellen sog. Sonderbetriebsvermögen dar. Für sie werden eigene Sonderbilanzen gebildet, kraft derer sich Sonderergebnisse (Sonderbetriebseinnahmen ./. Sonderbetriebsausgaben) ableiten lassen.
S. dort → Sonderbilanz.
Als Instrumente der gewinnwirksamen Erfassung der Tätigkeitsvergütung, insb. bei der späteren Korrektur bislang unterlassener erfolgswirksamer Verbuchung, kommen – wie immer – innerbilanzielle Maßnahmen (qua Entnahme) oder außerhalb der Bilanz liegende Möglichkeiten (qua außerbilanzielle Hinzurechnung) in Betracht. Der Unterschied liegt nur in der Fest- und Fortschreibung bei der innerbilanziellen Gewinnzurechnung, da hierdurch das Kapitalkonto des einzelnen Gesellschafters (und damit das Kapital der PersG) auf Dauer betroffen ist.
Bei der außerbilanziellen Hinzurechnung handelt es sich hingegen nur um einen singulären Vorgang in diesem VZ.
Beispiel 2:
Für das überwiesene Monatssalär des Komplementärs K bei der X-KG (8 000 €) finden sich in einem Wj. drei verschiedene Buchungen:
Gehalt an Bank,
Privat an Bank,
Gehalt an Kapital.
Nachdem das Dezembergehalt noch nicht ausgezahlt ist, wird diskutiert, ob
gebucht werden soll:
Gehalt an sonstige Verbindlichkeiten oder
»mangels Geschäftsvorfall« nichts.
Losgelöst von allen gesellschaftsvertraglichen Regelungen lässt die Wertung des § 15 Abs. 1 Nr. 2 Halbsatz 2 EStG einen steuerlichen Betriebsausgaben-Abzug der Tätigkeitsvergütung nicht zu.
Die verschiedenartigen Verbuchungen wiederum hängen mit der »offenen« Jahresabschlusspraxis bei PersG zusammen. So kann es vorkommen, dass das (nicht ausbezahlte) Geschäftsführergehalt laufend als Gewinnvorweg behandelt wird und nur noch der Restgewinn unter den Gesellschaftern verteilt wird. Bei der am häufigsten vorkommenden Variante der Aufwandsverbuchung a) des Gehaltes tritt ein Problem bei der Kapitalkontenentwicklung auf. Dort werden die Geschäftsführer-Gehälter gleichzeitig als Entnahmen und Vorabgewinn behandelt.
Lösung 2:
Der Unterschied in den Hauptvarianten a) (= Aufwand) und b) (= Entnahme), die beide gegen das Bankkonto gebucht wurden, liegt in der Erfolgsneutralität des Buchungssatzes b), während der aufwandswirksame Buchungssatz a) den Gewinn der KG gemindert hat. Damit steht fest, dass bei a) eine Hinzurechnung nach § 15 Abs. 1 Nr. 2 Halbsatz 3 EStG um monatlich 8 000 €, und zwar bei K, als Tätigkeitsvergütung erfolgt.
Bei b) wird zu Recht ein aktiver Bestandsposten (Bank) verringert, durch die gleichzeitige Verbuchung als Entnahme wird am Jahresende nach dem Betriebsvermögensvergleich der identische Betrag nach § 4 Abs. 1 Satz 1 EStG wieder hinzugerechnet, so dass sich für die KG (bzw. für K) per Saldo keine Gewinnauswirkung ergibt. Bezüglich des steuerlichen Gewinns ist keine Korrektur erforderlich. Als weiterer gesellschaftsrechtlicher Unterschied zu a) ist bei der Verbuchung im Fall b) das Kapitalkonto des K alleine belastet, während bei a) durch die Aufwandswirkung bei der KG alle Gesellschafter entsprechend dem Gewinnverteilungsschlüssel belastet sind.
Die technischen Unterschiede bei der Verbuchung, je nachdem ob es sich um Gewinnvorweg (oder »Gewinnvoraus«) oder um die Erfassung als Sondervergütung handelt, müssen zusätzlich berücksichtigt werden.
In der ersten Variante läuft es darauf hinaus, dass nach der Vorabberücksichtigung des Geschäftsführer-Gehalts als anteiliger Gewinn des »Managers« (Komplementär, OHG-Gesellschafter) nur noch ein Restgewinn zur Verteilung für die Gesellschafter übrig bleibt.
Bei der Sondervergütung, die ggf. über ein eigenes Konto des Gesellschafters erfasst wird, wird das Gehalt zusätzlich in einem eigenen Buchungskreis (Sonder-BV) des geschäftsführenden Gesellschafters berücksichtigt.
