Wirtschaftsgüter, Überführung in ein anderes Betriebsvermögen

Stand: 16. Dezember 2024

Inhaltsverzeichnis

1 Wirtschaftsgut-Übertragung und betriebliche Umstrukturierung gem. § 6 Abs. 5 EStG
1.1 Grundsatz
1.2 Terminologische/inhaltliche Klarstellung – ausgeschlossene Fallgruppen
1.3 Terminologische Präzisierung
1.3.1 Hauptunterscheidung
1.3.2 Weitere Klärung
1.3.2.1 Keine Anwendung auf Schenkungen zwischen den Gesellschaftern
1.3.2.2 Aber: Berücksichtigung der Realteilung mit Einzel-Wirtschaftsgütern
2 Die Regelung des § 6 Abs. 5 EStG im Einzelnen
2.1 Die Überführung von Wirtschaftsgütern gem. § 6 Abs. 5 Satz 1/2 EStG
2.2 Die Übertragungen gem. § 6 Abs. 5 Satz 3 EStG
2.2.1 Tabellarische Übersicht
2.2.2 Inhaltliche Kommentierung
2.2.2.1 Die Grundtatbestände von Satz 3
2.2.2.2 Missbrauchsregelungen/Ausnahmen
3 Die Realteilung (mit Einzel-WG) gemäß § 16 Abs. 3 Satz 2 ff. EStG
4 Gleichzeitige Anwendung von § 6 Abs. 3 und Abs. 5 EStG bei Überführung von funktional wesentlichem Sonderbetriebsvermögen in ein anderes Betriebsvermögen/Sonderbetriebsvermögen nach § 6 Abs. 5 EStG
5 Literaturhinweise
6 Verwandte Lexikonartikel

1. Wirtschaftsgut-Übertragung und betriebliche Umstrukturierung gem. § 6 Abs. 5 EStG

1.1. Grundsatz

Gem. § 6 Abs. 5 EStG ist für jede Übertragung von Einzel-WG

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  1. innerhalb einer Mitunternehmerschaft und

  2. zwischen Mitunternehmer und Mitunternehmerschaft und

  3. zwischen den Mitunternehmern einer Mitunternehmerschaft,

und somit für alle Übertragungen im Mitunternehmerschaftskreis zwingend die Buchwertfortführung vorgesehen.

1.2. Terminologische/inhaltliche Klarstellung – ausgeschlossene Fallgruppen

Nachfolgend werden nur Übertragungsvorgänge von Einzel-WG bei Personenunternehmen dargestellt.

Als Erstes sind damit KapGes als (unmittelbar) Beteiligte der Übertragung von der Diskussion ausgeschlossen (s.a. → Einlage (KapGes) und → Verdeckte Gewinnausschüttung).

Beispiel 1:

Sacheinlage des Gründungsgesellschafters in eine GmbH.

Lösung 1:

Ansatz des gemeinen Werts (§ 6 Abs. 6 EStG).

Dies ändert nichts daran, dass KapGes als Mitunternehmer an einer PersGes beteiligt sein können (Bsp.: GmbH & Co. KG); etwaige hier zu berücksichtigende Sonderregeln werden natürlich angesprochen.

Ebenso wenig werden hier steuerfunktionale Einheiten (Betrieb, Teilbetrieb etc.) als Gegenstand der Übertragung untersucht (s.a. → Einbringung und s.a. → Betriebsveräußerung). Nur Einzel-WG und deren Übertragung werden untersucht.

Beispiel 2:

A gründet mit B eine OHG, in die A sein Einzelunternehmen einbringt.

Lösung 2:

Wahlrecht nach § 24 UmwStG.

Aus dem Begriff »Wirtschaftsgut« wird ersichtlich, dass es sich bei den Übertragungsgegenständen um BV handelt. Wechseln Gegenstände des Privatvermögens den Eigentümer, kann es sich nur um (Sach-)Einlagen handeln; s.a. → Einlage.

Beispiel 3:

A legt seinen Privat-Pkw in eine neu zu gründende KG ein.

Lösung 3:

Teilwertansatz gem. § 6 Abs.1 Nr.5 EStG.

Soweit es sich um vollentgeltliche Veräußerungsgeschäfte (zu fremdüblichen) Bedingungen zwischen den Mitunternehmern und der PersGes handelt, finden die nachfolgenden Ausführungen ebenfalls keine Anwendung (s.a. → Gewinnermittlung und s.a. → Veräußerungsgewinn).

