1 Bedeutung
2 Zeitpunkt der Lieferung
2.1 Zeitpunkt der unbewegten Lieferung
2.2 Zeitpunkt der bewegten Lieferung
2.3 Zeitpunkt der Lieferung für Zwecke des Vorsteuerabzugs der Einfuhrumsatzsteuer
2.4 Sukzessivlieferungen
3 Zeitpunkt der sonstigen Leistung
4 Sonderfälle
4.1 Leasinggesellschaften
4.2 Forderungsverkauf
4.3 Kauf auf Probe/Kauf mit Rückgaberecht
4.4 Steuerentstehung bei späterer Vereinnahmung des Entgelts
4.5 Steuerentstehung bei Vereinbarung einer Ratenzahlung
Der genaue Zeitpunkt einer umsatzsteuerbaren und umsatzsteuerpflichtigen Leistung (Lieferung oder sonstige Leistung) ist entscheidend für den Zeitpunkt der Steuerentstehung bei Unternehmern, die ihre Umsätze nach vereinbarten Entgelten besteuern (Sollversteuerung). Nach § 13 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a Satz 1 UStG i.V.m. § 16 Abs. 1 Satz 1 UStG entsteht die Steuer in diesen Fällen grundsätzlich mit Ablauf des Voranmeldungszeitraums, in dem die jeweilige Leistung ausgeführt worden ist. Abweichend hiervon entsteht die Umsatzsteuer im Fall von sog. Teilleistungen gem. § 13 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a Satz 2 i.V.m. Satz 1 UStG mit Ablauf des Voranmeldungszeitraumes, in dem die einzelne Teilleistung ausgeführt wurde. Teilleistungen liegen vor, wenn die betreffende Leistung wirtschaftlich teilbar ist und eine gesonderte Entgeltsvereinbarung geschlossen wurde, § 13 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a Satz 3 UStG. Der klassische Fall einer Teilleistung ist eine dauerhafte Grundstücksvermietung mit – wie im allgemeinen Geschäftsverkehr üblich – monatlicher Mietzahlung. Der Zeitpunkt der Leistung ist als Folge der Steuerentstehung auch entscheidend dafür, in welchem Voranmeldungszeitraum die jeweilige Umsatzteuer beim Finanzamt anzumelden ist (vgl. Abschn. 13.1 UStAE).
Im Ausnahmefall der Istversteuerung (Versteuerung nach vereinnahmten Entgelten) entsteht die Umsatzsteuer nicht bereits mit Leistungsausführung, sondern erst mit Ablauf des Voranmeldungszeitraums, im dem das jeweilige Leistungsentgelt vereinnahmt wurde. Insoweit hat der genaue Zeitpunkt der Leistung keine entscheidende Bedeutung für die Steuerentstehung. Die Istversteuerung kann unter den Voraussetzungen des § 20 UStG auf Antrag des Stpfl. vom FA genehmigt werden (vgl. hierzu Abschn. 13.6 UStAE). Darüber hinaus kommt auch im Falle der Sollversteuerung eine Besteuerung nach dem Zeitpunkt der Vereinnahmung des Leistungsentgelts in Frage, nämlich immer dann, wenn das Entgelt ganz oder teilweise vor Ausführung der Leistung oder Teilleistung vereinnahmt, also eine An-, Voraus- oder Abschlagszahlung geleistet wurde (Anzahlungsbesteuerung), § 13 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a Satz 4 UStG i.V.m. Abschn. 13.5 UStAE). Soweit also Anzahlungen geleistet werden, entsteht die Steuer – auch bei Sollversteuerung – nach dem Istprinzip.
Lieferungen – einschließlich Werklieferungen – sind grundsätzlich in dem Zeitpunkt ausgeführt, zu dem der Leistungsempfänger die Verfügungsmacht über den zu liefernden Gegenstand erlangt. Dies ist bei Lieferungen ohne Warenbewegung (unbewegten Lieferungen) der Zeitpunkt des Übergangs des zivilrechtlichen oder zumindest des wirtschaftlichen Eigentums, vgl. Abschn. 13.1 Abs. 2 Satz 1 UStAE).
