1 Begriff und Bedeutung
2 Übersicht über die normspezifische Bestimmung der wesentlichen Betriebsgrundlage
3 Funktionale Betrachtungsweise
3.1 Bedeutung im Betriebsablauf
3.2 Funktional wesentliche Betriebsgrundlage im Sonderbetriebsvermögen II?
4 Quantitative Betrachtungsweise
5 Normspezifische Betrachtung der wesentlichen Betriebsgrundlage
5.1 Unentgeltliche Übertragung von Sachgesamtheiten
5.2 Ansparrücklage/Investitionsabzugsbetrag beim zu eröffnenden Betrieb gem. § 7g EStG a.F./n.F.
5.3 Betriebsveräußerung, -aufgabe und Realteilung einer Personengesellschaft (§ 16 EStG)
5.4 Betriebsaufspaltung und Betriebsverpachtung
5.5 Tarifermäßigung von Veräußerungsgewinnen (§ 34 EStG)
5.6 Umwandlungen und Einbringungen nach dem UmwStG
5.7 Option einer Personengesellschaft nach § 1a KStG
5.8 Behaltensregelungen für Betriebsvermögen bei der Erbschaftsteuer
6 Funktionale Wesentlichkeit ausgewählter Wirtschaftsgüter
6.1 Grundstücke/Erbbaurecht
6.1.1 Bebaute Grundstücke
6.1.2 Unbebaute Grundstücke/Erbbaurecht
6.2 Bewegliche Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens
6.3 Darlehensforderungen
6.4 Umlaufvermögen
6.5 Immaterielle Wirtschaftsgüter
6.6 Anteile an Kapitalgesellschaften
6.6.1 Beteiligungen an Tochtergesellschaften
6.6.2 Beteiligungen im Sonderbetriebsvermögen einer Personengesellschaft (inkl. Anteile an der Komplementär-Kapitalgesellschaft)
6.7 Anteile an Personengesellschaften/Mitunternehmerschaften
7 Literaturhinweise
8 Verwandte Lexikonartikel
Die wesentliche Betriebsgrundlage ist ein von der Rspr. entwickeltes Merkmal eines WG des BV zur Bestimmung des qualitativen und quantitativen Umfangs betrieblicher Sachgesamtheiten (d.h. Betrieb, Teilbetrieb und Mitunternehmeranteil) oder zur Definition der sog. sachlichen Verflechtung bei einer Nutzungsüberlassung, die zu einer Betriebsaufspaltungssituation führen kann und somit zu einer Gewerblichkeit der Nutzungsüberlassung. Der Begriff der wesentlichen Betriebsgrundlage findet sich auch in Steuergesetzen, ohne allerdings inhaltlich erläutert zu werden (z.B. §§ 16 Abs. 3 Satz 3 und 50i Abs. 1 Satz 4 EStG, § 13a Abs. 6 Satz 1 Nr. 1 Satz 2 und Nr. 4 Satz 2 ErbStG). Die unentgeltliche, teilentgeltliche oder voll entgeltliche Übertragung/Einlage/Einbringung von Sachgesamtheiten folgt anderen gesetzlichen Wertungen bzw. Vergünstigungen als der entsprechende Transfer nur einzelner oder einer Vielzahl einzelner WG ohne (Teil-)Betriebs- oder Mitunternehmeranteilseigenschaft. Die Betrachtung der wesentlichen Betriebsgrundlagen ist hier der Maßstab, diese Vorgänge voneinander abzugrenzen. Im Fall der Überlassung eines WG an eine personell verflochtene KapGes oder PersGes entscheidet die Wesentlichkeit des WG für den Betrieb der Nutzerin (nämlich sachliche Verflechtung) über die Einordnung der Tätigkeit in eine gewerbesteuerpflichtige Tätigkeit i.S.d. § 15 Abs. 2 EStG (→ Betriebsaufspaltung). Der Begriff der wesentlichen Betriebsgrundlage ist folglich einer der bedeutsamsten Begriffe des Unternehmenssteuerrechts.
Die Wesentlichkeit eines WG wird aus zwei Merkmalen abgeleitet. Zum einen entscheidet der tatsächliche Einsatz des WG im Unternehmen und damit seine Funktion im Betriebsablauf über die Wesentlichkeit (sog. funktionale Betrachtungsweise). Andererseits bestimmt das Vorhandensein erheblicher stiller Reserven eine wesentliche Betriebsgrundlage (sog. quantitative Betrachtungsweise). In jedem Fall ist die Frage der wesentlichen Betriebsgrundlage anhand der konkreten Umstände des Einzelfalls und in Abhängigkeit der betroffenen Rechtsvorschrift zu beurteilen (sog. normspezifische Auslegung; BFH vom 20.3.2017, X R 11/16, BStBl II 2017, 992 unter Rn. 23 ff.). Bei der normspezifischen Auslegung ist der von der jeweiligen Gesetzesvorschrift vorgesehene Zweck (Vergünstigung) bei der Auslegung der Merkmale für die Wesentlichkeit zu beachten (ständige Rspr.; z.B. BFH Urteil vom 7.4.2010, BStBl II 2011, 467 unter II. 4. c) bb). Hieraus ergeben sich bei den verschiedenen Rechtsnormen (auch innerhalb eines Steuergesetzes) unterschiedliche Definitionen der wesentlichen Betriebsgrundlage (vgl. auch Tabelle unten).
Wesentliche Betriebsgrundlagen können sowohl aktive wie passive WG sein; sie können im Anlage- und Umlaufvermögen, im Gesamthandsvermögen einer PersGes wie auch im Sonderbetriebsvermögen vorkommen; es kann sich sowohl um materielle als auch immaterielle (inkl. Geschäfts-/Firmen-/Praxiswert), um aktivierte oder nicht aktivierte WG (z.B. wegen § 5 Abs. 2 EStG) handeln.
Hinweis
Ab dem 1.1.2024 ist der Regelungsinhalt des § 719 BGB a.F. durch das Gesetz zur Modernisierung des Personengesellschaftsrechts (sog. »Personengesellschaftsrechtsmodernisierungsgesetz« – MoPeG) vom 10.8.2021 (BGBl I 2021, 3436) entfallen, sodass auch der gesellschaftsrechtliche Begriff des Gesamthandsvermögens bei der PersGes weggefallen ist. Durch das Gesetz zur Förderung geordneter Kreditzweitmärkte und zur Umsetzung der Richtlinie (EU) 2021/2167 über Kreditdienstleister und Kreditkäufer sowie zur Änderung weiterer finanzrechtlicher Bestimmungen (sog. »Kreditzweitmarktförderungsgesetz«) vom 29.12.2023 (BGBl I 2023, 411) wurde daher ab 1.1.2024 eine Fiktion von Gesamthandsvermögen für ertragsteuerliche Zwecke in § 39 Abs. 2 Nr. 2 Satz 2 AO geschaffen. Der Begriff des Gesamthandsvermögens bleibt danach für einkommen-, körperschaft- und gewerbesteuerliche Zwecke erhalten. In diesem Beitrag wird demnach weiterhin der ertragsteuerliche Begriff »Gesamthandsvermögen« verwendet.