Beispiel 4:

Der Mitunternehmer C veräußert ein betriebliches Grundstück an »seine« KG.

Lösung 4:

Ertrag beim Einzelunternehmer C und entsprechende AK bei der KG.

1.3. Terminologische Präzisierung

1.3.1. Hauptunterscheidung

Mit der »Überführung« nach § 6 Abs. 5 Satz 1 und Satz 2 EStG ist die Übertragung von Einzel-WG zwischen Eigen-(Betrieben) und Sonder-BV(-Betrieben) desselben Rechtsträgers gemeint.

Beispiel 5:

E überführt ein Anlagegut aus seinem ersten Betrieb in das Sonder-BV seiner E-KG (bzw. in seinen zweiten Betrieb).

Mit dem Begriff der »Übertragung« gem. § 6 Abs. 5 Satz 3 EStG ist ein Rechtsträger-Wechsel verbunden.

Beispiel 6:

Alt-Eigentümer eines Betriebs-Pkw war der Mitunternehmer A; Neu-Eigentümer wird die A-KG (und umgekehrt).

1.3.2. Weitere Klärung

1.3.2.1. Keine Anwendung auf Schenkungen zwischen den Gesellschaftern

Auf voll unentgeltliche Übertragungen von Einzel-WG unter Mitunternehmern (d.h. Schenkungen bzw. Übertragungen von Todes wegen zwischen Gesellschaftern) finden die nachfolgenden Ausführungen ebenfalls keine Anwendung, da weder § 6 Abs. 5 Satz 1/2 noch § 6 Abs. 5 Satz 3 EStG Anwendung finden. Rechtsfolge hierfür ist der Ansatz mit dem Teilwert (§ 6 Abs. 1 Nr. 4 EStG) bzw. der gemeine Wert gem. § 6 Abs. 4 EStG.

1.3.2.2. Aber: Berücksichtigung der Realteilung mit Einzel-Wirtschaftsgütern

Andererseits werden im Gesamtkomplex die Rechtsfolgen der Realteilung mit Einzel-WG gem. § 16 Abs. 3 Satz 2 ff. EStG mitabgehandelt, da sie thematisch (betriebliche Umstrukturierung) und dogmatisch (Steuerneutralität) zum Thema gehören. Zur → Realteilung gem. § 16 Abs. 3 EStG einer → Mitunternehmerschaft und zur Anwendung von § 16 Abs. 3 Satz 2 bis 4 und Abs. 5 EStG s. das BMF-Schreiben vom 19.12.2018 (BStBl I 2019, 6).

2. Die Regelung des § 6 Abs. 5 EStG im Einzelnen

Zu der Übertragung und Überführung von einzelnen Wirtschaftsgütern nach § 6 Abs. 5 EStG nimmt das BMF in seinem Schreiben vom 8.12.2011 (BStBl I 2011, 1279; Rn. 19 ist insoweit überholt, als dort unter Rn. 19 zu prüfen ist, ob einer Buchwertfortführung nach § 6 Abs. 5 EStG die Gesamtplanrechtsprechung entgegensteht; s. hierzu Rn. 40 des BMF-Schreibens vom 20.11.2019, BStBl I 2019, 1291) Stellung.

2.1. Die Überführung von Wirtschaftsgütern gem. § 6 Abs. 5 Satz 1/2 EStG

Die Regelung in den beiden ersten Sätzen galt immer schon. Solange kein Eigentümerwechsel stattfindet und die Besteuerung der stillen Reserven gesichert ist (sich also beide Betriebe im Inland befinden), wird unter dem Gesichtspunkt des »weiten« Betriebsbegriffes auf die Erfassung der stillen Reserven verzichtet. Eine andere Begründung für den Verzicht auf die Steuerentstrickung liegt im sog. finalen Entnahmebegriff, dem zufolge die Erfassung der stillen Reserven die ultima ratio ist, solange die Reserven verhaftet sind.

Beispiel 7:

Unternehmer U überführt ein WG aus seinem Betrieb I in seinen (Teil-)Betrieb II.

Neben der Überführungsregel nach Satz 1, die für unentgeltliche Übertragungen von betrieblichen WG gilt, behandelt S. 2 den steuerneutralen Anwendungsbereich.

Beispiel 8:

Der – im Einzelunternehmen erfasste – Lkw des Gesellschafters A wird nunmehr seiner KG zur Nutzung überlassen und wird damit Sonder-BV I bei der KG.

