1 Pauschbetrag bei Einkünfte aus nichtselbstständiger Arbeit
1.1 Arbeitnehmerpauschbetrag
1.2 Pauschbetrag bei Versorgungsbezügen
1.3 Gleichzeitiger Bezug von aktivem und passivem Arbeitslohn
2 Pauschbetrag bei Einkünften aus Kapitalvermögen
3 Pauschbetrag bei bestimmten sonstigen Einkünften
4 Pauschbeträge bei Absetzung eines häuslichen Arbeitszimmers
5 Besonderheiten bei der Berücksichtigung der Pauschbeträge
Nach § 9a EStG sind bei der Ermittlung der Einkünfte aus nichtselbstständiger Arbeit nach § 9a Satz 1 Nr. 1 Buchst. a EStG folgender Pauschbetrag abzuziehen:
Von den Einnahmen aus nichtselbstständiger Arbeit ein ArbN-Pauschbetrag von 920 €. Durch das Steuervereinfachungsgesetz 2011 vom 1.11.2011 (BGBl I 2011, 2131) wurde der ArbN-Pauschbetrag mit Wirkung ab dem VZ 2011 auf 1 000 € erhöht (s.a. § 52 Abs. 23e EStG).
Mit Wirkung ab dem VZ 2022 wird der ArbN-Pauschbetrag durch das Steuerentlastungsgesetz 2022 vom 23.5.2022 von 1 000 € auf 1 200 € erhöht. Mit dem Jahressteuergesetz 2022 vom 16.12.2022 erfolgte eine erneute Anpassung auf 1 230 € ab dem VZ 2023.
Werden Ehegatten zusammen veranlagt und haben beide Ehegatten Einnahmen aus nichtselbstständiger Arbeit, so kann jeder Ehegatte den ArbN-Pauschbetrag von seinen Einnahmen absetzen.
Beispiel:
Ein ArbN hat Einnahmen aus nichtselbstständiger Arbeit i.H.v. 767 €. Seine nachgewiesenen Werbungskosten betragen
613 € bzw.
869 €.
Lösung:
Durch den Ansatz des ArbN-Pauschbetrages dürfen die Einkünfte nicht negativ werden (§ 9a Satz 2 EStG). Der Pauschbetrag darf höchstens 767 € betragen. Da die tatsächlich nachgewiesenen Werbungskosten den zulässigen Pauschbetrag nicht übersteigen, ist der Pauschbetrag anzusetzen. Die Einkünfte aus nichtselbstständiger Arbeit betragen somit 0 €.
Da die tatsächlich nachgewiesenen Werbungskosten den zulässigen Pauschbetrag übersteigen, sind die tatsächlichen Werbungskosten anzusetzen. Die Einkünfte aus nichtselbstständiger Arbeit betragen somit ./. 102 €.
Bei der Ermittlung der begünstigten außerordentlichen Einkünfte (→ Außerordentliche Einkünfte) aus nichtselbstständiger Arbeit ist der ArbN-Pauschbetrag nur insoweit abzuziehen, als tariflich voll zu besteuernde Einnahmen dieser Einkunftsart dafür nicht mehr zur Verfügung stehen (BFH Urteil vom 29.10.1998, XI R 63/97, BStBl II 1999, 588). S.a. R 34.4.Abs. 3 EStR. Der vorrangige Abzug des Arbeitnehmer-Pauschbetrags von den laufenden Einnahmen aus nichtselbstständiger Arbeit entspricht auch dem mit der Pauschbetragsregelung des § 9a EStG verfolgten Vereinfachungszweck. Das gilt insbes. auch für den Fall, dass die im Zusammenhang mit den laufenden Einnahmen tatsächlich angefallenen Werbungskosten zwar nicht über dem Arbeitnehmer-Pauschbetrag, aber über dem entsprechenden Anteil des Pauschbetrags liegen und der Stpfl. den Abzug der tatsächlichen Werbungskosten geltend macht.