Einen Überblick über die Auslegung der wesentlichen Betriebsgrundlage in Abhängigkeit vom jeweiligen Regelungsgehalt der betroffenen Gesetzesnorm enthält die nachfolgende Tabelle.
Rechtsnorm |
Quantitative Betrachtung |
Funktionale Betrachtung |
§ 6 Abs. 3 EStG (unentgeltliche Übertragung eines Betriebs, Teilbetriebs, eines ganzen Mitunternehmeranteils oder des Teils eines Mitunternehmeranteils) |
Nein |
Ja |
§ 7g EStG (Ansparrücklage/Investitionsabzugsbetrag beim zu eröffnenden Betrieb) |
Nein |
Ja |
§§ 15 Abs. 2 und 50i Abs. 1 Satz 4 EStG (Sachliche Verflechtung bei der Betriebsaufspaltung) |
Nein |
Ja |
§ 16 Abs. 1 EStG (Veräußerung eines Betriebs, Teilbetriebs oder Mitunternehmeranteils) |
Ja |
Ja |
§ 16 Abs. 3 Satz 1 EStG (Aufgabe eines Betriebs, Teilbetriebs oder Mitunternehmeranteils) |
Ja |
Ja |
§ 16 Abs. 3 Satz 2, 3 EStG (Realteilung einer Personengesellschaft mit Zuteilung einzelner Wirtschaftsgüter) |
Ja |
Ja |
§§ 15, 16 EStG (Betriebsaufspaltung und Betriebsverpachtung im Ganzen) |
Nein |
Ja |
§§ 15, 16 UmwStG (Auf- und Abspaltung eines Teilbetriebs oder Mitunternehmeranteils auf eine Körperschaft oder Personengesellschaft) |
Nein |
Ja |
§ 20 Abs. 1 UmwStG (Einbringung eines Betriebs, Teilbetriebs oder Mitunternehmeranteils in eine Kapitalgesellschaft oder Genossenschaft) |
Nein |
Ja |
§ 24 Abs. 1 UmwStG (Einbringung eines Betriebs, Teilbetriebs oder Mitunternehmeranteils in eine Personengesellschaft) |
Nein |
Ja |
§ 25 UmwStG (Formwechsel einer Personengesellschaft in eine Kapitalgesellschaft oder Genossenschaft) |
Nein |
Ja |
§ 13a Abs. 6 Satz 1 Nr. 1 ErbStG (Verletzung der Behaltensregelungen im Fall der Veräußerung/Entnahme wesentlicher Betriebsgrundlagen des begünstigt erworbenen Betriebsvermögens) |
Nein |
Ja |
Die Wesentlichkeit eines materiellen oder immateriellen WG richtet sich bei der funktionalen Betrachtungsweise danach, wie es in dem Unternehmen tatsächlich eingesetzt wird und ob es aufgrund seiner Funktion im Betriebsablauf zur Erreichung des Unternehmenszwecks erforderlich und auch von einem besonderen Gewicht für die Führung des Betriebs ist oder dem Betrieb das Gepräge gibt (ständige Rechtsprechung: z.B. BFH Urteil vom 19.1.1983, BStBl II 1983, 312; vom 24.8.1989, BStBl II 1989, 1014 unter 5.a; vom 29.11.2017, I R 7/16, BStBl II 2019, 738 unter Rn. 27 und zuletzt BFH vom 17.11.2020, BStBl II 2021, 484 unter Rn. 20). Wie viele stille Reserven das zu beurteilende WG hat oder ob überhaupt Reserven vorhanden sind, ist für die funktionale Wesentlichkeit unbedeutend. Nach der funktionalen Betrachtungsweise wird das zu beurteilende WG nach seinem tatsächlichen betrieblichen Einsatz gem. den sachlichen Erfordernissen des Betriebs gewichtet. Damit wird die Wesentlichkeit nicht allein durch die Eigenschaften des WG selbst bestimmt. Diese entscheiden zwar über den Rahmen der möglichen betrieblichen Verwendung. Maßgeblich ist aber letztlich der Einsatz im individuell zu beurteilenden Unternehmen (Betrachtung der konkreten Umstände des Einzelfalls nach den spezifischen Verhältnissen). Auch der Miteigentumsanteil an einem WG, das funktional wesentlich ist, wird als wesentliche Betriebsgrundlage beurteilt (BFH vom 29.11.2017, I R 7/16, BStBl II 2019, 738 unter Rn. 27).
Funktional wesentliche Betriebsgrundlagen sind in erster Linie im Anlagevermögen zu finden. Nach dem funktionalen Verständnis enthält das gewillkürte BV keine wesentlichen Betriebsgrundlagen; Gleiches gilt grundsätzlich für das Umlaufvermögen.
Zum Sonderbetriebsvermögen II eines Mitunternehmers rechnen ihm gehörende WG, die unmittelbar zur Begründung oder Stärkung seiner Beteiligung eingesetzt werden. Vor dem Hintergrund der funktionalen Betrachtungsweise stellt sich die Frage, ob solche WG, die nicht im Betrieb der Mitunternehmerschaft eingesetzt werden, sondern (nur) der Beteiligung an der Gesellschaft dienlich sind, (funktional) wesentlich sein können. Der BFH hat dies in einer nicht entscheidungserheblichen Aussage verneint (BFH Urteil vom 16.2.1996, BStBl II 1996, 342 unter II.1.d). Nach zutreffender Beurteilung können allerdings auch WG des Sonderbetriebsvermögens II im Einzelfall eine funktionale Wesentlichkeit aufweisen (BFH vom 28.5.2015, BStBl II 2015, 797 unter Rn. 23; BFH vom 10.9.2020, IV R 14/18, BStBl II 2021, 367 unter Rn. 26; BMF vom 16.8.2000, BStBl I 2000, 1253; OFD NRW vom 17.6.2014, DB 2014, 1646; OFD Frankfurt/M. vom 21.7.2022, DB 2022, 1995; Patt in Dötsch/Pung/Möhlenbrock, § 20 UmwStG Tz. 136; Werthebach, FR 2021, 341 unter 2.a); a.A. Herlinghaus in Röder/Herlinghaus/van Lishaut, UmwStG, 3. A. § 20 Rz. 116).