Eine Sonderregelung gilt für Werklieferungen in der Bauwirtschaft, also insbes. Leistungen zur Herstellung, zum Ausbau, zur Erweiterung oder Reparatur von Bauwerken. Soweit in diesen Fällen zwischen Bauunternehmer und Auftraggeber eine Abnahme vereinbart ist, wird die Werklieferung nach Abschn. 13.2 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 UStAE im Zeitpunkt der Übergabe und Abnahme des fertiggestellten Werks ausgeführt (vgl. BFH vom 5.9.2019, V R 38/17, BStBl II 2022, 696). Dies gilt unabhängig davon, dass das Eigentum an den verwendeten Baustoffen nach den einschlägigen Regelungen des BGB (§§ 946, 93, 94 BGB) bereits im Zeitpunkt ihrer Verbindung mit dem Grund und Boden an den Auftraggeber übergeht. Dabei kommt es auf die genaue Form der Abnahme nicht an, der Abnehmer kann das Werk insbes. auch durch schlüssiges Verhalten wie bspw. Ingebrauchnahme abnehmen. Unbeachtlich ist in diesem Fall, dass eine förmliche Abnahme erst später oder überhaupt nicht erfolgen soll.
Anders als bei der unbewegten Lieferung gelten Lieferungen mit Warenbewegung (bewegte Lieferungen), bei denen der Lieferort nach § 3 Abs. 6 UStG bestimmt wird, gem. Abschn. 13.1 Abs. 2 Satz 2 UStAE im Zeitpunkt des Beginns der Beförderung oder Versendung des Gegenstands als ausgeführt (vgl. BFH vom 6.12.2007, V R 24/05, BStBl II 2009, 490). Der Lieferzeitpunkt folgt insoweit dem Lieferort. Auch dieser bestimmt sich bei Lieferungen mit Warenbewegung nach dem Ort, an dem die jeweilige Warenbewegung beginnt. Bei sog. Beförderungslieferungen, also Lieferungen, bei denen die Warenbewegung durch den Lieferer, den Abnehmer oder deren unselbstständige Erfüllungsgehilfen durchgeführt wird, liegt der Lieferort nach § 3 Abs. 6 Satz 1 UStG am Ort des Beginns der Beförderung. Analog dazu liegt der Lieferort bei sog. Versendungslieferungen i.S.d. § 3 Abs. 6 Satz 3 UStG, also Lieferungen, bei denen die Warenbewegung durch einen selbstständigen Beauftragten des Lieferers oder Abnehmers (Transportunternehmer) durchgeführt wird, am Ort des Beginns der Versendung, sprich am Ort der Übergabe des Transportguts an den selbstständigen Beauftragten, vgl. § 3 Abs. 6 Satz 1 und 4 UStG.
In Abschn. 15.8 Abs. 4 UStAE hat die Finanzverwaltung klargestellt, dass sich der Zeitpunkt der Lieferung für Zwecke des Vorsteuerabzugs der Einfuhrumsatzsteuer aus der Einfuhr von Gegenständen für das Unternehmen (§ 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 UStG) nicht nach den zivilrechtlichen Handelsklauseln (sog. Incoterms), sondern nach den umsatzsteuerlichen Ortsbestimmungen des § 3 Abs. 6 bis 8 UStG richtet. Dies gilt nach Abschn. 15.8 Abs. 4 Satz 4 UStAE entsprechend auch im Fall eines Reihengeschäfts.
Demzufolge gilt in Fällen des § 3 Abs. 6 UStG als Lieferzeitpunkt der Zeitpunkt, in dem die Beförderung oder Versendung des Liefergegenstandes beginnt, und in Fällen des § 3 Abs. 7 Satz 1 UStG der Zeitpunkt der Verschaffung der Verfügungsmacht am Liefergegenstand. Zeitpunkt der Lieferung in Fällen des § 3 Abs. 8 UStG hingegen ist der Zeitpunkt, in dem die Ware ins Inland gelangt ist.
Bei sog. Sukzessivlieferungsverträgen ist der Zeitpunkt jeder einzelnen Lieferung maßgebend. Lieferungen von Elektrizität, Gas, Wärme, Kälte und Wasser sind jedoch erst mit Ablauf des jeweiligen Ablesezeitraums als ausgeführt zu behandeln. Die während des Ablesezeitraums geleisteten Abschlagszahlungen der Tarifabnehmer sind nicht als Entgelt für Teilleistungen anzusehen; sie führen jedoch bereits mit Ablauf des Voranmeldungszeitraums ihrer Vereinnahmung nach § 13 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a Satz 4 UStG zur Entstehung der Umsatzsteuer (vgl. Abschn. 13.1 Abs. 2 Satz 3 ff. UStAE).