Der Transfer von Einzel-WG innerhalb der Mitunternehmerschaft ist hier ebenfalls nicht mit einem Eigentümerwechsel verbunden, aber mit einer neuen bilanzrechtlichen Qualität (Wechsel vom Eigen-BV zum Sonder-BV desselben Mitunternehmers und umgekehrt); eine Aufdeckung der Reserven ist aber auch hier weder unter dem Gesichtspunkt der subjektiven Leistungsfähigkeit (ein- und derselbe Stpfl.) noch unter dem Aspekt »PersGes als Gewinnermittlungssubjekt« geboten.

Dieselbe Überlegung kommt zum Tragen, wenn der Lkw nicht mehr an die KG I, sondern an die KG II vermietet wird. Entscheidend ist vielmehr, dass der Inhaber des »Sonder-Betriebs« derselbe geblieben ist. Wem gegenüber das Sonder-BV begründet wird, tritt demnach in den Hintergrund.

2.2. Die Übertragungen gem. § 6 Abs. 5 Satz 3 EStG

2.2.1. Tabellarische Übersicht

Ausgangs-Betriebsvermögen

Übertragung der WG

Ziel-Betriebsvermögen

Nr. 1:

BV des Mitunternehmers (MU) (Einzelunternehmen bzw. MU/KapGes)

unentgeltlich oder gegen Gesellschaftsrechte (GesR)

Gesamthandsvermögen seiner Mitunternehmerschaft (Mitunternehmerschaft)

Oder umgekehrt:

Gesamthandsvermögen der PersGes

unentgeltlich bzw. gegen Minderung von GesR

BV des Einzelunternehmen bzw. Mitunternehmer/Kapitalgesellschaft

Nr. 2, 1. Fall:

Sonder-BV eines MU

unentgeltlich bzw. gegen GesR

Gesamthandsvermögen seiner Mitunternehmerschaft

oder umgekehrt:

Gesamthandsvermögen

unentgeltlich bzw. gegen Minderung von GesR

Sonder-BV eines MU

Nr. 2, 2. Fall:

Sonder-BV eines MU

unentgeltlich oder gegen GesR

Gesamthandsvermögen einer anderen Mitunternehmerschaft (= Schwester-PersGes)

oder umgekehrt:

Schwester-PersGes

unentgeltlich oder gegen Minderung von GesR

Sonder-BV des MU

Nr. 3:

Sonder-BV eines MU

unentgeltlich

Sonder-BV eines anderen MU (!) bei derselben PersGes

Abb.: Übersicht zum Anwendungsbereich »neutrale Übertragung von Einzel-WG«

2.2.2. Inhaltliche Kommentierung

2.2.2.1. Die Grundtatbestände von Satz 3

Mit § 6 Abs. 5 Satz 3 Nr. 1 EStG (UntStFG) wird zunächst klargestellt, dass die gesellschaftsrechtliche Sacheinlage (aus dem BV) zu Buchwerten erfolgt. Dies gilt auch für den umgekehrten Fall (Sachentnahme gegen Minderung der Gesellschaftsrechte). Der ursprüngliche Meinungsstreit, ob es sich dabei nicht um einen Tausch handeln könne (Folge: Realisierung gem. § 6 Abs. 6 EStG) ist durch § 6 Abs. 6 Satz 4 EStG beigelegt.

Beispiel 9:

Die offene Sacheinlage des Gesellschafters mit einem betrieblichen WG in eine PersGes ändert nur etwas an der Zivilrechtsqualität (aus Alleineigentum wird nunmehr Gesamthandseigentum), aber nichts an der steuerlichen Zuordnung (vgl. § 39 Abs. 2 Nr. 2 AO).

Für rein unentgeltliche Übertragungen (Schenkungen) zwischen dem Eigen-BV und dem Gesamthands-BV ordnet Nr. 1 – abweichend von § 6 Abs. 4 EStG – konstitutiv und konsequent den Buchwertzwang an.

Dem Großen Senat des BFH lag die folgende Rechtsfrage zur Entscheidung vor (BFH Beschluss vom 27.10.2015, X R 28/12, BStBl II 2016, 81):

Wie ist im Fall der teilentgeltlichen Übertragung eines WG aus einem Einzelbetriebsvermögen eines Mitunternehmers in das Gesamthandsvermögen einer Mitunternehmerschaft (§ 6 Abs. 5 Satz 3 Nr. 1 EStG) die Höhe eines eventuellen Gewinns aus dem Übertragungsvorgang zu ermitteln? Der vorlegende Senat hielt an seiner im Beschluss über die Beitrittsaufforderung vom 19.3.2014 (X R 28/12, BStBl II 2014, 629) geäußerten Auffassung fest, wonach die dogmatischen Argumente, die für die strenge Trennungstheorie sprechen, etwas höher zu gewichten sind als die für die denkbaren Gegenauffassungen sprechenden Erwägungen (betreffend modifizierte Trennungstheorien).