Neben der Funktion eines WG kann auch der Umstand, dass in einem WG erhebliche stille Reserven ruhen, zur Annahme einer wesentlichen Betriebsgrundlage führen (sog. quantitative Betrachtungsweise; ständige Rspr., z.B. BFH Urteil vom 26.4.1979, BStBl II 1979, 557; vom 20.3.2017, BStBl II 2017, 992 unter Rn. 24). In welchem Fall stille Reserven eines WG »erheblich« sind, ist von der Rspr. bislang nicht klar bestimmt. Ein WG ist jedenfalls quantitativ wesentlich, wenn seine stillen Reserven im Verhältnis zu dem gesamten Potenzial an stillen Reserven des konkreten Unternehmens (oder Unternehmensteils) hoch sind (relativer Anteil). Dies gilt aber auch dann, wenn schon die absolute Höhe der Reserven des WG bedeutend ist (absoluter Anteil; BFH vom 1.2.2006, XI R 41/04, BFH/NV 2006, 1455 unter II.4. und Niedersächsisches FG Urteil vom 17.2.2011, 14 K 229/07, rkr.; NZB unbegründet). Bei der quantitativen Betrachtungsweise kommt es weder auf das Ausmaß der Funktion des WG noch darauf an, ob das WG im Betrieb überhaupt eingesetzt wird. Daher sind auch aktive WG in Betracht zu ziehen, die nur gewillkürtes BV sind oder zum Umlaufvermögen gehören, sowie auch passive WG mit erheblichen stillen Reserven. Weiterhin ist unmaßgeblich, ob das zu beurteilende WG zum Gesamthandsvermögen oder zum Sonderbetriebsvermögen (I und II) einer PersGes gehört (BFH vom 28.5.2015, BStBl II 2015, 797 unter Rn. 23).
Die unentgeltliche Übertragung eines ganzen Betriebs, Teilbetriebs, Mitunternehmeranteils oder des Teils eines Mitunternehmeranteils ist gem. § 6 Abs. 3 EStG nur dann begünstigt, wenn mindestens sämtliche wesentlichen Betriebsgrundlagen der betrieblichen Sachgesamtheit auf den Rechtsnachfolger übergehen. Andernfalls ist die Steuerneutralität des § 6 Abs. 3 EStG (Buchwertfortführung) ausgeschlossen (hierzu s. Kußmaul/Berens/Bettenburg, Ubg 2020, 508). Dabei können sich bei einem Mitunternehmeranteil die wesentlichen Betriebsgrundlagen auch im Sonderbetriebsvermögen befinden (BMF vom 20.11.2019, BStBl I 2019, 1291 Rn. 8 ff.; BFH vom 10.9.2020, BStBl II 2021, 367 unter Rn. 26). Hierbei spielt das Vorhandensein erheblicher stiller Reserven keine Rolle. Die Wesentlichkeit entscheidet sich normspezifisch einzig nach funktionalen Gesichtspunkten (BMF vom 20.11.2019, BStBl I 2019, 1291 unter Rn. 6).
Nach ständiger Rspr. des BFH können die Vergünstigungen des § 7g EStG in der Situation der Betriebseröffnung nur dann in Anspruch genommen werden, wenn wesentliche Betriebsgrundlagen verbindlich bestellt worden sind (bei § 7g EStG a.F.) oder das Investitionsvorhaben auch auf andere Weise glaubhaft gemacht worden ist (bei § 7g EStG n.F.; → Investitionsabzugsbeträge nach § 7g EStG). Dies gilt bei einer wesentlichen Betriebserweiterung gleichermaßen (BFH Beschluss vom 9.4.2009, BFH/NV 2009, 1420 zu § 7g EStG a.F.; BFH Urteil vom 20.6.2012, X R 42/11, BStBl II 2013, 719 zu § 7g EStG n.F.). Der Begriff der wesentlichen Betriebsgrundlage ist für Zwecke des § 7g EStG normspezifisch einzig im Sinne einer funktionalen Betrachtung zu bestimmen. Wesentliche Betriebsgrundlagen sind danach nur diejenigen Anlagegüter, ohne die der Betrieb oder der erweiterte Geschäftszweig nicht geführt werden kann (BFH Urteil vom 14.3.2012, IV R 22/11, BFH/NV 2012, 1425).
Zu den notwendigen Bestandteilen einer Sachgesamtheit gehören im Zusammenhang mit einer Betriebsveräußerung oder -aufgabe gem. § 16 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 3 Satz 1 EStG alle WG, die funktional für den Betrieb, Teilbetrieb oder Mitunternehmeranteil erforderlich sind und daneben auch die WG, in denen erhebliche stille Reserven gebunden sind (sog. funktional-quantitative Betrachtungsweise, s. H 16 Abs. 8 [Begriff der wesentlichen Betriebsgrundlage] EStH 2022). Eine kombiniert funktional-quantitative Betrachtungsweise bedeutet, dass die beiden Merkmale gleichberechtigt und unabhängig voneinander zur Wesentlichkeit führen (z.B. wesentliche Betriebsgrundlage eines WG mit erheblichen stillen Reserven – z.B. wegen Übertragung einer § 6b-EStG-Rücklage –, ohne dass das WG eine Funktion im Unternehmen hat, weil es nur zum gewillkürten BV gehört). Diese Sichtweise entspricht dem Zweck von § 16 EStG, als außerordentliche Veräußerungsgewinne i.S.d. § 34 Abs. 2 Nr. 1 EStG (nur) die zusammengeballte Realisierung der stillen Reserven tariflich gem. § 34 Abs. 1 oder Abs. 3 EStG zu begünstigen. Unerheblich ist bei einer PersGes für diese Frage, ob die WG im Gesamthandsvermögen oder Sonderbetriebsvermögen I oder II des Mitunternehmers gehalten werden (ständige Rspr., z.B. BFH Urteil vom 7.4.2010, BStBl II 2011, 467 unter II.4.c; vom 28.5.2015, BStBl II 2015, 797 unter Rn. 23 und vom 20.3.2017, X R 11/16, BStBl II 2017, 992 unter Rn. 22).
Hinweis:
Im Schrifttum wird zunehmend vertreten, dass – entgegen der herrschenden Auffassung – beim Tatbestand der Betriebsveräußerung i.S.d. § 16 EStG einzig die funktionale Betrachtung anzustellen sei (z.B. Werthebach, FR 2020, 208 unter 5.a) m.w.N.). Erst bei der Frage der Tarifermäßigung gem. § 34 EStG sei zu prüfen, ob bei der Betriebsveräußerung eine zusammengeballte Aufdeckung stiller Reserven vorliegt (vgl. 5.5). Hier wären dann auch die quantitativ wesentlichen Betriebsgrundlagen einzubeziehen.
Die funktional-quantitative Betrachtungsweise ist auch für Zwecke der Realteilung gem. § 16 Abs. 3 Satz 2 ff. EStG anzuwenden (BMF vom 19.12.2018, BStBl I 2019, 6 unter Rn. 8). Dies gilt für die Grundsatzfrage, ob gem. § 16 Abs. 3 Satz 2 EStG eine Realteilung mit Teilbetrieben oder Mitunternehmeranteilen oder nur mit Übertragung einzelner WG vorliegt (und somit dem Grunde nach die Sperrfrist des § 16 Abs. 3 Satz 3 EStG und die Körperschaftsklausel gem. § 16 Abs. 3 Satz 4 EStG zur Anwendung kommt). Weiterhin ist die funktional-quantitative Betrachtungsweise auch für die Anwendung der Sperrfristverletzung des § 16 Abs. 3 Satz 3 EStG (Veräußerung/Entnahme »wesentlicher Betriebsgrundlagen«) maßgeblich (ebenso s. Wacker in Schmidt, EStG, 42. A., § 16 Rn. 550).
