1 Zweckbetrieb als wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb
2 Feststellung der Zweckbetriebseigenschaft
3 Allgemeiner Überblick über die Zweckbetriebe nach der Abgabenordnung
4 Begünstigte Zweckbetriebe nach § 65 AO
4.1 Grundsätzliches zur Anwendung des § 65 AO
4.2 Verwirklichung der satzungsmäßigen Zwecke
4.3 Verwirklichung der satzungsmäßigen Zwecke nur durch den Zweckbetrieb
4.3.1 Grundsätzliches zur satzungsmäßigen Verwirklichung
4.3.2 Umsätze einer Pferdepension
4.3.3 Erbringung von Verwaltungsdienstleistungen
4.3.4 Carsharing
4.4 Die Wettbewerbsklausel
4.4.1 Grundsätzliches zur Wettbewerbssituation
4.4.2 Verbraucherberatung und Verbraucherschutz
4.4.3 Gemeinnützige Beschäftigungsgesellschaften
4.4.4 Einrichtungen von Jugendzentren
4.4.5 Leistungen eines Rotkreuz-Ortsvereins beim Blutspendedienst
4.4.6 Die Tätigkeit der Dialysevereine
4.4.7 Betrieb einer Eislaufhalle
4.4.8 Fahrsicherheitstraining der regionalen Untergliederungen der Deutschen Verkehrswacht
4.4.9 Schülerbeförderung und Jugendreisen
4.4.10 Förderung der Tierzucht und Unterhaltung eines Tierheims
5 Wohlfahrtspflege und Krankentransporte
5.1 Definition der Wohlfahrtspflege
5.2 Zweckbetriebskriterium des § 66 AO »Nicht des Erwerbs wegen«
6 Steuerliche Behandlung der Tafeln
6.1 Allgemeines zu den Tafeln
6.2 Körperschaftsteuer/Gemeinnützigkeit
6.2.1 Beurteilung der Tafeln
6.2.2 Nachweispflicht
6.3 Umsatzsteuer
6.3.1 Beurteilung der Tafeln
6.3.2 Beurteilung der Unternehmer, die Lebensmittel abgeben
6.4 Gewerbesteuer
6.5 Spendenabzug
7 Krankenhäuser (§ 67 AO)
8 Besonderheiten bei sportlichen Veranstaltungen nach § 67a AO
9 Begünstigte Zweckbetriebe nach § 68 AO
10 Lotterien und Ausspielungen als Zweckbetrieb i.S.d. § 68 Nr. 6 AO
11 Körperschaftsteuerrechtliche Behandlung der Zweckbetriebe
12 Gewerbesteuerrechtliche Behandlung der Zweckbetriebe
13 Grundsteuerrechtliche Behandlung der Zweckbetriebe
14 Die Beendigung von Zweckbetrieben
14.1 Betriebsveräußerung
14.2 Änderung des Zwecks
14.3 Ausgliederung eines Zweckbetriebs
14.4 Entzug/Widerruf/Aberkennung der Gemeinnützigkeit
15 Mittelverwendung und Rücklagenbildung
16 Umsatzsteuerrechtliche Behandlung eines Zweckbetriebs
16.1 Steuerbarkeit der Umsätze
16.2 Steuerbefreiungen
16.3 Steuersätze im Überblick
16.3.1 Regelsteuersatz
16.3.2 Ermäßigter Steuersatz nach § 12 Abs. 2 Nr. 7 Buchst. a UStG
17 Steuersatzermäßigung für begünstigte Körperschaften nach § 12 Abs. 2 Nr. 8 Buchst. a UStG
17.1 Ermäßigter Steuersatz nach § 12 Abs. 2 Nr. 8 Buchst. a UStG im Überblick
17.2 Anwendungsgrundsatz nach Satz 1 des § 12 Abs. 2 Nr. 8 Buchst. a UStG
17.2.1 Steuerbegünstigte Zwecke
17.2.2 Gemeinnützige Zwecke
17.2.3 Mildtätige Zwecke
17.2.4 Kirchliche Zwecke
17.3 Tätigkeitsbereiche begünstigter Körperschaften
17.3.1 Ideeller Bereich
17.3.2 Vermögensverwaltung
17.3.3 Wirtschaftliche Geschäftsbetriebe
17.4 Steuerermäßigung für Zweckbetriebe nach § 12 Abs. 2 Nr. 8 Buchst. a Satz 3 Alt. 1 UStG
17.4.1 Beachtung von Wettbewerbsbedingungen
17.4.2 Konkurrentenauskunft bzw. -klage
17.5 Steuerermäßigung für Zweckbetriebe nach § 12 Abs. 2 Nr. 8 Buchst. a Satz 3 Alt. 2 UStG
18 Steuerermäßigung nach Unionsrecht
19 Rechnungserteilung i.S.d. § 14c UStG mit zu hohem Steuerausweis – auch an Nichtunternehmer
20 Literaturhinweise
21 Verwandte Lexikonartikel
Der Zweckbetrieb ist ein wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb i.S.v. § 14 AO (→ Wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb; AEAO zu § 64 Abs. 1, Tz. 1).