Sonstige Leistungen, insbes. auch Werkleistungen, sind gem. Abschn. 13.1 Abs. 3 UStAE grundsätzlich im Zeitpunkt ihrer Vollendung ausgeführt. Bei zeitlich begrenzten Dauerleistungen, z.B. Duldungs- oder Unterlassungsleistungen (vgl. Abschn. 3.1 Abs. 4 UStAE), ist die Leistung mit Beendigung des entsprechenden Rechtsverhältnisses ausgeführt, es sei denn, die Beteiligten hatten Teilleistungen (vgl. Abschn. 13.4 UStAE) vereinbart. Wird für eine sonstige Leistung eine Anzahlung gezahlt, so entsteht die darauf entfallende Umsatzsteuer mit Ablauf des Voranmeldungszeitraums, in dem die Anzahlung vereinnahmt wurde.
Eine Sonderregelung gilt auch hier für Werkleistungen in der Bauwirtschaft, also insbes. Leistungen im Zusammenhang mit der Herstellung, dem Ausbau, der Erweiterung oder Reparatur von Bauwerken, wenn es sich nicht um Werklieferungen handelt. Soweit in diesen Fällen zwischen Bauunternehmer und Auftraggeber eine Abnahme vereinbart ist, wird die Werkleistung nach Abschn. 13.2 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 UStAE im Zeitpunkt der Übergabe und Abnahme des fertiggestellten Werks ausgeführt.
Eine Leasinggesellschaft, die ihrem Kunden (Mieter) eine Sache gegen Entrichtung monatlicher Leasingraten überlässt, erbringt eine Dauerleistung, die entsprechend der Vereinbarung über die monatlich zu zahlenden Leasingraten in Form von Teilleistungen (vgl. Abschn. 13.4 UStAE) bewirkt wird (Abschn. 13.1 Abs. 4 UStAE). Die Steuer entsteht jeweils mit Ablauf des monatlichen Voranmeldungszeitraums, für den die Leasingrate zu entrichten ist.
Tritt die Leasinggesellschaft ihre Forderung gegen den Mieter auf Zahlung der Leasingraten an eine Bank ab, die das Risiko des Ausfalls der erworbenen Forderung übernimmt, führt die Vereinnahmung des Abtretungsentgelts nicht zur sofortigen Entstehung der Steuer für die Vermietung nach § 13 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a Satz 4 UStG, weil das Abtretungsentgelt nicht zugleich Entgelt für die der Forderung zu Grunde liegende Vermietungsleistung ist. Die Bank zahlt das Abtretungsentgelt für den Erwerb der Forderung, nicht aber als Dritter für die Leistung der Leasinggesellschaft an den Mieter. Die Leasinggesellschaft vereinnahmt das Entgelt für ihre Vermietungsleistung vielmehr jeweils mit der Zahlung der Leasingraten durch den Mieter an die Bank, weil sie insoweit gleichzeitig von ihrer Gewährleistungspflicht für den rechtlichen Bestand der Forderung gegenüber der Bank befreit wird. Dieser Vereinnahmungszeitpunkt wird in der Regel mit dem Zeitpunkt der Ausführung der einzelnen Teilleistung übereinstimmen.
Mit Urteil vom 27.11.2019, V R 25/18 (LEXinform 0952038) hat der BFH entschieden, dass die Leistung bei einem Sale-and-lease-back-Geschäft erst mit Beendigung aller dieser Leistung zugrunde liegenden Rechtsverhältnisse erbracht ist, wenn die Leistung des Käufers (Leasinggeber) in der Mitwirkung an einer bilanziellen Gestaltung des Verkäufers (Leasingnehmer) als zeitlich begrenzter Dauerleistung besteht.
Im Streitfall erwarb eine GbR im Jahr 2006 von einer GmbH elektronische Systeme und verleaste diese unmittelbar danach für einen Zeitraum von 48 Monaten wieder zurück an die GmbH. Dabei gewährte die GmbH der GbR zur Finanzierung des Kaufpreises Darlehen. Grund für dieses Sale-and-lease-back-Geschäft war, der GmbH den Ansatz eines Aktivpostens in Form einer Forderung gegenüber der GbR in ihrer Bilanz zu ermöglichen und dadurch mehr Eigenkapital auszuweisen. Die von ihr selbst entwickelten Systeme konnte die GmbH als immaterielle Wirtschaftsgüter nach § 248 Abs. 2 HGB a.F. i.V.m. § 5 Abs. 2 EStG nicht in ihrer Bilanz ausweisen. Im März 2007 zahlte die GmbH lediglich die erste Leasingrate für Februar 2007, weitere Zahlungen erfolgten nicht, worauf die GbR den Lessingvertrag schließlich im Januar 2008 kündigte.