Ein ggf. anderes europäisches Verständnis der wesentlichen Betriebsgrundlage (z.B. aus der EU-Fusionsrichtlinie) ist für § 16 EStG ohne Bedeutung (BFH vom 7.11.2013, X R 21/11, BFH/NV 2014, 676 unter Rn. 22).
Die bloße Vermietung und Verpachtung von WG ist grundsätzlich der Vermögensverwaltung zuzuordnen. Etwas anderes gilt nach der ständigen Rspr. des BFH zur Betriebsaufspaltung dann, wenn die von einer Einzelperson, einer Gemeinschaft oder einer PersGes betriebene Vermietung oder Verpachtung die Nutzungsüberlassung einer wesentlichen Betriebsgrundlage an eine gewerblich tätige Gesellschaft (Betriebsunternehmen) zum Gegenstand hat (sachliche Verflechtung) und eine Person oder mehrere Personen zusammen sowohl das Besitzunternehmen als auch die Betriebsgesellschaft in dem Sinne beherrschen, dass sie in der Lage sind, in beiden Unternehmen einen einheitlichen geschäftlichen Betätigungswillen durchzusetzen (→ Betriebsaufspaltung). Die Gewerblichkeit der Nutzungsüberlassung wird (u.a.) von der sachlichen Verflechtung begründet, welche die Überlassung einer wesentlichen Betriebsgrundlage zum Gegenstand hat. Das ist der Fall, wenn die WG zur Erreichung des Betriebszwecks erforderlich sind und ein besonderes Gewicht für die Betriebsführung besitzen (ständige Rspr. des BFH; z.B. BFH Beschluss vom 26.6.2007, BFH/NV 2007, 1707 unter 1.a). Was zu den wesentlichen Grundlagen eines Betriebs gehört, wird folglich durchweg (nur) nach den sachlichen Betriebserfordernissen im konkreten (Betriebs-)Unternehmen beurteilt (d.h. rein funktionale Betrachtung; zuletzt BFH vom 9.7.2019, BStBl II 2021, 418 unter Rn. 41). Andere Merkmale (z.B. Höhe der Anschaffungs- oder Herstellungskosten, Höhe der stillen Reserven eines WG) sind unmaßgeblich.
Stellt der Stpfl. seine aktive gewerbliche Tätigkeit ein und verpachtet er die wesentlichen Betriebsgrundlagen seines Betriebs/Teilbetriebs im Ganzen, ist keine Betriebsaufgabe anzunehmen; er hat aber die Möglichkeit, bei Verpachtungsbeginn oder später die Betriebsaufgabe zu erklären (§ 16 Abs. 3b EStG; s. → Betriebsverpachtung). Eine Betriebsverpachtung – als Voraussetzung des Wahlrechts – ist nur gegeben, wenn sämtliche wesentlichen Betriebsgrundlagen des Gewerbebetriebs (oder Teilbetriebs) überlassen werden (s. Wacker in Schmidt, 42. A., § 16 EStG Rz. 166 ff.). Eine Betriebsverpachtung führt auch ohne Aufgabeerklärung zur Betriebsaufgabe, wenn dem FA (z.B.) bekannt wird, dass wesentliche Betriebsgrundlagen ersatzlos veräußert werden oder sich verbrauchen (§ 16 Abs. 3b Satz 1 Nr. 2 EStG). Bei der Frage der wesentlichen Betriebsgrundlage in diesem Zusammenhang gilt einzig die funktionale Betrachtung (s. H 16 Abs. 5 [wesentliche Betriebsgrundlagen] EStH 2022 mit Hinweisen auf die Rspr.) aus Sicht des verpachtenden Unternehmens (ständige Rechtsprechung: BFH vom 7.11.2013, X R 21/11, BFH/NV 2014, 676 unter Rn. 15 und BFH vom 17.4.2019, IV R 12/16, BStBl II 2019, 745 unter Rn. 41; Wacker in Schmidt, 42. A., § 16 EStG Rz. 172).
Ein ggf. anderes europäisches Verständnis der wesentlichen Betriebsgrundlage (z.B. aus der EU-Fusionsrichtlinie) ist für die Betriebsaufspaltung und die Betriebsverpachtung im Ganzen ohne Bedeutung (BFH vom 7.11.2013, X R 21/11, BFH/NV 2014, 676 unter Rn. 22).
Bei den in § 34 Abs. 2 Nr. 1 EStG aufgezählten Veräußerungsgewinnen hat der Gesetzgeber zum Ausdruck gebracht, dass die Gewährung der Tarifbegünstigung zwar naheliegt, aber nicht zwingend ist. Ein solcher Veräußerungsgewinn unterliegt danach der Tarifbegünstigung nur, wenn er auch »außerordentlich« ist (§ 34 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 3 Satz 1 EStG). Dies setzt eine atypische Zusammenballung voraus (ständige Rspr., z.B. BFH vom 10.2.2016 – VIII R 38/12, BFH/NV 2016, 1256 unter Rn. 58). Die Tarifbegünstigung gem. § 34 EStG erfordert demnach, dass alle stillen Reserven, die in den wesentlichen Grundlagen einer betrieblichen Sachgesamtheit angesammelt wurden, in einem einheitlichen Vorgang aufgelöst werden. Zu den wesentlichen Grundlagen eines Betriebs gehören im Zusammenhang mit der Tarifbegünstigung eines Gewinns aus einer Betriebsveräußerung oder -aufgabe neben den funktional wesentlichen WG auch solche WG, die funktional gesehen für den Betrieb, Teilbetrieb oder Mitunternehmeranteil nicht erforderlich sind, in denen aber erhebliche stille Reserven gebunden sind (sog. funktional-quantitative Betrachtungsweise). Dies folgt aus der normspezifischen Auslegung des § 34 EStG, dessen Zweck darin zu sehen ist, eine zusammengeballte Realisierung der über die Zeit entstandenen, gesammelten stillen Reserven nicht dem progressiven Einkommensteuertarif zu unterwerfen (ständige Rspr., z.B. BFH vom 28.5.2015 – IV R 26/12, BStBl II 2015, 797 unter Rn. 23 und BFH vom 20.3.2017, X R 11/16, BStBl II 2017, 992 unter Rn. 24).