Nach § 64 Abs. 1 AO sind Zweckbetriebe nicht von der Steuerbegünstigung ausgeschlossen. Zweckbetriebe sind vielmehr gem. § 5 Abs. 1 Nr. 9 KStG von der KSt-Pflicht und nach § 3 Nr. 6 GewStG von der GewSt-Pflicht befreit.
Die Entscheidung über das Vorliegen eines Zweckbetriebs erfolgt i.d.R. im Rahmen einer gesonderten Feststellung nach § 60a AO. Dabei wird u.a. festgestellt, dass die Zweckbetriebe gem. § 5 Abs. 1 Nr. 9 KStG von der KSt-Pflicht und nach § 3 Nr. 6 GewStG von der GewSt-Pflicht befreit sind. Der Zweckbetrieb wird demnach unter bestimmten Voraussetzungen steuerlich dem begünstigten Bereich des Vereins (→ Verein) zugerechnet (AEAO zu § 65, Tz. 1).
Die Zweckbetriebseigenschaft erfolgt im Rahmen der Feststellung der Satzungsmäßigkeit des Vereins im Rahmen des § 60a Abs. 2 AO. Ein Zweckbetrieb muss tatsächlich und unmittelbar satzungsmäßige Zwecke der Körperschaft verwirklichen, die ihn betreibt. Es genügt nicht, wenn er begünstigte Zwecke verfolgt, die nicht satzungsmäßige Zwecke der ihn tragenden Körperschaft sind. Ebenso wenig genügt es, wenn er der Verwirklichung begünstigter Zwecke nur mittelbar dient, z.B. durch Abführung seiner Erträge (BFH vom 21.8.1985, I R 60/80, BStBl II 1986, 88). Ein Zweckbetrieb muss deshalb in seiner Gesamtrichtung mit den ihn begründenden Tätigkeiten und nicht nur mit den durch ihn erzielten Einnahmen den steuerbegünstigten Zwecken dienen (AEAO zu § 65, Tz. 2).
In den §§ 65 bis 68 AO regelt die Abgabenordnung die Zweckbetriebseigenschaft.
Zweckbetriebe |
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§ 65 AO |
§ 66 AO |
§ 67 AO |
§ 67a AO |
§ 68 AO |
Allgemeine Definition des Zweckbetriebs |
Wohlfahrtspflege |
Krankenhäuser |
Sportliche Veranstaltungen |
Andere Zwecke |
Auffangtatbestände |
Spezialvorschriften Voraussetzungen sind erfüllt: Spezialvorschrift geht vor Auffangvorschrift (AEAO zu § 68, Tz. 1). Auch wenn die Voraussetzungen des § 65 Nr. 1 bis 3 AO nicht erfüllt sind (z.B. Wettbewerbsverbot), liegt ein Zweckbetrieb vor. |
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Wenn die Voraussetzungen der §§ 66 bis 68 AO nicht erfüllt sind, sind die Voraussetzungen des § 65 AO zu prüfen. |
Der wirtschaftliche Geschäftsbetrieb wird jedoch unter bestimmten Voraussetzungen steuerlich dem begünstigten Bereich des Vereins zugerechnet. Für die Annahme eines Zweckbetriebes müssen alle drei Voraussetzungen des § 65 AO gegeben sein (vgl. BFH vom 18.3.2004, V R 101/01, BStBl II 2004, 798 und vom 13.6.2012, I R 71/11, BFH/NV 2013, 89, LEXinform 0928899).