Die GbR ging davon aus, sie habe umsatzsteuerpflichtige Leasingleistungen erbracht und rechnete im März 2007 gegenüber der GmbH Leasinggebühren mit monatlich 23 500 € zuzüglich Umsatzsteuer von 4 465 € für die volle Vertragslaufzeit ab. In der Umsatzsteuererklärung 2007 erklärte sie nur die Umsatzsteuer für die im März 2007 gezahlte Leasingrate. Im Unterschied dazu nahmen Finanzamt und Finanzgericht eine umsatzsteuerfreie Kreditgewährung an und sahen die im Leasingvertrag vereinbarte Umsatzsteuer von 4 465 € monatlich als nicht gesetzlich geschuldet an, so dass die Rechnung einen unrichtigen Steuerausweis nach § 14c UStG enthalten habe. Dementsprechend setzte das FA die Umsatzsteuer 2007 auf 49 115 € (4 465 € x 11 Monate) fest.
Im Revisionsverfahren des ersten Rechtsgangs hob der BFH das zuvor ergangene FG-Urteil auf und verwies die Sache an das FG zurück (BFH vom 6.4.2016, V R 12/16, BStBl II 2017, 188). Maßgeblicher Leistungsinhalt sei nicht eine Kreditgewährung gewesen, sondern die Mitwirkung an der bilanziellen Gestaltung, die es der GmbH ermöglichte, eine Forderung als Gegenwert für die selbst geschaffenen immateriellen Wirtschaftsgüter zu aktivieren. Im zweiten Rechtsgang gab das FG der Klage statt. Die Mitwirkungsleistung sei als einmalige Leistung (nicht als Dauerleistung) nicht im Streitjahr 2007, sondern bereits im Vorjahr 2006 erbracht worden. Mit erneuter Revision wandte das FA ein, die GbR habe nicht eine einmalige Mitwirkungsleistung, sondern zu einer Dauerleistung führende Teilleistungen bewirkt.
Nach Ansicht des BFH (Urteil vom 27.11.2019, V R 25/18, LEXinform 0952038) liegt im Streitfall eine zeitlich begrenzte Dauerleistung vor. Die Gesamtheit der Verträge (Kauf, Darlehen, Leasing) ergebe, dass die Leistung der GbR weder in einer Lieferung noch in einer Nutzungsüberlassung, sondern in der Mitwirkung an einer bilanziellen Gestaltung bei der GmbH bestehe. Diese Mitwirkungsleistung sei nicht im Streitjahr 2007 und auch – entgegen dem FG – nicht 2006, sondern erst 2008 erbracht worden, sodass auch die Umsatzsteuer nicht im Jahr 2007 entstanden sei. Die Umqualifizierung von Kauf, Darlehen und Leasing in eine Mitwirkungsleistung führe dazu, dass das Entgelt nicht aus der Summe der Leasingraten bestehe, sondern aus dem Saldo aus Leasingraten, Kaufpreis und Darlehenszinsen.
Bei zeitlich begrenzten Dauerleistungen (z.B. Duldungs- oder Unterlassungsleistungen) komme es – so der BFH – für die Leistungsausführung und damit für die Frage der Steuerentstehung auf die Beendigung der zugrundeliegenden Rechtsverhältnisse an (Abschn. 13.1 Abs. 3 UStAE). Maßgebend für die Steuerentstehung sei nicht der Zeitpunkt der prägenden Leistungshandlung, sondern der Zeitpunkt des Abschlusses der Leistung mit Beendigung des Leasingvertrags durch die Kündigung im Jahr 2008 und somit nicht im Streitjahr 2007.
Weiterhin stellte der BFH klar, dass im Streitfall weder Teilleistungen noch Anzahlungen vorliegen, was ggf. nach § 13 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a Satz 2 bis 4 UStG Auswirkungen auf den Zeitpunkt der Steuerentstehung gehabt hätte. Die Annahme von Teilleistungen scheitere an der fehlenden wirtschaftlichen Teilbarkeit der erbrachten Mitwirkungsleistung. Nicht entscheidend sei, dass monatliche Leasingraten vereinbart waren, weil im Streitfall keine Nutzungsüberlassung, sondern eine Mitwirkungsleistung vorliege. Anzahlungen kämen nur in Frage, wenn die GbR Zahlungen vereinnahmt hätte, die die von ihr geleisteten Zahlungen (Kaufpreis und Darlehenszinsen) übersteigen, was jedoch nicht der Fall war.