Nachdem das FA dem Begehren der Kläger im zugrunde liegenden Revisionsverfahren X R 28/12 abgeholfen hat, war dieses Verfahren sowie das beim Großen Senat des BFH geführte Verfahren GrS 1/16 ohne Entscheidung über die vorgelegte Rechtsfrage (Ermittlung eines eventuellen Gewinns aus teilentgeltlichen Übertragungen nach der strengen oder modifizierten Trennungstheorie) zu beenden (BFH Beschluss vom 30.10.2018, X R 28/12, BFH/NV 2019, 39).

Das LfSt Niedersachsen hat mit Verfügung vom 24.5.2023 (S-2241 – St221/St222-864/2023; LEXinform 7013683) zur weiteren Anwendung der strengen Trennungstheorie bei Anwendung von § 6 Abs. 5 Satz 3 EStG Stellung genommen. Vor dem Hintergrund, dass zu dieser Rechtsfrage aktuell keine Verfahren mehr vor dem BFH anhängig sind, wurden die FA angewiesen, die Bearbeitung der bislang ruhenden Rechtsbehelfsverfahren wiederaufzunehmen. In Fällen der teilentgeltlichen Übertragung eines einzelnen WG verfährt die FinVerw weiterhin nach der Rz. 15 des BMF-Schreibens vom 8.12.2011 (IV C 6, BStBl I 2011, 1279) und wendet die strenge Trennungstheorie an. Liegt die Gegenleistung unter dem Verkehrswert, handelt es sich um eine teilentgeltliche Übertragung, bei der der unentgeltliche Teil nach § 6 Abs. 5 Satz 3 EStG zum Buchwert zu übertragen ist. Hinsichtlich des entgeltlichen Teils der Übertragung liegt eine Veräußerung des WG vor und es kommt insoweit zur Aufdeckung der stillen Reserven des WG (vgl. BFH vom 11.12.2001, BStBl II 2002, 420).

Zur Frage, ob die strenge oder moderate Trennungstheorie anzuwenden ist, hat das FG Rheinland-Pfalz mit Urteil vom 14.6.2023 (2 K 1826/20, EFG 2023, 1131; Revision eingelegt, Az. des BFH: IV R 17/23) wie folgt entschieden: »Überträgt ein Gesellschafter ein in seinem Sonderbetriebsvermögen gehaltenes WG in das Gesamthandsvermögen einer anderen Mitunternehmerschaft, an der er ebenfalls beteiligt ist, zu einem unter dem Verkehrswert liegenden Entgelt (teilentgeltlich), so ist eine Aufteilung des Vorgangs in ein voll entgeltliches und ein voll unentgeltliches Geschäft vorzunehmen und der vorhandene Buchwert des übertragenen WG anteilig beiden Geschäften zuzuordnen (strenge Trennungstheorie). Werden mehrere WG übertragen, ist der Veräußerungsgewinn jeweils getrennt zu ermitteln.« Das FG folgt damit der von der FinVerw angewendeten sog. strengen Trennungstheorie (vgl. BMF in BStBl I 2011, 1279 und in BStBl I 2013, 1164) sowie den Ausführungen des X. Senats des BFH im Beschluss vom 27.10.2015 (X R 28/12, BStBl II 2014, 629).

Der Formwechsel einer Personenobergesellschaft in eine KapGes im Rahmen einer mehrstöckigen PersGes innerhalb von sieben Jahren nach einer Buchwertübertragung eines WG i.S.d. § 6 Abs. 5 Satz 3 Nr. 1 EStG von einer Tochterpersonengesellschaft auf eine Enkelpersonengesellschaft führt gem. § 6 Abs. 5 Satz 6 EStG zum rückwirkenden Teilwertansatz (Niedersächsisches FG Gerichtsbescheid vom 26.10.2018, 3 K 173/16, EFG 2019, 421; Revision beim BFH ist erledigt durch Zurückweisung: vom 15.7.2021, IV R 35/18). § 6 Abs. 5 Satz 6 EStG ist in Fällen der formwechselnden Umwandlung einer Personenobergesellschaft in eine KapGes weder teleologisch zu reduzieren noch aufgrund der Buchwertverknüpfung des Formwechsels nach § 20 Abs. 2 Satz 2 UmwStG oder wegen der hierfür geltenden Sperrfristregelung in § 22 Abs. 1 Satz 1 UmwStG einzuschränken.