Nach § 65 Nr. 1 AO ist ein Zweckbetrieb gegeben, wenn der wirtschaftliche Geschäftsbetrieb in seiner Gesamtrichtung dazu dient, die steuerbegünstigten satzungsmäßigen Zwecke der Körperschaft zu verwirklichen, die ihn betreibt.
Es genügt nicht, wenn der Zweckbetrieb begünstigte Zwecke verfolgt, die nicht satzungsmäßige Zwecke der ihn tragenden Körperschaft sind (AEAO zu § 65, Tz. 2). So dient der Munitionsverkauf eines gemeinnützigen Jagdvereins zur Verwendung auf der vereinseigenen Schießanlage in seiner Gesamtrichtung nicht dazu, die steuerbegünstigten satzungsmäßigen Zwecke zu verwirklichen (FG Münster vom 17.9.2020, 5 K 2437/18, LEXinform 5023371, rkr., s.a. FG Münster Mitteilung vom 16.11.2020, LEXinform 0457562).
Ebenso wenig genügt es, wenn er der Verwirklichung begünstigter Zwecke nur mittelbar dient, z.B. durch Abführung seiner Erträge.
Der Wortlaut des § 65 Nr. 1 AO verlangt lediglich, dass der wirtschaftliche Geschäftsbetrieb zur Verwirklichung der steuerbegünstigten satzungsmäßigen Zwecke »dient«, nicht aber eine »unmittelbare« Erfüllung der gemeinnützigen satzungsmäßigen Zwecke durch den wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb (BFH vom 21.4.2022, V R 26/20, BStBl II 2022, 599, Rz. 15, 25). Der Zweckbetrieb muss sich nach seiner Tätigkeit zwar als »unentbehrlicher Hilfsbetrieb« für die steuerbegünstigten Satzungszwecke darstellen (BFH vom 5.8.2010, V R 54/09, BStBl II 2011, 191), diesen also »dienen«, jedoch nicht zwingend selbst unmittelbar die steuerbegünstigten Satzungszwecke verwirklichen.
Danach ist die Durchführung und Abnahme von Jagdprüfungen durch einen gemeinnützigen Verein, dessen satzungsmäßiger Zweck die »Pflege und Sicherung der Lebensräume der Gesamtheit der wildlebenden Arten und die Hege und Erhaltung artenreicher Wildbestände« ist, ein Zweckbetrieb, weil zur Erreichung dieses satzungsmäßigen Zwecks Jäger notwendig sind und es ohne die Organisation und Abnahme der Jagdprüfung binnen absehbarer Zeit keine Jäger mehr gäbe (BFH vom 21.4.2022, V R 26/20, BStBl II 2022, 599, Leitsatz 1). Die Steuerbefreiung des Vereins für die Organisation und Durchführung der Jägerprüfung ist auch keine unionsrechtlich unzulässige Beihilfe (BFH V R 26/20, Leitsatz 2 und Rz. 36 ff.).
Karnevalsitzungen sind als Zweckbetrieb einzuordnen, wenn der Satzungszweck des Vereins die Förderung des traditionellen Brauchtums einschließlich des Karnevals ist (s. FG Rheinland-Pfalz vom 27.5.2010, 6 K 1104/09, EFG 2010, 1552, rkr.). Einkünfte einer wegen Förderung des Brauchtums als gemeinnützig anerkannten Körperschaft aus dem Verkauf von Karnevalsorden sind körperschaftsteuerpflichtig (FG Köln vom 18.4.2012, 13 K 1075/08, EFG 2012, 1693, rkr.).
Ein von einem gemeinnützigen Karnevalsverein in der Karnevalswoche durchgeführtes Kostümfest ist kein Zweckbetrieb. Nach dem Urteil des BFH vom 30.11.2016 (V R 53/15, BStBl II 2017, 1224) unterliegen die Einkünfte aus der Veranstaltung daher der KSt und die Umsätze dem Umsatzsteuerregelsatz.