Schließlich besteht nach Meinung des BFH auch keine Steuerschuld nach § 14c UStG, da der einmalig vorgenommene Steuerausweis die für die Mitwirkungsleistung insgesamt geschuldete Steuer nicht übersteige. Ob die ausgestellte Rechnung als Dauerrechnung anzusehen ist, könne wegen des Ausbleibens weiterer Zahlungen dahinstehen.
Nach den unter 4.1 dargestellten Grundsätzen ist auch in anderen Fällen zu verfahren, in denen Forderungen für noch zu erbringende Leistungen oder Teilleistungen verkauft werden (Abschn. 13.1 Abs. 5 UStAE).
Bei einem Kauf auf Probe (§ 454 BGB) im Versandhandel kommt der Kaufvertrag noch nicht mit der Zusendung der Ware, sondern erst nach Ablauf der vom Verkäufer eingeräumten Billigungsfrist oder durch Überweisung des Kaufpreises zu Stande. Erst zu diesem Zeitpunkt ist umsatzsteuerrechtlich die jeweilige Lieferung ausgeführt (BFH vom 6.12.2007, V R 24/05, BStBl II 2009, 490). Dagegen ist bei einem Kauf mit Rückgaberecht bereits mit der Zusendung der Ware der Kaufvertrag zustande gekommen und die Lieferung ausgeführt (Abschn. 13.1 Abs. 6 UStAE).
Mit Beschluss vom 28.9.2022, XI R 28/20, BFHE 278, 355, BStBl II 2023, 598 (LEXinform 0953466) hat der BFH zum Zeitpunkt der Entstehung der Umsatzsteuer bei späterer Vereinnahmung des Entgelts Stellung genommen. Die leistungserbringende Unternehmerin errichtete eine Photovoltaikanlage und hatte mit dem Leistungsempfänger und Betreiber der Photovoltaikanlage vereinbart, dass das Entgelt für die Errichtung der Anlage nur insoweit geschuldet wird, als es durch Einnahmen aus der Stromeinspeisung beglichen werden kann. Die klagende Unternehmerin war dementsprechend der Meinung, die Umsatzsteuer entstehe nicht insgesamt im Zeitpunkt der Ausführung der Leistung bzw. der vereinbarten Teilleistungen, sondern erst ratierlich mit Zufluss der jeweiligen Einspeisevergütungen beim Leistungsempfänger.
Abweichend davon hat der BFH in seinem Beschluss festgestellt, die Umsatzsteuer entstehe auch dann bereits mit Leistungsausführung nach § 13 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a Satz 1 und 2 UStG, wenn der Unternehmer mit dem Betreiber der Photovoltaikanlage vereinbart, dass das Entgelt hierfür – wie im zugrunde liegenden Sachverhalt gegeben – nur insoweit geschuldet wird, als es durch Einnahmen aus der Stromeinspeisung beglichen werden kann.
Auch eine Steuerberichtigung nach § 17 Abs. 2 Nr. 1 i.V.m. Abs. 1 Satz 1 UStG kommt nach Meinung des Gerichts nicht in Betracht, insbes. sei die Rspr. zu sog. Sicherungseinbehalten bei Gewährleistungsansprüchen, die die Anwendung des § 17 Abs. 2 Nr. 1 UStG bejaht (vgl. BFH vom 24.10.2013, V R 31/12, BFHE 243, 451, BStBl II 2015, 674), nicht auf den Streitfall übertragbar, da den jeweiligen Urteilen unterschiedliche Sachverhalte zugrunde liegen. Bei der Pflicht zur Vorfinanzierung der Umsatzsteuer durch den Unternehmer im Falle der Sollversteuerung handelt es sich nach Meinung des BFH um eine bewusste Entscheidung des Unionsgesetzgebers und des nationalen Gesetzgebers, die nicht gegen allgemeine Rechtsgrundsätze wie z.B. den unionsrechtlichen Verhältnismäßigkeitsgrundsatz verstößt.