Die Auf- oder Abspaltung eines Teilbetriebs oder Mitunternehmeranteils ist nur dann gem. §§ 15 Abs. 1, 16 UmwStG begünstigt, wenn (u.a.) sämtliche wesentlichen Betriebsgrundlagen übergehen (BMF vom 11.11.2011, BStBl I 2011, 1314 Rn. 15.02 und 15.07). Im Fall der Einbringung eines Betriebs, Teilbetriebs, Mitunternehmeranteils oder Teils eines Mitunternehmeranteils in eine KapGes/Genossenschaft (§ 20 Abs. 1 UmwStG), eine PersGes (§ 24 Abs. 1 UmwStG) oder im Falle des Formwechsels einer PersGes in eine KapGes/Genossenschaft (§ 25 UmwStG) ist nur dann der Tatbestand einer begünstigten Sacheinlage gegeben, wenn alle wesentlichen Betriebsgrundlagen der Sachgesamtheit übertragen werden. Die Zurückbehaltung auch nur einer wesentlichen Betriebsgrundlage des (Sonder-)Betriebsvermögens schließt die Anwendung der §§ 20 ff. UmwStG aus (BMF vom 11.11.2011, BStBl I 2011, 1314 Rn. 20.06, 20.10 ggf. i.V.m. Rn. 24.03 und 25.01). Die Bestimmung der wesentlichen Betriebsgrundlagen in den vorgenannten Sachverhalten richtet sich durchweg rein nach funktionalen Merkmalen; die Höhe der stillen Reserven ist nicht entscheidend (ständige Rechtsprechung: z.B. BFH Urteile vom 16.12.2009, BStBl II 2010, 808 unter II. 1. b); vom 7.4.2010, BStBl II 2011, 467 unter II. 4. c); vom 29.9.2016, III R 42/13, BStBl II 2017, 339 unter Rn. 33 und vom 20.3.2017, X R 11/16, BStBl II 2017, 992 unter Rn. 25; ebenso BMF vom 11.11.2011, BStBl I 2011, 1314 Rn. 15.02, 20.06). Dies gilt bei den Einbringungsfällen auch, wenn die Übertragung unter Aufdeckung aller stillen Reserven (d.h. zum gemeinen Wert) durchgeführt wird (anders noch zu den Vorgängerregelungen gem. §§ 20 ff. UmwStG 1995; vgl. BMF vom 16.8.2000, BStBl I 2000, 1253). Maßgebend bei der Beurteilung der funktional wesentlichen Betriebsgrundlage ist in jedem Fall die spezifische Situation aus der Sicht des Übertragenden/Einbringenden zum Zeitpunkt der Übertragung (BMF vom 11.11.2011, BStBl I 2011, 1314 Rn. 15.02 zur Spaltung; BFH vom 9.11.2011, BStBl II 2012, 638 unter II.2.a) aa) zur Einbringung).
Eine Personenhandelsgesellschaft oder eine Partnerschaftsgesellschaft kann gem. § 1a KStG zur Körperschaftsbesteuerung optieren. Der Vorgang ist steuerneutral (zu Buchwerten) möglich, wenn die Voraussetzungen einer Sacheinlage i.S.d. § 20 Abs. 1 UmwStG (i.V.m. § 1a Abs. 2 Satz 1 und 2 KStG i.V.m. § 25 Satz 1 UmwStG) vorliegen. Dies erfordert insbes. die Übertragung von wesentlichen Betriebsgrundlagen des Sonderbetriebsvermögens der Mitunternehmer. Die Frage der Wesentlichkeit ist hier – wie im originären Anwendungsbereich von § 20 UmwStG – rein nach der funktionalen Betrachtungsweise zu beurteilen (dazu vgl. 5.6; BMF vom 10.11.2021, BStBl I 2021, 2212 unter Rn. 32 bis 35).
Hinweis:
Mit dem Gesetz zur Stärkung von Wachstumschancen, Investitionen und Innovation sowie Steuervereinfachung und Steuerfairness (sog. »Wachstumschancengesetz«) vom 27.3.2024 (BGBl I 2024, Nr. 108) wurde eine Ergänzung in § 1a Abs. 2 Satz 2 KStG vorgenommen. Danach wird die steuerneutrale Option einer KG generell nicht dadurch ausgeschlossen, dass die Beteiligung an einer Komplementär-Kapitalgesellschaft nicht in die optierende Gesellschaft eingebracht wird. Dies gilt folglich auch dann, wenn die Beteiligung eine wesentliche Betriebsgrundlage des Mitunternehmeranteils sein sollte. Den Gesetzesmaterialien hierzu (s. Gesetzentwurf der Bundesregierung, BT-Drs. 20/8628 vom 2.10.2023, Art. 22, zu Nr. 1, zu Buchst. b) ist zu entnehmen, dass die Wesentlichkeit hier nur nach funktionalen Gesichtspunkten bestimmt.
Für den Übergang von nach § 13b ErbStG begünstigtem BV kann der Stpfl. einen Verschonungsabschlag und einen Anzugsbetrag bei der ErbSt gem. § 13a Abs. 1 und 2 ErbStG in Anspruch nehmen. Diese Vergünstigungen werden aber nur unter Vorbehalt gewährt. Werden die Behaltensregelungen des § 13a Abs. 6 ErbStG (n.F.) verletzt, fallen die ErbSt-Vergünstigungen mit Wirkung für die Vergangenheit fort. Ein Verstoß gegen diese Behaltensregelungen liegt (u.a.) vor, wenn eine, mehrere oder alle im Besteuerungszeitpunkt wesentlichen Betriebsgrundlagen eines Betriebs veräußert oder in das PV überführt oder anderen betriebsfremden Zwecken zugeführt werden (§ 13a Abs. 6 Satz 1 Nr. 1 Satz 2 ErbStG). Die wesentliche Betriebsgrundlage bestimmt sich hier regelmäßig nach den ertragsteuerlichen Grundsätzen der funktionalen Betrachtung (s. RE 13a.13 Abs. 2 Satz 4 ErbStR 2019; BFH vom 16.3.2021, II R 10/18, BFH/NV 2021, 1141 mit normspezifischer Sonderbeurteilung der wesentlichen Betriebsgrundlage für Zwecke des § 13a ErbStG bei doppelstöckigen PersGes).
Ein betrieblich genutztes Grundstück ist nach der neueren Rspr. des BFH dann eine funktional wesentliche Betriebsgrundlage, wenn das Grundstück für den Betrieb wirtschaftlich von nicht nur geringer Bedeutung ist. Eine besondere Gestaltung für den jeweiligen Unternehmenszweck des Betriebs (branchenspezifische Herrichtung und Ausgestaltung) ist nicht erforderlich; notwendig ist allein, dass ein Grundstück dieser Art für die betriebliche Tätigkeit genutzt wird und es ermöglicht, den Geschäftsbetrieb aufzunehmen und auszuüben (BFH Urteil vom 13.7.2006, BStBl II 2006, 804 mit umfangreichen Nachweisen zur Rspr.). Danach gehören (nahezu jegliche) Grundstücke regelmäßig zu den funktional wesentlichen Betriebsgrundlagen (BFH vom 11.6.2013, BFH/NV 2013, 1650; vom 29.11.2017, I R 7/16, BStBl II 2019, 738 unter Rn. 27). Nur ausnahmsweise kann die Wesentlichkeit verneint werden. Eine solche Ausnahme ist gegeben, wenn das Grundstück keine oder nur geringe wirtschaftliche Bedeutung für den Betriebsablauf unter Berücksichtigung der konkreten Gesamtumstände der betrieblichen Organisation hat (ständige Rspr.; z.B. BFH Urteile vom 29.10.1991, BStBl II 1992, 334; vom 19.3.2009, BStBl II 2009, 803; vom 18.6.2015, BFH/NV 2015, 1398 und vom 29.7.2015, BFH/NV 2016, 19). Die eine wesentliche Betriebsgrundlage ausschließende geringe wirtschaftliche Bedeutung kann sich aus qualitativen (z.B.) Provisorium oder quantitativen Aspekten (geringe Größenrelation oder § 8 EStDV) ergeben.