Veranstaltet ein gemeinnütziger Karnevalsverein in der Woche zwischen Weiberfastnacht und Aschermittwoch eine Kostüm- und Tanzparty mit typischer Karnevalsmusik, karnevalistischen Tanzdarbietungen und weiteren Elementen klassischer Karnevalssitzungen, so handelt es sich nicht um einen sog. Zweckbetrieb (unentbehrlicher Hilfsbetrieb) zur Förderung des »traditionellen Brauchtums«. Ein Zweckbetrieb liegt nicht vor, wenn der wirtschaftliche Geschäftsbetrieb nur einen finanziellen Beitrag zur gemeinnützigen Tätigkeit leistet und deshalb abstrakt gesehen eine Zweckerreichung auch ohne diesen Geschäftsbetrieb denkbar wäre.
Die Annahme eines Zweckbetriebs scheitert auch an der Wettbewerbsklausel des § 65 Nr. 3 AO (s.u. den Gliederungspunkt »Wettbewerbsklausel«). Ausschlaggebend ist, dass eine Kostümparty während der Karnevalszeit auch von anderen Unternehmern veranstaltet werden kann. Der Verein ist in Wettbewerb mit nicht steuerbegünstigten kommerziellen Anbietern vergleichbarer Veranstaltungen getreten (s.a. Pressemitteilung des BFH Nr. 9/2017 vom 7.2.2017, LEXinform 0445869).
Nach § 65 Nr. 2 AO ist ein Zweckbetrieb gegeben, wenn die Zwecke nur durch einen solchen Geschäftsbetrieb erreicht werden können.
Die Körperschaft muss den Zweckbetrieb zur Verwirklichung ihrer satzungsmäßigen Zwecke unbedingt und unmittelbar benötigen (AEAO zu § 65 Tz. 3). Nach der zu § 65 Nr. 2 AO ergangenen Rspr. des BFH sind steuerbegünstigte Zwecke nur dann nicht ohne die wirtschaftliche Betätigung erreichbar, wenn sich der wirtschaftliche Geschäftsbetrieb von der Verfolgung des steuerbegünstigten Zwecks nicht trennen lässt, sondern vielmehr als das unentbehrliche und einzige Mittel zur Erreichung des steuerbegünstigten Zwecks anzusehen ist (BFH vom 12.6.2008, V R 33/05, BStBl II 2009, 221). Bei Anwendung der Vorschrift kommt es entscheidend auf den von der jeweiligen Körperschaft verfolgten steuerbegünstigten Satzungszweck und allein auf die Tätigkeit im wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb an.
Zur Umsatzsteuerbegünstigung von Leistungen einer Pferdepension hat der BFH mit Urteil vom 10.8.2016 (V R 14/15, BFH/NV 2017, 63, LEXinform 0950360, Rz. 32 ff.) entschieden, dass die umfassenden Pensionsleistungen zwar günstige Rahmenbedingungen für die Ausübung des Pferdesports, nicht aber ein unentbehrliches Mittel für die Erreichung des vom Verein verfolgten Zwecks, den Reitsport auf breiter Ebene zu pflegen und ihn Erwachsenen und besonders der Jugend zugänglich zu machen, darstellen. Die Umsätze im Rahmen der Pferdepension stellen einen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb dar. Zudem scheitert die Annahme eines Zweckbetriebs auch an § 65 Nr. 3 AO (s.u.), weil der Verein mit seinem für die Erreichung seiner Zwecke nicht unentbehrlichen Geschäftsbetrieb im direkten Wettbewerb mit den in seinem Einzugsbereich befindlichen Betrieben steht.
Verwaltungsdienstleistungen wie z.B. Kostenabrechnungen, Gehaltsabrechnungen, Behandlung von Personalkostenzuschüssen, Führung von Personalakten, Buchhaltung und Jahresabschlussarbeiten, die ein Verein aufgrund eines nach § 5a Abs. 2 ZDG abgeschlossenen Vertrags erbringt und die dazu dienen, dass Zivildienstleistende für amtliche Beschäftigungsstellen im sozialen Bereich tätig sind, stellen einen Zweckbetrieb dar (BFH vom 29.1.2009, V R 46/06, BStBl II 2009, 560, Leitsatz 2). Die Zweckbetriebseigenschaft scheitert nicht an § 65 Nr. 2 AO (BFH V R 46/06 unter II.5.).