In beiden – richtig verbuchten – Varianten wird jedoch der Personalaufwand im Buchungskreis der PersG »sozialisiert« (vergemeinschaftet), während das steuerliche Ergebnis nur vom dem tätigen Gesellschafter realisiert wird.
Fortsetzung Lösung 2:
Der Vorfall c) ist falsch gebucht worden; statt einer Gutschrift auf dem Privatkonto (Einlage) ist das Bestandskonto Bank gemindert; erforderlicher Korrektur-Buchungssatz:
per Kapital 8 000 € an Bank 8 000 €.
Ansonsten muss bei c) steuerlich nach § 15 Abs. 1 Nr. 2 Halbsatz 2 EStG der gewerbliche Gewinn des K um 8 000 € Sondervergütung erhöht werden.
Der ausstehende Dezemberlohn d) in der Variante bb) (= unterlassener Buchungssatz) ist vom steuerlichen Gesamtergebnis nicht veranlasst, da der KG-Gewinn (und damit ihr Gewerbeertrag) richtig festgestellt ist.
Allerdings ist seitens der KG die vertragliche Verpflichtung zur Bezahlung des Dezembergehaltes nach dem Vollständigkeitsgebot (§ 246 HGB) und nach dem Realisationsgrundsatz (§ 252 Nr. 4 HGB) als Schuld (sonstige Verbindlichkeit) auszuweisen. Gleichzeitig ist dies der einzige Fall (abgesehen von der Pensionsverpflichtung), in dem ein Personengesellschafter in seiner Sonderbilanz die Tätigkeitsvergütung erfassen darf. Da die Sonderbilanz nur WG erfassen kann, kann hier ausnahmsweise der Gehalts-Anspruch aktiviert werden.
Damit (Buchungssatz in der Sonderbilanz: »Gehaltsforderung an Tätigkeitsvergütung«) ist auch dieser Geschäftsvorfall gewinnwirksam als echte Sonder-Betriebseinnahme bei der richtigen Person (K) erfasst.
Nicht selten kommen auch sog. »mittelbare Tätigkeitsvergütungen« vor, bei denen keine direkten Leistungsbeziehungen zwischen der KG und ihren Gesellschaftern bestehen. In einem vom BFH am 10.7.2002 (I R 71/01, BStBl II 2003, 191) entschiedenen Fall hatte eine KG an eine ausländische Komplementär-KapG Entgelte bezahlt. Die zwischengeschaltete KapG gab die Beträge an den Kommanditisten der KG als Gegenleistung für dessen Managementleistungen im Dienste der KG weiter. Über die Erfassung als mittelbare Tätigkeitsvergütungen gelangte der I. Senat zu neuen Erkenntnissen, da er bei der abkommensrechtlichen Würdigung auf den Tätigkeitsort (Ausland!) abstellte.
Sieht der Gesellschaftsvertrag einer GmbH & Co. KG einen Vorabgewinn der Komplementär-GmbH für die Übernahme der Geschäftsführung der KG vor, die von einem Kommanditisten der KG als Geschäftsführer der Komplementär-GmbH erbracht wird, so ist der betreffende Betrag nach § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG nicht der Komplementär-GmbH, sondern dem die Geschäfte führenden Kommanditisten zuzurechnen. Dies gilt unabhängig davon, ob die GmbH dem Kommanditisten ein Entgelt für seine Tätigkeit schuldet (vgl. BFH vom 28.5.2020, IV R 11/18, BStBl II 2020, 641).
Bei Mitunternehmern ist der anrechenbare Gewerbesteuer-Messbetrag der jeweiligen PersG unter den Gesellschaftern aufzuteilen (§ 35 Abs. 2 EStG). Die Aufteilung erfolgt nach dem vertraglichen Gewinnverteilungsschlüssel, wobei gem. § 35 Abs. 2 Satz 2 Halbsatz 2 ausdrücklich »Vorabgewinnanteile« ausgenommen sind. Auf die Verteilung im Rahmen der einheitlichen und gesonderten Feststellung der Einkünfte aus Gewerbebetrieb kommt es dabei nicht an. Vorabgewinnanteile sind für Zwecke des § 35 Abs. 2 EStG unabhängig davon nicht zu berücksichtigen, ob sie gewinnabhängig oder gewinnunabhängig vereinbart worden sind (vgl. BFH Beschluss vom 7.4.2009, IV B 109/08, BStBl II 2010, 116). Ausführlich hierzu BMF vom 3.11.2016, BStBl I 2016, 1187; Ergänzung durch BMF-Schreiben vom 17.4.2019, BStBl I 2019, 459).
Redaktioneller Hinweis:
Redaktioneller Hinweis:
Steuerspar-Tipps, wichtige Fristen und Termine – alles im Blick.
Zum Newsletter anmelden