Auch die Regelung nach Nr. 2 leg. cit., die bei einem Wechsel vom Sonder-BV in das Gesamthands-BV derselben Mitunternehmerschaft die Buchwertfortführung vorsieht, entspricht dem früheren Rechtsverständnis des MU-Erlasses.

Beispiel 10:

Der Lkw, der bislang der KG zur Nutzung überlassen wurde, wird direkt in das Gesamthandsvermögen der KG eingelegt.

Neu eröffnet wurde jedoch dem Gesellschafter einer PersGes I, WG des Sonder-BV bei der PersGes I zu Buchwerten in das Sonder-BV der PersGes II zu übertragen.

Beispiel 11:

A ist an der KG I und an der KG II beteiligt. A hat der KG I ein Grundstück vermietet. Nachdem diese das Grundstück (Sonder-BV I der KG I) nicht mehr benötigt, überlässt A das Grundstück nunmehr der KG II (Sonder-BV I der KG II). Auch hier verzichtet § 6 Abs. 5 EStG auf die Aufdeckung der Reserven bei der KG I.

Nach dem Beschluss des BVerfG vom 28.11.2023 (2 BvL 8/13, BGBl I 2024, Nr. 47; diese Entscheidung hat Gesetzeskraft) verstößt § 6 Abs. 5 Satz 3 EStG i.d.F. vom 20.12.2001 gegen Art. 3 Abs. 1 GG, soweit diese Vorschrift keine Buchwertübertragung von WG zwischen beteiligungsidentischen Schwester-PersGes zulässt (LEXinform 0929943). Die hierin liegende Ungleichbehandlung ist nicht gerechtfertigt. Der Gesetzgeber ist zu einer rückwirkenden Neuregelung verpflichtet. Mit der Einführung des neuen § 6 Abs. 5 Satz 3 Nr. 4 EStG-E für alle offenen Fälle (§ 52 Abs. 12 Satz 14 ff. EStG-E) durch das JStG 2024 (Regierungsentwurf vom 4.6.2024, LEXinform 0465623) soll auf die Rspr. des BVerfG reagiert und die danach erforderliche Übertragung von WG zwischen beteiligungsidentischen PersGes zum Buchwert ermöglicht werden.

Des Weiteren sind nach Nr. 3 auch unentgeltliche Übertragungen zwischen den Sonder-BV der Mitunternehmer derselben Mitunternehmerschaft zu Buchwerten durchzuführen. Damit kommt es zu einem »Überspringen« der stillen Reserven von einem Mitunternehmer zu einem anderen Mitunternehmer

Beispiel 12:

Gesellschafter A hat ein Grundstück an die A-B-KG verpachtet. A schenkt (vererbt, vermacht) dem Mitgesellschafter B das Grundstück.

2.2.2.2. Missbrauchsregelungen/Ausnahmen

Gem. § 6 Abs. 5 Satz 4 ist nur für Zwecke der betrieblichen Umstrukturierung ist die Buchwertverknüpfung von Einzel-WG zulässig und zwangsläufig. Dies wird durch eine dreijährige Sperrfrist der übertragenen Einzel-WG erreicht, deren Lauf mit der Abgabe der Steuererklärung für das »Übertragungsjahr« beginnt. Werden innerhalb dieser Sperrfrist die WG entnommen oder veräußert, so wird rückwirkend auf den Übertragungszeitpunkt (Spezialregelung zu § 175 Abs. 1 Nr. 2 AO) der Teilwert angesetzt. Eine rückwirkende Strafbesteuerung ist jedoch dann nicht durchzuführen, wenn die stillen Reserven anlässlich der Übertragung über eine Ergänzungsbilanz dem übertragenden Gesellschafter zugeordnet wurden (Hauptfall: § 6 Abs. 5 Satz 3 Nr. 3 EStG).