Nach dem BMF-Schreiben vom 18.8.2015 (BStBl I 2015, 659) ist die BFH-Entscheidung zu § 65 AO über den entschiedenen Einzelfall hinaus nicht anzuwenden. Die begünstigten satzungsmäßigen Zwecke des Vereins können nicht nur durch den Geschäftsbetrieb seiner Verwaltungs- und Geschäftsstelle erreicht werden (§ 65 Nr. 2 AO). Im Übrigen tritt der Verein mit den Verwaltungsdienstleistungen an Dritte zu nicht begünstigten Betrieben derselben oder ähnlichen Art in größerem Umfang in Wettbewerb, als es bei der Erfüllung der steuerbegünstigten Zwecke unvermeidbar ist (§ 65 Nr. 3 AO).
Entgegen der im BMF-Schreiben vom 18.8.2015 (BStBl I 2015, 659) vertretenen Ansicht hat der BFH mit Urteil vom 15.3.2022 (V R 46/19, BStBl II 2022, 595) entschieden, dass die Übernahme der Verwaltung von Zivildienststellen für die Hilfseinrichtungen von einem Spitzenverband der freien Wohlfahrtspflege einen Zweckbetrieb nach § 65 AO begründet.
Entgegen dem Vorbringen des BMF hat das FG Münster als Vorinstanz nicht im Widerspruch zum BFH-Urteil vom 17.2.2010 (I R 2/08, BStBl II 2010, 1006, Rz. 26) entschieden, dass der wirtschaftliche Geschäftsbetrieb die steuerbegünstigten Zwecke nicht unmittelbar erfüllen müsse, sondern lediglich, dass der Zweckbetrieb nicht zwingend »selbst unmittelbar« die steuerbegünstigten Satzungszwecke verwirklichen muss. Diese Auffassung steht im Einklang mit den Ausführungen im BFH-Urteil I R 2/08, wonach das Handeln als Hilfsperson allein zwar keine eigene steuerbegünstigte Tätigkeit begründet, weil sie damit nur mittelbar steuerbefreite Zwecke fördert. Dies gilt jedoch nicht, »wenn die Körperschaft mit ihrer Hilfstätigkeit nicht nur die steuerbegünstigte Tätigkeit einer anderen Körperschaft unterstützt, sondern zugleich eigene steuerbegünstigte Satzungsziele verfolgt« (BFH V R 46/19, Rz. 31; s.a. Anmerkung vom 3.8.2022, LEXinform 0888362).
Die entgeltliche Fahrzeugüberlassung im Rahmen des »Carsharing« stellte einen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb dar. Es handelte sich nicht um Umsätze im Rahmen eines Zweckbetriebs, da der wirtschaftliche Geschäftsbetrieb »Carsharing« die Voraussetzungen des § 65 Nr. 2 AO nicht erfüllt (s.a. Abschn. 12.9. Abs. 4 Nr. 8 UStAE).
Nach § 65 Nr. 3 AO ist ein Zweckbetrieb gegeben, wenn der wirtschaftliche Geschäftsbetrieb zu nicht begünstigten Betrieben derselben oder ähnlicher Art nicht in größerem Umfang in Wettbewerb tritt, als es bei Erfüllung der steuerbegünstigten Zwecke unvermeidbar ist (AEAO zu § 65, Tz. 1 bis 4).
Gem. AEAO zu § 65, Tz. 4 ist ein Zweckbetrieb entgegen der Auffassung des BFH vom 30.3.2000 (V R 30/99, BStBl II 2000, 705), bereits dann nicht gegeben, wenn ein Wettbewerb mit stpfl. Unternehmen lediglich möglich wäre, ohne dass es auf die tatsächliche Wettbewerbssituation vor Ort ankommt. Unschädlich ist dagegen der uneingeschränkte Wettbewerb zwischen Zweckbetrieben, die demselben steuerbegünstigten Zweck dienen und ihn in der gleichen oder in ähnlicher Form verwirklichen.