Keine Ausnahmen in diesem Sinne, sondern wesentliche Betriebsgrundlagen, liegen z.B. in folgenden Fällen vor:
Ein »reines« Bürogebäude ist nach ständiger Rspr. eine wesentliche Betriebsgrundlage, wenn es die räumliche und funktionale Grundlage für die Geschäftstätigkeit des Betriebs bildet (BFH Urteil vom 10.6.2008, BStBl II 2008, 863 unter II. 2. a) mit weiteren Nachweisen). Dies gilt auch für Miteigentumsanteile an Bürogebäuden (vom 29.11.2017, X R 34/15, BFH/NV 2018, 623 unter Rn. 39). Ob es sich bei dem genutzten Grundstück um ein »Allerweltsgebäude« handelt (d.h. ohne besondere bauliche Herrichtung oder spezifische örtliche Lage), ist für die Beurteilung nach funktionaler Betrachtung irrelevant (dazu s. auch die Gesamtdarstellung der OFD Frankfurt zur Betriebsaufspaltung vom 10.5.2012, FR 2012, 976 unter 2.1.2 und 2.1.3).
Wesentliche Betriebsgrundlagen sind auch (nicht besonders hergerichtete) Teile eines Einfamilienhauses, wenn diese als einziges Büro (Sitz der Geschäftsleitung) des Betriebs dienen (insbes. bei Überlassung im Rahmen einer Betriebsaufspaltung; z.B. »häusliches Büro/Arbeitszimmer« eines freiberuflichen Unternehmens oder eines Handwerksbetriebs; BFH Urteile vom 13.7.2006, BStBl II 2006, 804 und vom 29.11.2017, X R 34/15, BFH/NV 2018, 623 unter Rn. 39; ebenso s. Patt, EStB 2006, 454; Ausnahmen, wenn die in § 8 EStDV genannten Grenzen unterschritten werden, s. BFH Urteil vom 18.6.2015, BFH/NV 2015, 1398 unter Rn. 26 und OFD Frankfurt vom 10.5.2012, FR 2012, 976 unter 2.1.3 am Ende oder, wenn Räume eines Wohnhauses an eine personell verflochtene Betriebsgesellschaft überlassen werden und diese dort zwar ihren Sitz hat, aber in diesen Räumen nur untergeordnete Geschäftsleitungstätigkeiten erbracht werden, s. BFH Urteil vom 29.7.2015, BFH/NV 2016, 19).
Wesentliche Betriebsgrundlagen sind auch nur dem Unternehmen dienende einzelne Räume/Etagen/Bereiche eines Bürogebäudes, das teilweise für eigenbetriebliche Zwecke (z.B. eine Büro-Etage) und im Übrigen von einem anderen Unternehmen genutzt wird (BFH vom 16.10.2000, BFH/NV 2001, 438 und vom 10.6.2008, BStBl II 2008, 863 unter II. 2. a).
Filial-/Zweigstellengrundstücke oder einzelne Geschäftslokale sind regelmäßig wesentliche Betriebsgrundlagen. Dies gilt selbst dann, wenn auf das zu beurteilende Filialgrundstück weniger als 10 % der gesamten Nutzfläche des Unternehmens entfällt (BFH Urteil vom 19.3.2009, BStBl II 2009, 803; Patt, steuer-journal 20/2009, 16). Die unternehmerische Entscheidung, eine Filiale zu eröffnen, indiziert eine wesentliche Bedeutung im Gesamtunternehmen. Denn kein Unternehmer wird an einem Standort eine Filiale begründen, wenn er sich nicht auf längere Sicht davon einen Vorteil für sein Gesamtunternehmen verspricht. Diese Grundsätze, dass nämlich ein unternehmerisches Risiko durch eine Vielzahl von eingesetzten Grundstücken diversifiziert wird, gelten nicht nur bei Filialgrundstücken, sondern auch für andere Grundstücke bei vergleichbarer Betriebsstruktur (BFH vom 18.6.2015, IV R 11/13, BFH/NV 2015, 1398 unter Rn. 28).
Im Betrieb genutzte unbebaute Grundstücke sind regelmäßig wesentliche Betriebsgrundlage (Ausnahme nur bei untergeordneter wirtschaftlicher Bedeutung; d.h. Wesentlichkeit bei Vorrats- oder Lagergrundstücken, Park- und Abstellflächen, Grundstück für Vorführzwecke oder Abbauzwecke, etc.; z.B. BFH vom 24.8.1989, BStBl II 1989, 1014; vom 15.1.1998, BStBl II 1998, 478 unter II.3.; vom 18.8.2005, BStBl II 2005, 830 unter 2. b) bb).
Ein Erbbaurecht ist wesentliche Betriebsgrundlage, wenn das betroffene Grundstück (unbebaut oder nach Bebauung mit Zustimmung des Besitzunternehmens mit Gebäuden oder Vorrichtungen) nach den vorgenannten Grundsätzen im Betriebsablauf eingesetzt wird und ein wesentliches wirtschaftliches Gewicht hat (ständige Rspr. BFH vom 24.9.2015, BStBl II 2016, 154 unter Rn. 21 und s. OFD Frankfurt vom 10.5.2012, FR 2012, 976 unter 2.1.4).
Bei Produktionsunternehmen sind einzelne Maschinen, die kurzfristig wieder zu besorgen sind, nicht als wesentliche Betriebsgrundlagen einzustufen. Bewegliche Anlagegüter (z.B. Maschinen, Werkzeuge, Geräte), die kurzfristig wiederbeschaffbar sind, gehören auch dann nicht zu den (funktional) wesentlichen Betriebsgrundlagen, wenn sie im Hinblick auf die Größe des Betriebs ein nicht unbeträchtliches Ausmaß annehmen (BFH vom 11.10.2007, BStBl II 2008, 220 unter II. 4. c); Ausnahmen jedoch nach den Besonderheiten des Einzelfalls; z.B. funktionale Bedeutung des gesamten Hotelinventars – Küchen- und Zimmereinrichtungen, für einen Hotelbetrieb, FG Berlin-Brandenburg vom 3.4.2014, EFG 2014, 290, rkr.). Gegen eine Wesentlichkeit spricht auch, wenn die Geräte und Werkzeuge nicht nur einer hohen technischen, sondern durch ihren betrieblichen Einsatz auch einer entsprechenden wirtschaftlichen Abnutzung ausgesetzt sind. In diesem Fall unterliegen sie einem kontinuierlichen Austausch und sind somit für die betriebliche Wirtschafts- und Organisationseinheit nicht prägend (z.B. Werkstattinventar bei Handwerksbetrieb, BFH Urteil vom 11.10.2007, BStBl II 2008, 220 und vom 18.8.2009, BStBl II 2010, 222). Etwas anderes gilt, wenn die Fortführung des Betriebs wegen der Veräußerung des Maschinenparks in seiner Gesamtheit ausgeschlossen ist (BFH Beschluss vom 18.5.2004, BFH/NV 2004, 1262 mit weiteren Nachweisen).