Mit den Missbrauchsklauseln (auch »Körperschaftsklauseln« genannt) von § 6 Abs. 3 Satz 5 und 6 EStG soll das Überspringen stiller Reserven auf KapGes verhindert werden. Die Buchwertüberführung eines WG in das Gesamthandsvermögen einer GmbH & Co. KG mit anschließender Veräußerung der GmbH-Anteile unter Nutzung des (neuen) Halbeinkünfteverfahrens war der eigentliche Stein des Anstoßes. In den Fällen, bei denen durch die Übertragung von Einzel-WG auf eine KG der Anteil einer KapGes an dem WG begründet oder erhöht wird, schreibt § 6 Abs. 5 Satz 5 EStG nunmehr die Teilwertrealisation vor.

Hinweis:

Für den Fall der Beteiligung einer KapGes als Mitunternehmer an einer PersGes (häufiger Fall in Konzernen bei der Übertragung von Einzel-WG auf Tochtergesellschaften) haben das FinMin Saarland (FinMin Saarland vom 19.5.2003, DStR 2003, 1120) und die OFD Hannover (OFD Hannover vom 24.7.2003, DStR 2003, 1754) klarstellend folgende Aussagen getroffen:

  • Bei der Übertragung eines Einzel-WG von einer KapGes (bzw. von einer gewerblich geprägten PersGes) in das Gesamthandsvermögen einer PersGes, an der sie zu 100 % beteiligt ist, ist der Buchwert anzusetzen, wenn die Besteuerung der Reserven sichergestellt ist.

  • Bei einer geringeren Beteiligungsquote ist die Buchwertübertragung auf den Anteil beschränkt, an dem die KapGes nach der Übertragung (mittelbar) beteiligt ist.

  • Im Übrigen ist der Teilwertansatz zwingend.

Bei vollentgeltlichen Veräußerungsgeschäften zwischen MU bzw. zwischen MU und Mitunternehmerschaft sind die Einzel-WG mit den AK anzusetzen und führen somit i.d.R. zu einem laufenden Gewinn (Veräußerungserlös ./. Buchwert).

Zusätzlich ist in § 6 Abs. 5 Satz 3 Nr. 2 EStG geregelt, dass auch die Buchwert-Übertragung von einzelnen WG aus einer Mitunternehmerschaft auf eine andere Mitunternehmerschaft (sog. Schwester-PersGes) möglich ist. Diese Übertragung ist jedoch nicht direkt (d.h. von Gesamthandsvermögen der Schwester I auf das Gesamthandsvermögen der Schwester II) möglich, sondern nur als Dreiecksgeschäft über das Sonder-BV.

§ 6 Abs. 5 Satz 6 EStG bestimmt, dass auch eine nachträgliche Anteilsbegründung oder -erhöhung bei einer KapGes an dem übertragenen WG ein rückwirkendes Ereignis i.S.d. § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO mit der Folge ist, dass rückwirkend auf den Übertragungszeitpunkt der Teilwert anzusetzen ist. Aus Gründen der Praktikabilität erfolgt der rückwirkende Teilwertansatz nur dann, wenn der Anteil der KapGes an dem WG innerhalb von sieben Jahren nach der Übertragung begründet oder erhöht wird.

Der Formwechsel einer Personenobergesellschaft in eine KapGes im Rahmen einer mehrstöckigen PersGes innerhalb von sieben Jahren nach einer Buchwertübertragung eines WG i.S.d. § 6 Abs. 5 Satz 3 Nr. 1 EStG von einer Tochterpersonengesellschaft auf eine Enkelpersonengesellschaft führt gem. § 6 Abs. 5 Satz 6 EStG zum rückwirkenden Teilwertansatz (Niedersächsisches FG Gerichtsbescheid vom 26.10.2018, 3 K 173/16, EFG 2019, 421; Revision beim BFH ist erledigt durch Zurückweisung: vom 15.7.2021, IV R 35/18). § 6 Abs. 5 Satz 6 EStG ist in Fällen der formwechselnden Umwandlung einer Personenobergesellschaft in eine KapGes weder teleologisch zu reduzieren noch aufgrund der Buchwertverknüpfung des Formwechsels nach § 20 Abs. 2 Satz 2 UmwStG oder wegen der hierfür geltenden Sperrfristregelung in § 22 Abs. 1 Satz 1 UmwStG einzuschränken.