Die Wettbewerbsklausel des § 65 Nr. 3 AO dient dem Schutz des Wettbewerbs, der durch selektive Begünstigungen nicht zu Lasten stpfl. Unternehmen gestört werden soll. Sie regelt den abwägenden Ausgleich zwischen der staatlichen Förderung des Allgemeinwohls und der durch Art. 3 Abs. 1 GG gebotenen Wettbewerbsneutralität des Steuerrechts. Die Frage, ob der Wettbewerb unvermeidbar i.S.v. § 65 Nr. 3 AO ist, ist vor dem Hintergrund der von Art. 3 Abs. 1 GG gebotenen staatlichen Wettbewerbsneutralität zu beantworten. Ein steuerlicher Eingriff in den Wettbewerb ist vor Art. 3 Abs. 1 GG nur gerechtfertigt, wenn ein hinreichender sachlicher Grund für eine steuerliche Bevorzugung bzw. Benachteiligung vorliegt. Es ist zwischen dem Interesse der Allgemeinheit an einem intakten Wettbewerb und an der steuerlichen Förderung gemeinnütziger Tätigkeiten abzuwägen. Sind die von der Körperschaft verfolgten steuerbegünstigten Zwecke auch ohne steuerlich begünstigte entgeltliche Tätigkeit zu erreichen, so ist aus der Sicht des Gemeinnützigkeitsrechts eine Beeinträchtigung des Wettbewerbs vermeidbar (vgl. BFH vom 17.2.2010, I R 2/08, BStBl II 2010, 1006).
Ein Wettbewerb i.S.d. Vorschrift ist gegeben, wenn der wirtschaftliche Geschäftsbetrieb und der oder die nicht begünstigten Betriebe dem gleichen Kundenkreis im gleichen Einzugsgebiet gleiche Leistungen anbieten oder anbieten könnten.
Zur Anwendung der Steuersatzermäßigung s.u. den Gliederungspunkt »Steuerermäßigung für Zweckbetriebe nach § 12 Abs. 2 Nr. 8 Buchst. a Satz 3 Alt. 1 UStG«.
Zur Annahme eines Zweckbetriebs bei der individuellen Verbraucherberatung hat der BFH mit Urteil vom 26.8.2021 (V R 5/19, BFH/NV 2022, 166, LEXinform 0952272) entschieden, dass eine Förderung von Verbraucherberatung und Verbraucherschutz (§ 52 Abs. 2 Satz 1 Nr. 16 AO) auch bei einer auf die individuelle Situation des Verbrauchers ausgerichteten Aufklärung und Information über Versicherungen vorliegt. Individuelle Verbraucherberatung gegen Entgelt kann im Rahmen eines steuerbegünstigten Zweckbetriebs nach § 65 AO erfolgen. Insbes. tritt der Verein durch seine entgeltlichen Finanzanalysen zu nicht begünstigten Betrieben derselben Art nur insoweit in Wettbewerb, als dies zur Erfüllung der steuerbegünstigten Zwecke unvermeidbar ist (§ 65 Nr. 3 AO).
§ 65 Nr. 3 AO dient dem Schutz des Wettbewerbs, der durch selektive Begünstigungen nicht zu Lasten stpfl. Unternehmen beeinträchtigt werden soll. Die sog. Wettbewerbsklausel regelt den abwägenden Ausgleich zwischen der staatlichen Förderung des Allgemeinwohls und der durch Art. 3 Abs. 1 GG gebotenen Wettbewerbsneutralität des Steuerrechts. Ein steuerlicher Eingriff in den Wettbewerb ist nur dann gerechtfertigt, wenn ein hinreichender sachlicher Grund für eine steuerliche Bevorzugung bzw. Benachteiligung vorliegt. Dabei ist zwischen dem Interesse der Allgemeinheit an einem intakten Wettbewerb und dem Interesse an der steuerlichen Förderung gemeinnütziger Tätigkeiten abzuwägen. Sind die von der Körperschaft verfolgten steuerbegünstigten Zwecke auch ohne steuerlich begünstigte entgeltliche Tätigkeit (»Zweckbetrieb«) zu erreichen, so ist aus der Sicht des Gemeinnützigkeitsrechts eine Beeinträchtigung des Wettbewerbs vermeidbar. Der Wettbewerbsgedanke tritt dagegen zurück, wenn die gemeinnützige Körperschaft ihre Dienstleistungen oder Waren einem Personenkreis anbietet, der das Waren- oder Dienstleistungsangebot der stpfl. Unternehmen überwiegend nicht in Anspruch nimmt. Gleiches gilt, wenn die Leistungen notwendiges Mittel zur Erreichung eines ideellen Zwecks sind, den Wettbewerber ihrerseits nicht verfolgen (BFH V R 5/19, Rz. 36).
Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze ist von einem nur »eingeschränkten« Wettbewerbsverhältnis zu Versicherungsportalen, Versicherungsmaklern und Versicherungsberatern auszugehen, weil diese Konkurrenten keine vergleichbaren Leistungen anbieten oder anbieten können: Während der Verein seine Finanzanalysen gegen Entgelt anbietet und auf neutrale Informationen beschränkt, erstellen Versicherungsportale zwar vergleichbare Analysen, dies aber unentgeltlich und zielgerichtet auf den Abschluss eines Versicherungsvertrags. Dasselbe gilt für Versicherungsmakler, deren Tätigkeit darauf gerichtet ist, den Kunden zum Abschluss eines Versicherungsvertrags zu bewegen und von der Versicherungsgesellschaft eine Provision zu erhalten. Mit dem Verein am ehesten vergleichbar ist der Versicherungsberater, da dieser ebenfalls gegen Entgelt tätig wird und seine Kunden unabhängig berät. Im Unterschied zum Verein steht bei diesem jedoch die persönliche Beratung des Kunden im Vordergrund.
Der BFH stellt fest, dass das Interesse der Allgemeinheit an der Förderung des steuerbegünstigten Zwecks überwiegt und begründet das damit, dass der Verein kein wirtschaftliches Interesse am Abschluss eines Versicherungsvertrags habe, sodass nur ihre Finanzanalysen einen unabhängigen Marktüberblick gewährleisten. Im Hinblick auf die Präsenz und Marktmacht der Vergleichsportale erweise sich ein von wirtschaftlichen Interessen unabhängiger Versicherungsvergleich zur Wahrung der Verbraucherschutzinteressen als besonders wichtig. Denn ein derartiger Überblick könne auch nicht vom unabhängigen Versicherungsberater geboten werden, für den die Erhebung der Daten des Großteils der am deutschen Markt angebotenen Versicherungen kein rentabler und leistbarer Aufwand darstelle (BFH V R 5/19, Rz. 39).
Beachte:
Der BFH hat in seinem Urteil V R 5/19 (s. Leitsatz 3) entschieden, dass der ermäßigte Umsatzsteuersatz – entgegen der Verwaltungsauffassung in Abschn. 12.9. Abs. 9 UStAE – bei allgemeinen Zweckbetrieben (§ 65 AO) nur unter den Voraussetzungen des § 12 Abs. 2 Nr. 8 Buchst. a Satz 3 Alt. 1 UStG anwendbar ist (Bestätigung der BFH-Rspr.).
Zur Anwendung des ermäßigten Umsatzsteuersatzes i.S.d. § 12 Abs. 2 Nr. 8 Buchst. a UStG s.u. den Gliederungspunkt »Steuerermäßigung für Zweckbetriebe nach § 12 Abs. 2 Nr. 8 Buchst. a Satz 3 Alt. 1 UStG« und dort »Beachtung von Wettbewerbsbedingungen«.
Eine Tätigkeit dient nach der Rspr. des BFH in ihrer Gesamtrichtung nur dann den steuerbegünstigten satzungsmäßigen Zwecken, wenn durch die Förderung der in der Satzung der Körperschaft dienenden Zwecke zwar Einnahmen erzielt werden, sich das erhobene Entgelt aber an dem Prinzip der Kostendeckung orientiert. Diese Voraussetzung ist nach der Rspr. des BFH nicht erfüllt, wenn ein Zweckbetrieb der Wohlfahrtspflege im Wesentlichen um des Erwerbs Willen anstatt zum Wohle der Allgemeinheit tätig wird (BFH vom 21.9.2016, V R 50/15, BStBl II 2017, 1173). Dabei ist zu beachten, dass auch dann, wenn die Anforderungen der spezielleren Regelungen des § 66 AO und § 68 Nr. 3 AO nicht vorliegen, dies nach ständiger Rechtsprechung des BFH nicht ausschließt, dass die Körperschaft mit ihrem Geschäftsbetrieb einen Zweckbetrieb nach den allgemeinen Merkmalen des § 65 AO unterhalten könnte (BFH vom 21.9.2016, V R 50/15, BStBl II 2017, 1173).