Beim Groß- und Einzelhandel sind in der Regel nur die Grundstücke wesentliche Betriebsgrundlagen. Inventar und andere Gegenstände des Anlagevermögens, die jederzeit wieder zu beschaffen sind, rechnen nicht zu den wesentlichen Betriebsgrundlagen (BFH vom 21.12.2021, IV R 13/19, BFH/NV 2022, 414 unter Rn. 29).
Darlehensforderungen sind keine funktional wesentlichen Betriebsgrundlagen (BFH vom 9.7.2019, BStBl II 2021, 418 unter Rn. 42).
Das Umlaufvermögen enthält grundsätzlich keine funktional wesentlichen Betriebsgrundlagen (BFH Urteil vom 11.10.2007, BStBl II 2008, 220 unter II. 4. c); vom 18.8.2009, BStBl II 2010, 222 unter II. 2.) h) bb) und vom 4.12.2012, VIII R 41/09, BStBl II 2014, 288 unter Rn. 16); Ausnahmen nach den Umständen des Einzelfalls, z.B. zum Warenlager, vgl. H 16 Abs. 8 [Umlaufvermögen] EStH 2016 und BFH Urteil vom 29.11.1988, BStBl II 1989, 602). Forderungen oder Geldbestände sind das Ergebnis der unternehmerischen Betätigung (z.B. Forderung aus Lieferungen und Leistungen, Honorarforderungen) oder einer Nebenbetätigung. Folglich kommt ihnen regelmäßig keine Funktionalität im Betrieb zu (d.h. keine Wesentlichkeit nach funktionaler Betrachtungsweise; s. Micker, Ubg 2018, 490). Dies gilt ungeachtet der Anzahl der Forderungen und der Höhe der einzelnen Forderung (BFH Urteil vom 4.12.2012, BStBl II 2014, 288 unter Rn. 16–17).
Immaterielle WG (Erfindungen, Patente, Marken/Warenzeichen, Rezepte, Herstellungsverfahren, Programme etc.) sind funktional wesentlich, wenn sie zur Erreichung des Betriebszwecks erforderlich sind und ein besonderes wirtschaftliches Gewicht für die Betriebsführung haben; d.h. wenn der Unternehmenserfolg in einem nicht unerheblichen Maße auf der Verwertung des immateriellen WG beruht. Ein Recht an einem Namen oder an einem Zeichen kann auch dann wesentliche Betriebsgrundlage sein, wenn es nicht bilanzierungsfähig und nicht warenzeichen- bzw. markenrechtlich besonders geschützt ist. Maßgeblich ist insoweit bei der Beurteilung nur, ob das Recht nach seiner Funktion im Betrieb für diesen wesentlich ist (BFH Urteil vom 16.12.2009, BStBl II 2010, 808).
Bei einem Unternehmen, das über das Internet Waren oder Dienstleistungen anbietet, sind Namen, Internetauftritt und E-Mail-Adresse als wesentliche Betriebsgrundlage anzusehen (FG Nürnberg vom 11.3.2014, EFG 2014, 1642, rkr. mit Anmerkung von Wendt).
Als wesentliche Betriebsgrundlagen kommen auch der Firmen-/Geschäfts-/Praxiswert (BFH Beschluss vom 26.6.2007, BFH/NV 2007, 1707), der Mandantenstamm (BFH vom 21.11.2017, VIII R 17/15, BFH/NV 2018, 522 unter Rz. 34; OFD Frankfurt vom 10.5.2012, FR 2012, 976 unter 2.1.5) und der Name bzw. Zeichen eines Betriebs (BFH vom 20.3.2017, X R 11/16, BStBl II 2017, 992) infrage.
Hinweis (Vertragsarztzulassung):
Streitig ist die Beurteilung der Vertragsarztzulassung als funktional wesentliches immaterielles WG eines Arztes. Diese Problematik hat große Bedeutung für die steuerneutrale Einbringung des Betriebs des Arztes in ein Medizinisches Versorgungszentrum in der Rechtsform einer GmbH (s. Ketteler-Eising/Peplowski, DStR 2020, 2469; Stockhausen, PFB 2023, 81 und Bischoff/Löbe, NWB 2023, 1552).
Anteile an einer KapGes des BV können funktional wesentliche Betriebsgrundlagen sein, wenn die Beteiligung ein wesentliches wirtschaftliches Gewicht für die Betriebsführung besitzt (z.B., wenn die KapGes alleinige Vertriebsgesellschaft für Produkte des Unternehmens ist; s. ausdrückliche Nennung der Beteiligungen in BMF vom 11.11.2011, BStBl I 2011, 1314 Rn. 15.02 und 20.06). Keine wesentliche Betriebsgrundlage ist gegeben, wenn die Beteiligung nur der bloßen Verstärkung des Betriebskapitals dient (bei gewillkürtem BV, BFH vom 17.4.1996, BFH/NV 1996, 877). Bei einer Betriebsaufspaltung ist die Beteiligung des Besitzunternehmens an der Betriebskapitalgesellschaft im BV oder Sonderbetriebsvermögen stets eine wesentliche Betriebsgrundlage (ständige Rspr.: BFH Urteil vom 4.7.2007, BStBl II 2007, 772).
Anteile an KapGes, die Mitunternehmern gehören, können zum notwendigen Sonderbetriebsvermögen II von PersGes rechnen (dazu s. → Sonderbetriebsvermögen). Hier gelten die Grundsätze zur funktionalen Wesentlichkeit des Betriebs der PersGes bzw. des Mitunternehmeranteils (s.o.) gleichermaßen (zur Frage der funktionalen Wesentlichkeit s. Reiche, DStR 2006, 1206; Bron, DStZ 2011, 431).
In der Praxis sehr relevant ist die Problematik der Beurteilung der Beteiligung des Kommanditisten einer GmbH & Co. KG an der Komplementär-GmbH als funktional wesentliches Sonderbetriebsvermögen II (dass eine solche Beteiligung wesentlich sein kann, zeigt der Umkehrschluss aus § 1a Abs. 2 Satz 2 KStG i.d.F. des Wachstumschancengesetzes, s.u. Hinweis 2). Hier ist zunächst zu bemerken, dass der BFH die Annahme von Sonderbetriebsvermögen II sehr restriktiv beurteilt (weitere Hinweise s. → Sonderbetriebsvermögen). Ist Sonderbetriebsvermögen II anzunehmen, wird die Wesentlichkeit der Beteiligung uneinheitlich gesehen und ist von der Rspr. noch nicht abschließend (d.h. für alle Fallkonstellationen) beurteilt (dazu ausführlich: OFD NRW vom 21.6.2016, DB 2016, 1907 mit Hinweisen auf Rspr.; OFD Frankfurt/M. vom 12.12.2022, DStR 2023, 151; ebenso s. Schulze zur Wiesche, DB 2010, 638; Schwedhelm/Talaska, DStR 2010, 1505). Die Grundsätze zur GmbH & Co. KG gelten auch für die Anteile des stillen Gesellschafters an einer GmbH & atypisch Still an der KapGes, die das Handelsgewerbe betreibt. Diese Beteiligung gehört nämlich stets zum Sonderbetriebsvermögen des atypisch stillen Mitunternehmers (OFD Frankfurt/M. vom 12.12.2022, DStR 2023, 151 unter 3.).