Ein rückwirkender (einkommenserhöhender) Ansatz von Teilwerten bei einer Einbringung zu Buchwerten wegen eines sog. Sperrfristverstoßes i.S.d. § 6 Abs. 5 Satz 6 EStG ist ausgeschlossen, wenn die vollentgeltliche Übertragung von Anteilen durch den Einbringenden an eine Körperschaft innerhalb der Sperrfrist im Ergebnis zu einer Aufdeckung der stillen Reserven in den zuvor eingebrachten WG führt (BFH vom 18.8.2021, XI R 43/20, BFH/NV 2022, 459; LEXinform 4243501; Teilweise Parallelentscheidung: BFH vom 18.8.2021, XI R 20/19, BFH/NV 2022, 403). Die Regelung des § 6 Abs. 5 Satz 6 EStG erfasst nicht jegliche Anteilsveräußerung innerhalb der Sperrfrist, sondern sie greift lediglich dann ein, soweit die stillen Reserven im Zuge der Veräußerung der Anteile nicht aufgedeckt werden.

3. Die Realteilung (mit Einzel-WG) gemäß § 16 Abs. 3 Satz 2 ff. EStG

Eine Realteilung i.S.d. § 16 Abs. 3 Satz 2 und 3 EStG liegt dann vor, wenn Gesellschafter einer → Mitunternehmerschaft ihr gemeinschaftliches Engagement beenden und dabei die Mitunternehmerschaft gänzlich auflösen und alle WG in ein anderes BV überführen (vgl. BFH vom 17.5.2018, VI R 66/15, BStBl II 2022, 301). Nach § 16 Abs. 3 Satz 2 EStG ist die → Realteilung gem. § 16 Abs. 3 EStG auch mit Einzel-WG zum Buchwert durchzuführen (kein Wahlrecht), solange das unternehmerische Engagement in anderer Form fortgeführt wird. Dabei ist eine dreijährige Behaltefrist (s. auch → Steuerliche Sperrfristen) für die einzeln bezeichneten Einzel-WG (GruBo, Gebäude bzw. andere wesentliche Betriebsgrundlagen) vorgesehen, die ebenfalls an die Abgabe der Steuererklärung für das Realteilungsjahr gekoppelt ist (BMF Erlass vom 19.12.2018, BStBl I 2019, 6; unter Tz. VIII). Veräußerungen/Entnahmen innerhalb dieser Frist lösen für Einzel-WG rückwirkend den Realisationstatbestand aus.

Eine Übertragung einzelner WG des Gesamthandsvermögens in das Gesamthandsvermögen einer anderen Mitunternehmerschaft, an der der Realteiler ebenfalls beteiligt ist, ist jedoch zu Buchwerten nicht möglich. Dies gilt auch dann, wenn es sich um eine personenidentische Schwesterpersonengesellschaft handelt.

Die Einschränkungen der Steuerneutralität bei (un-)mittelbaren Übertragungen auf KapGes sind gem. § 16 Abs. 3 Satz 4 EStG auch bei der Realteilung mit Einzel-WG zu beachten.

Beispiel 13:

A

Bilanz der E-KG (in T€)

P

Buchwert

Buchwert

Buchwert

Teilwert

Bet. an K-KG

300

700

Kapital E

500

700

Einzel-WG

1 000

1 000

Kapital F

500

700

Verbindlichkeiten

300

300

Summe

1 300

1 700

Summe

1 300

1 700

Die Zielsetzung der Beteiligten E und F geht dahin, dem E die Einzel-WG – zusammen mit den Schulden – für dessen Betrieb zu übertragen, während F den MU-Anteil an der X-KG erhält. Damit kann zunächst ohne Ausgleichszahlungen eine Auflösung der E-KG erreicht werden.

Lösung 13:

Zunächst gilt einvernehmlich die Aussage, dass die einseitige Übernahme von Betriebsschulden – wie hier durch E, der alle Schulden der E-KG übernimmt – nicht als Gegenleistung bzw. als sog. Spitzenausgleich zu werten ist. Hieraus ergibt sich eine sehr flexible Gestaltung der Realteilung, da durch disquotale Übernahme von Betriebsschulden für einen steuerunschädlichen adäquaten Ausgleich gesorgt werden kann. Eine vergleichbare Möglichkeit besteht durch die über-/unterquotale Übernahme evtl. vorhandener liquider Mittel.

Als Voraussetzung für die neutrale Überführung von Einzel-WG werden nach Satz 3 Sperr- oder Haltefristen für die betroffenen WG festgeschrieben, die drei Jahre nach Abgabe der Feststellungserklärung enden. Dabei gilt diese Sperrfrist nur für wesentliche WG wie GruBo, Gebäude und andere wesentliche Betriebsgrundlagen.