Der Stpfl., der Einnahmen aus nichtselbstständiger Arbeit erzielt, hat einen Rechtsanspruch auf den Ansatz des ungekürzten Arbeitnehmer-Pauschbetrages, selbst wenn feststeht, dass keine oder nur geringe Werbungskosten angefallen sind. Bei einem zwingenden gesetzlichen Pauschbetrag verbieten sich Überlegungen, ob im Einzelfall die Besteuerung vereinfacht wird oder nicht. Erzielt ein Stpfl. – im Streitfall ein als angestellter Assessor und als selbstständiger Rechtsanwalt tätiger Jurist – sowohl Einnahmen aus selbstständiger als auch aus nichtselbstständiger Arbeit, so sind die durch diese Tätigkeiten veranlassten Aufwendungen den jeweiligen Einkunftsarten, ggf. nach einer im Schätzungswege vorzunehmenden Aufteilung der Aufwendungen, als Werbungskosten oder Betriebsausgaben zuzuordnen. Sind die Werbungskosten niedriger als der Arbeitnehmer-Pauschbetrag, so ist dieser in voller Höhe anzusetzen. Der Stpfl. kann keine beliebige Bestimmung treffen und auf diese Weise neben dem Arbeitnehmer-Pauschbetrag sämtliche nachgewiesenen Aufwendungen als Betriebsausgaben geltend machen; vgl. BFH Urteil vom 10.6.2008, VIII R 76/05.
Nach § 32b Abs. 2 EStG ergibt sich der besondere Steuersatz nach Abs. 1, indem bei der Berechnung der Einkommensteuer das nach § 32a Abs. 1 EStG zu versteuernde Einkommen vermehrt oder vermindert wird um im Fall des Abs. 1 Nr. 1 die Summe der Leistungen nach Abzug des ArbN-Pauschbetrags (§ 9a Satz 1 Nr. 1 EStG), soweit er nicht bei der Ermittlung der Einkünfte aus nichtselbstständiger Arbeit abziehbar ist. Das FG Niedersachsen (Urteil vom 14.2.2012, 12 K 6/11) musste sich in diesem Zusammenhang mit der Frage auseinandersetzen, ob und ggf. in welcher Höhe von dem Leistungsbetrag – vom Kläger bezogenes Elterngeld – der ArbN-Pauschbetrag nach § 9a Satz 1 Nr. 1 EStG abzuziehen ist. Das war im zu entscheidenden Fall insoweit problematisch, als der Kläger Einnahmen aus nichtselbstständiger Arbeit gem. § 19 EStG hat und die über dem ArbN-Pauschbetrag liegenden tatsächlichen Werbungskosten bei der Ermittlung der Einkünfte vom Finanzamt steuermindernd berücksichtigt worden sind. In dem entschiedenen Fall erfasste das Finanzamt für die Ermittlung des besonderen Steuersatzes das dem Progressionsvorbehalt unterliegende Elterngeld (hier 1 359 €) in voller Höhe, da eine zusätzliche Berücksichtigung des Pauschbetrags beim Elterngeld ausgeschlossen sei. Mit Klage machte der Kläger geltend, dass der ArbN-Pauschbetrag bei der Berechnung der Einkünfte für Zwecke des Progressionsvorbehalts sich mindernd auswirke, da er bei der Ermittlung der Einkünfte nicht verbraucht worden sei. Das FG entschied hierzu, dass im Rahmen des Progressionsvorbehalts vom Elterngeld stets der ArbN-Pauschbetrag abzuziehen ist; es stellte fest, dass nach Abzug des ArbN-Pauschbetrags von 920 € das vom Kläger bezogene Elterngeld für den Progressionsvorbehalt vorliegend nur mit 439 € in Ansatz zu bringen ist. In dem Revisionsverfahren (BFH Urteil vom 25.9.2014, III R 61/12) hat der BFH entschieden, dass zur Berechnung des Progressionsvorbehalts steuerfreie Leistungen nach § 32b Abs. Satz 1 Nr. 1 Buchst. j EStG nicht um den ArbN-Pauschbetrag zu vermindern sind, wenn bei der Ermittlung der Einkünfte aus nichtselbstständiger Arbeit den Pauschbetrag übersteigende Werbungskosten abgezogen wurden.
Der ArbN-Pauschbetrag oder Pauschbetrag bei Versorgungsbezügen ist nach § 39b Abs. 2 Satz 5 Nr. 1 EStG beim Lohnsteuerabzug in den Steuerklassen (§ 38b EStG) I bis V zu berücksichtigen.