Hinweis 1 (Beteiligung an der Komplementär-GmbH):
Die Beteiligung des Kommanditisten einer GmbH & Co. KG an der Komplementär-GmbH ist eine (funktional) wesentliche Betriebsgrundlage seines Mitunternehmeranteils, wenn erst diese Beteiligung den Kommanditisten in die Lage versetzt, über Fragen der laufenden Geschäftsführung der KG zu bestimmen. Sie ist hingegen nicht (funktional) wesentlich, wenn im Einzelfall infolge gesellschaftsvertraglicher oder sonstiger schuldrechtlicher Vereinbarungen nicht seine Beteiligung an der Komplementär-GmbH, sondern seine Stellung als Kommanditist den Einfluss auf die laufende Geschäftsführung der KG begründet (BFH vom 1.2.2024, IV R 9/20, BFH/NV 2024, 625, LEXinform 0952804).
Hinweis 2 (Beteiligung an der Komplementär-GmbH bei Umwandlung der Personengesellschaft in eine Kapitalgesellschaft):
Wird eine GmbH & Co. KG in eine KapGes durch Formwechsel umgewandelt, ist die Beteiligung des Kommanditisten an der Komplementär-GmbH selbst dann keine (funktional) wesentliche Betriebsgrundlage, wenn es sich um eine Mehrheitsbeteiligung handelt. Denn die Übertragung der Beteiligung an der bisherigen Komplementärgesellschaft auf die Übernehmerin, die ausschließlich Geschäftsführungsfunktionen für eine nunmehr nicht mehr existente Gesellschaft ausgeübt hat, »wäre wirtschaftlich ohne Sinn« (BFH vom 16.12.2009, BStBl II 2010, 808 unter Rn. 23).
Bei der Option einer GmbH & Co. KG nach § 1a KStG kann die vorgenannte Beurteilung nicht ohne Weiteres greifen. Schließlich bleibt hier die PersGes zivilrechtlich erhalten. Damit gelten die gesellschaftsrechtlichen Möglichkeiten der Einflussnahme auf die Geschäftsführung der PersGes über die Beteiligung an der Komplementär-GmbH auch nach der (nur ertragsteuerlich wirksamen) Option weiterhin fort. Danach kann die Beteiligung an der Komplementärgesellschaft funktional wesentliche Betriebsgrundlage sein (BMF vom 10.11.2021, BStBl I 2021, 2212 unter Rn. 32 Satz 5; ebenso Blöchle/Dumser, GmbHR 2022, 72 unter V.1.; Kahle/Kopp, StuB 2021, 568). Im Rahmen des Wachstumschancengesetzes (BGBl I 2024, Nr. 108) ist allerdings eine Ergänzung in § 1a Abs. 2 Satz 2 KStG vorgenommen worden. Danach wird die steuerneutrale Option einer KG generell nicht dadurch ausgeschlossen, dass die Beteiligung an einer Komplementär-Kapitalgesellschaft nicht in die optierende Gesellschaft eingebracht wird. Dies gilt nach der neuen Gesetzesfassung auch dann, wenn die Beteiligung eine wesentliche Betriebsgrundlage des Mitunternehmeranteils sein sollte.
Es handelt sich weder um funktionale noch um quantitative wesentliche Betriebsgrundlagen (dazu s. → Umwandlungssteuererlass 2011). Eine Mitunternehmerbeteiligung kann mangels Wirtschaftsguteigenschaft nicht Sonderbetriebsvermögen eines Mitunternehmers im (Teil-)Betrieb der PersGes oder seiner Beteiligung daran sein (ständige Rspr. des BFH: zuletzt BFH vom 30.8.2012, IV R 44/10, BFH/NV 2013, 376 unter Rn. 31; a.A. Finanzverwaltung: Vfg. der OFD Frankfurt/M vom 16.9.2014, DStR 2014, 2180 letzter Satz).
Hoffmann, Arbeitnehmer als wesentliche Betriebsgrundlage, StuB 2000, 1099; Röhrig, Begriff der wesentlichen Betriebsgrundlage, EStB 2000, 390; Fichtelmann, Betriebsaufspaltung: Grundstücke als wesentliche Betriebsgrundlage – Erfüllen (Allerwelts-)Bürogebäude diese Voraussetzungen?, EStB 2005, 421; Jörißen, Die wesentliche Betriebsgrundlage i.R.d. § 7g EStG – Anwendung einer uneingeschränkten funktionalen Betrachtungsweise, EStB 2006, 422; Behrens/Wagner, Wann stellt ein Grundstück eine wesentliche Betriebsgrundlage dar, deren Vermietung zur Begründung einer sachlichen Verflechtung im Rahmen einer Betriebsaufspaltung führt?, BB 2009, 1570; Schumacher, Kann ein Mitunternehmeranteil eine wesentliche Betriebsgrundlage für Zwecke des Umwandlungssteuerrechts darstellen?, DStR 2010, 1606; Schulze zur Wiesche, Zur wesentlichen Betriebsgrundlage eines Mitunternehmeranteils – Problemstellung bei Beteiligung an einer Komplementär-GmbH, DB 2010, 638; Schwedhelm/Talaska, Wann ist der Anteil des Kommanditisten an der Komplementär-GmbH wesentliche Betriebsgrundlage i.S.d. § 20 UmwStG?, DStR 2010, 1505; Reiche, Zur Einordnung von Beteiligungen als wesentliche Betriebsgrundlagen im Umwandlungsrecht, DStR 2006, 1206; Patt, Zur funktionalen Wesentlichkeit einzelner Zweiggeschäftsgrundstücke, steuer-journal 2009, 16; Bron, Kapitalgesellschaftsanteile als Umstrukturierungs- und Übertragungsklippe: Zuordnung zum Sonderbetriebsvermögen und funktionale Wesentlichkeit, DStZ 2011, 431; Herlinghaus, Betriebsbegriff und »Gesamtplan« bei Unternehmensveräußerungen und -umstrukturierungen, FR 2014, 441; Micker, Darlehensforderungen als wesentliche Betriebsgrundlagen, Ubg 2018, 490; Stockhausen, Steuerliche Folgen des Erwerbs oder der Zurückbehaltung einer Vertragsarztzulassung, PFB 2023, 81; Boorberg, Wann ist eine Marke eine wesentliche Betriebsgrundlage im Rahmen einer Betriebsaufspaltung?, DStR 2024, 457; Cordes/Glatthar, Update Thesaurierungsbegünstigung (§ 34a EStG) und Option zur Körperschaftsteuer nach Verabschiedung des Wachstumschancengesetzes, FR 2024, 401; Ziglmeier, Einbringungsvorgänge bei der GmbH & Co. KG im Lichte aktueller Rechtsprechung – Zugleich Anmerkung zu BFH, 1.2.2024 – IV R 9/20, BB 2024, 1047.
→ Investitionsabzugsbeträge nach § 7g EStG
→ Umwandlungssteuererlass 2011
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