Ebenso gilt nach Satz 4 die Körperschaftsklausel, die bei einer direkten oder reflexartigen Übertragung auf eine KapGes zur Realisation zwingt. Dies ist immer dann der Fall, wenn die GmbH vermögensmäßig an der Mitunternehmerschaft (KG) beteiligt ist. Letzteres gilt auch dann, wenn die Überführung der Einzel-WG auf eine MU-Beteiligung des Realteilers mit einer GmbH im Sonder-BV erfolgt.

Fazit: Eine → Realteilung gem. § 16 Abs. 3 EStG auch mit Einzel-WG hat zu Buchwerten zu erfolgen. Dies wird nachträglich korrigiert (Aufdeckungszwang), wenn ein wesentliches Einzel-WG innerhalb der Sperrfrist veräußert wird. »Profitiert« von der Übertragung direkt oder indirekt eine KapGes, so ist insoweit bereits im Zeitpunkt der Zuteilung eine anteilige Aufdeckung der Reserven geboten.

4. Gleichzeitige Anwendung von § 6 Abs. 3 und Abs. 5 EStG bei Überführung von funktional wesentlichem Sonderbetriebsvermögen in ein anderes Betriebsvermögen/Sonderbetriebsvermögen nach § 6 Abs. 5 EStG

Wird im Zeitpunkt der Übertragung des Anteils am Gesamthandsvermögen funktional wesentliches Betriebsvermögen/Sonderbetriebsvermögen nach § 6 Abs. 5 Satz 3 EStG zum Buchwert übertragen oder nach § 6 Abs. 5 Satz 1 oder Satz 2 EStG in ein anderes Betriebsvermögen/Sonderbetriebsvermögen des Stpfl. überführt, ist § 6 Abs. 3 Satz 1 EStG gleichwohl auf die Übertragung des reduzierten Mitunternehmeranteils anwendbar (BMF vom 20.11.2019, BStBl I 2019, 1291, Rz. 10).

Die gleichzeitige Anwendung der beiden Buchwertprivilegien nach § 6 Abs. 5 EStG (Auslagerung von funktional wesentlichem Betriebsvermögen/Sonderbetriebsvermögen) und § 6 Abs. 3 EStG ist möglich, denn es steht der Anwendung des § 6 Abs. 3 EStG nicht entgegen, dass im Zeitpunkt der Übertragung nach § 6 Abs. 3 EStG zum Betriebsvermögen/Sonderbetriebsvermögen der Mitunternehmerschaft gehörende WG zeitgleich oder taggleich nach § 6 Abs. 5 EStG überführt oder übertragen werden (BFH vom 2.8.2012, IV R 41/11, BStBl II 2019, 715 und vom 12.5.2016, IV R 12/15, BStBl II 2019, 726).

5. Literaturhinweise

Zu § 6 Abs. 5 EStG: Groh, Teilwerteinbringung von betrieblichen Einzel-WG in eine PersG, DB 2003, 1403; Korn, Buchwertfortführung für die Übertragung von Einzel-WG bei Mitunternehmerschaften, KÖSDI 2002, 13272; van Lishaut, Einzelübertragung bei Mitunternehmerschaften, DB 2001, 1519; Wendt, Übertragung von WG zwischen Mitunternehmern und Mitunternehmerschaften, FR 2002, 53; Schulze, Übertragung von Einzelwirtschaftsgütern unter Beteiligung von KSt-Subjekten, Steuer und Studium 4/2016, 214 und 5/2016, 278; Strahl, Teleologische Reduktion von § 6 Abs. 5 Satz 6 EStG, NWB 10/2022, 653; Juhn und Karadeniz, Wirtschaftsgutübertragung bei Schwesterpersonengesellschaften, NWB 9/2023, 614; Schmitz, Die Umsatzsteuer im Lichte von § 6 Abs. 5 EStG, NWB 6/2024, 392.

Zu § 16 Abs. 3 Satz 2 EStG: Paus, Erweiterter Anwendungsbereich der Realteilung, NWB 8/2018, 504; Gragert, Echte und unechte Realteilung – Unterschiede in der steuerlichen Behandlung, NWB 8/2019, 476.

6. Verwandte Lexikonartikel

Betriebsaufgabe

Einlage

Mitunternehmerschaft

Personengesellschaften

Realteilung gem. § 16 Abs. 3 EStG

Steuerliche Sperrfristen

Unentgeltliche Übertragung von Wirtschaftsgütern

Veräußerungsgewinn

 

Redaktioneller Hinweis:© Schäffer-Poeschel Verlag für Wirtschaft, Steuern, Recht, Stuttgart.

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