Nach der Änderung durch das AltEinkG vom 5.7.2004 (BGBl I 2004, 1427) wird der ArbN-Pauschbetrag von 920 € nach § 9a Nr. 1 Buchst. a EStG nur für Einnahmen aus nichtselbstständiger Tätigkeit gewährt, soweit es sich nicht um → Versorgungsbezüge i.S.d. § 19 Abs. 2 EStG handelt. Für die Bezieher von Beamten- und Werkspensionen ist die Berücksichtigung des ArbN-Pauschbetrages nicht gerechtfertigt, weil diesen Personen typischerweise keine Werbungskosten – insbesondere nicht für Wege zwischen Wohnung und Arbeitsstätte – entstehen.
Für Versorgungsbezüge wird nach § 9a Nr. 1 Buchst. b EStG ein Pauschbetrag von 102 € berücksichtigt. Dies entspricht dem Betrag, der den Rentenbeziehern nach § 9a Nr. 3 EStG zusteht. Zum Ausgleich von Härten wird ein Zuschlag zum Versorgungsfreibetrag, höchstens bis zur Höhe der Einnahmen, gewährt. Der Zuschlag wird analog zum Versorgungsfreibetrag abgeschmolzen. Der Werbungskostenpauschbetrag i.H.v. 102 € darf nur bis zur Höhe der um den Versorgungsfreibetrag einschließlich des Zuschlags zum Versorgungsfreibetrag geminderten Einnahmen abgezogen werden.
Bei gleichzeitigem Bezug von Einnahmen aus nichtselbstständiger Tätigkeit nach § 19 Abs. 1 EStG (Aktivbezüge) und nach § 19 Abs. 2 EStG (Versorgungsbezüge) kommen der ArbN-Pauschbetrag i.H.v. 1 000 € und der Werbungskostenpauschbetrag i.H.v. 102 € nebeneinander zur Anwendung. Dabei ist der für Versorgungsbezüge geltende Werbungskostenpauschbetrag i.H.v. 102 € auch dann zu berücksichtigen, wenn bei den Einnahmen i.S.d. § 19 Abs. 1 EStG höhere Werbungskosten anzusetzen (vgl. BMF vom 30.1.2008, BStBl I 2008, 390, Rz. 68) sind (s.a. Kurzinformation der OFD Münster Nr. 33/2007 vom 19.12.2007, ohne Fundstelle).
Einnahmen (§ 19 Abs. 1 Nr. 1 und 3 EStG) |
………………… € |
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zzgl. § 19 Abs. 1 Nr. 2 EStG ohne Versorgungsbezüge |
+ …………………… € |
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Summe (ohne Versorgungsbezüge) |
……………… € |
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abzgl. WK (§ 9a Nr. 1 Buchst. a EStG; max. 1 230 €) |
./. ………… 1 230 € |
Durch den Pauschbetrag darf das Ergebnis nicht negativ werden. |
Einkünfte (§ 19 EStG) ohne Versorgungsbezüge |
………………… € |
|
Versorgungsbezüge (§ 19 Abs. 1 Nr. 2 i.V.m. § 19 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 und/oder Nr. 2 EStG) |
……………… € |
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abzgl. Versorgungsfreibetrag max. (2023) |
./. ………… 1 020 € |
eventuell zeitanteilig (§ 19 Abs. 2 Satz 12 EStG) |
abzgl. Zuschlag (§ 19 Abs. 2 Satz 1, 3 und 5 EStG) max. (2022) |
./. ……………306 € |
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Zwischensumme |
……………… € |
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abzgl. WK (§ 9a Nr. 1 Buchst. b und Satz 2 EStG) |
./. ………… 102 € |
Durch den Pauschbetrag darf das Ergebnis nicht negativ werden. |
Einkünfte aus Versorgungsbezügen |
……………… € |
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Einkünfte (§ 19 EStG) ohne Versorgungsbezüge |
………………… € |
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zzgl. Einkünfte (§ 19 EStG) aus Versorgungsbezügen |
+ ………………… € |
|
Einkünfte aus § 19 Abs. 1 Nr. 1 bis 3 EStG insgesamt |
= ………………… € |
Abb.: Ermittlung der Einkünfte aus nichtselbstständiger Arbeit
Durch das Unternehmensteuerreformgesetz 2008 vom 14.8.2007 (BGBl I 2007, 1912) wurde ab 1.1.2009 der Werbungskostenpauschbetrag des § 9a Nr. 2 EStG für Einkünfte aus Kapitalvermögen i.H.v. 51 € abgeschafft. In § 20 Abs. 9 EStG wurde dafür ein neuer Sparer-Pauschbetrag i.H.v. 801 € eingeführt (→ Einkünfte aus Kapitalvermögen). Bei Einkünften aus Kapitalvermögen tritt § 20 Abs. 9 EStG an die Stelle der §§ 9 und 9a EStG (§ 2 Abs. 2 Satz 2 EStG). Bei zusammen veranlagten Ehegatten beträgt der Sparer-Pauschbetrag 1602 €.