Der BFH hat mit Urteil vom 1.2.2022, V R 37/21, BStBl II 2022, 860 für den Fall der ratenweise über mehrere Jahre erfolgten Bezahlung einer Vermittlungsleistung entschieden, dass die Vereinbarung einer Ratenzahlung keine Uneinbringlichkeit i.S.d. § 17 Abs. 2 Nr. 1 UStG begründet und die gesamte Umsatzsteuer somit im Zeitpunkt der Ausführung der Vermittlungsleistung entsteht. Im zugrunde liegenden Streitfall hatte der BFH mit Vorlagebeschuss vom 7.5.2020, BStBl II 2021, 884 den EuGH angerufen und nach dessen Urteil vom 28.10.2021, C-324/20, DStR 2020, 1617 (X-Beteiligungsgesellschaft) in der o.a. Nachfolgeentscheidung entschieden. Der Rechtsprechung lag folgender Sachverhalt zugrunde:
Die Klägerin versteuerte ihre Umsätze nach vereinbarten Entgelten und erbrachte im Streitjahr 2012 aufgrund einer entsprechenden Honorarvereinbarung vom 7.11.2012 eine stpfl. Vermittlungsleistung im Rahmen eines Grundstückskaufvertrages an eine GmbH. Nach der Präambel der Honorarvereinbarung war der Grundstückskaufvertrag bereits beurkundet worden, sodass die Klägerin ihre Vermittlungsleistung zu diesem Zeitpunkt schon erbracht hatte. Als Gegenleistung für die Vermittlung war ein Honorar von 1 000 000 € zuzüglich Umsatzsteuer vereinbart, das in fünf Teilbeträgen von jeweils 200 000 € zuzüglich Umsatzsteuer gezahlt werden sollte. Die Teilbeträge waren in einem Abstand von jeweils einem Jahr fällig, wobei der erste Teilbetrag am 30.6.2013 zu zahlen war. In den Folgejahren erstellte die Klägerin zum jeweiligen Fälligkeitszeitpunkt Rechnungen mit Steuerausweis über die jeweiligen Teilbeträge von 100 000 €, vereinnahmte diese und unterwarf sie entsprechend der Vereinnahmung in fünf Teilbeträgen und in fünf aufeinanderfolgenden Jahren der Umsatzsteuer. Strittig zwischen den Parteien war, ob die anteilige Besteuerung der Vermittlungsleistung in Teilbeträgen nach deren Vereinnahmung zulässig ist oder ob die Umsatzsteuer bereits früher in vollem Umfang entstanden und folglich auch zu entrichten ist.
Das zuständige FA war der Meinung, die Klägerin habe aufgrund der 2012 erbrachten Vermittlungsleistung das gesamte Vermittlungshonorar bereits 2012 zu versteuern. Abweichend davon gab das zuständige FG Rheinland-Pfalz der Klage überwiegend statt; nach seiner Auffassung war lediglich der im Folgejahr (Juni 2013) fällige erste Teilbetrag von 200 000 € zu erfassen, im Übrigen sei wegen der hinausgeschobenen Fälligkeit über mehr als zwei Veranlagungszeiträume von einer Uneinbringlichkeit nach § 17 Abs. 2 Nr. 1 UStG auszugehen. Auf die Revision des FA hatte der BFH das Verfahren ausgesetzt und die Problematik dem EuGH vorgelegt.
Der EuGH schließlich vertritt in seinem o.a. Urteil vom 28.10.2021 die Meinung, die Nichtbezahlung eines Teilbetrags der Vergütung vor seiner Fälligkeit könne bei Vorliegen einer Ratenzahlungsvereinbarung nicht als Nichtbezahlung des Preises beurteilt handelt werden und führe daher nicht zu einer Minderung der umsatzsteuerlichen Bemessungsgrundlage wegen Uneinbringlichkeit nach § 17 Abs. 2 Nr. 1 UStG. Insbes. sei eine nicht vor dem Zahlungstermin fällige Honorarrate nicht gleichzusetzen mit der nur teilweisen Erfüllung einer bestehenden Forderung. Der BFH schließt sich der Auffassung des EuGH an und stellt in seiner Nachfolgeentscheidung vom 1.2.2022, V R 37/21, BStBl II 2022, 860 klar, dass die Vereinbarung einer Ratenzahlung keine Uneinbringlichkeit zur Folge hat. Dementsprechend hob der BFH das Urteil des FG Rheinland-Pfalz auf und verwies die Sache wieder an das FG zurück mit dem Auftrag, weitere Feststellungen zur Steuerentstehung bei Teilleistungen zu treffen.
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