Durch das Jahressteuergesetz 2022 vom 16.12.2022 wurde der Sparer-Pauschbetrag für einzeln zu veranlagende Stpfl. auf 1 000 € und bei zusammen zu veranlagenden Stpfl. auf 2 000 € angehoben. Die Erhöhung gilt ab dem VZ 2023.
Von den Einnahmen aus § 22 Nr. 1, 1a, 1b, 1c und 5 EStG wird ein Pauschbetrag von insgesamt 102 € berücksichtigt.
Wegen der Corona-Pandemie wurde in § 4 Abs. 5 Nr. 6b EStG aufgrund der verstärkten Homeoffice-Tätigkeiten zahlreicher Arbeitnehmer ein neuer Satz 4 eingefügt, der einen pauschalen Kostenabzug ermöglicht: Liegt demnach kein häusliches Arbeitszimmer vor oder wird auf einen Abzug der Aufwendungen für ein häusliches Arbeitszimmer nach den Sätzen 2 und 3 (des § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6b EStG) verzichtet, kann der Stpfl. für jeden Kalendertag, an dem er seine betriebliche oder berufliche Tätigkeit ausschließlich in der häuslichen Wohnung ausübt und keine außerhalb der häuslichen Wohnung belegene Betätigungsstätte aufsucht, für seine gesamte betriebliche und berufliche Betätigung einen Betrag von 5 € abziehen, höchstens 600 € im Wirtschafts- oder Kalenderjahr.
Mit der Home-Office-Pauschale erhofft sich der Gesetzgeber für die Jahre 2020 und 2021 eine unbürokratische steuerliche Absetzbarkeit der Heimarbeit. Gerade während der Corona-Pandemie seien viele Menschen gezwungen, ihrer betrieblichen/beruflichen Tätigkeit an einem Arbeitsplatz in ihrer Wohnung nachzugehen. Durch die neue Pauschale könnten Beschäftigte und Selbstständige – auch ohne ein von der Steuer abzugsfähiges häusliches Arbeitszimmer – pro Tag 5 € steuerlich geltend machen (maximal 600 € im Jahr). Die Tagespauschale gilt je Stpfl. Bei einer Zusammenveranlagung gilt die Tagespauschale je Ehegatten sogar dann, wenn sie eine gemeinsame Arbeitsecke teilen.
Ab dem VZ 2023 findet die Regelung der Homeoffice-Pauschale beim häuslichen Arbeitszimmer Berücksichtigung in § 4 Abs. 5 Nr. 6c EStG. Demnach kommt entweder eine Tagespauschale von 6 € bzw. eine Jahrespauschale von 1 260 € zum Abzug.
Die Pauschbeträge sind nicht zu ermäßigen, wenn die unbeschränkte Steuerpflicht lediglich während eines Teils des Kj. bestanden hat (R 9a Abs. 2 EStR). Die Pauschbeträge für Werbungskosten können von den Einnahmen des Steuerpflichtigen aus derselben Einkunftsart nur einmal abgezogen werden. Zur Anwendung der Pauschbeträge für Werbungskosten bei beschränkt Einkommensteuerpflichtigen s. § 50 Abs. 1 Satz 3 bis 5 EStG.
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