Mit Urteil vom 18.8.2022 (V R 49/19, BStBl II 2023, 298) hat der BFH in einem steuerrechtlichen Konkurrentenstreitverfahren entschieden, dass entgeltliche Dienstleistungen einer als gemeinnützig anerkannten Beschäftigungsgesellschaft nur dann einen steuerbegünstigten Zweckbetrieb begründen, wenn die ihren Auftraggebern erbrachten Leistungen das ausschließliche Ergebnis der Arbeitstherapie und somit notwendige Folge der Erfüllung ihres gemeinnützigen Zwecks sind (s. BFH Pressemitteilung Nr. 6/2023 vom 26.1.2023, LEXinform 0463371).
Hinweis:
Für die Zulässigkeit der Konkurrentenklage (Klagebefugnis) hat der Kläger nach dem BFH-Urteil vom 15.10.1997 (I R 10/92, BStBl II 1998, 63, unter II.B.5.) nicht nur ein Konkurrenzverhältnis schlüssig darzulegen, sondern auch die Wettbewerbsrelevanz der Nichtbesteuerung; hierzu bedarf es detaillierter Angaben zum Wettbewerbsverhältnis (gleicher Kundenkreis, gleichartiges Güterangebot) und zu den Auswirkungen einer Nichtbesteuerung auf das Wettbewerbsverhältnis (z.B. Verdrängungseffekte durch günstigere Preise). Maßgeblich für die Zulässigkeit einer Konkurrentenklage ist insoweit, dass das Klagevorbringen es als möglich erscheinen lässt, dass die angefochtene Entscheidung eigene subjektiv-öffentliche Rechte des Klägers verletzt.
Konkurrenzverhältnis im Urteilsfall V R 49/19:
Die Klägerin ist eine A-GmbH, die in G ein auf die textile Vollversorgung von Krankenhäusern und Seniorenheimen mit Mietwäsche spezialisiertes Dienstleistungsunternehmen für Textilpflege betreibt.
Ihre Konkurrentin ist eine wegen Förderung des Wohlfahrtswesens nach § 52 Abs. 2 Satz 1 Nr. 9 AO als gemeinnützig anerkannte G-GmbH mit Sitz in H. Die G-GmbH betreibt insbes. die Bereitstellung von Textilien für Einrichtungen des Gesundheits- und Pflegewesens.
Die G-GmbH betrieb in den Streitjahren zur Beschäftigung von langzeitarbeitslosen Menschen mit besonderen Einschränkungen und von Menschen mit Behinderung u.a. eine Großwäscherei. Ausweislich ihres Lageberichts bot sie maßgeschneiderte Leistungspakete an. Obwohl die Marktsituation durch einen Verdrängungswettbewerb gekennzeichnet sei, beurteilte sie ihre Stellung im Sektor der Senioren- und Altenheime als sehr gut.
Zum Konkurrenzverhältnis hatte die Klägerin (A-GmbH) insbes. vorgetragen, ihre Wäscherei sei lediglich 10 km vom Standort der Wäscherei der Beigeladenen (G-GmbH) entfernt und habe daher denselben örtlichen Einzugsbereich. Beide erbrächten mit Wäschereileistungen aus dem Bereich der textilen Vollversorgung dieselben Leistungen und hätten ihre Kunden nahezu ausschließlich in den Sektoren Krankenhäuser sowie Alten- und Pflegeheime. Dementsprechend konkurriere sie regelmäßig bei Ausschreibungen mit der Beigeladenen; zudem habe die Beigeladene diverse Großkunden von ihr abwerben können, weil diese aufgrund der steuerlichen Begünstigung niedrigere Preise anbieten könne. Die Wettbewerbsrelevanz der Nichtbesteuerung folgt bereits daraus, dass selbst nach der eigenen Einschätzung der Beigeladenen in ihren Lageberichten zwischen ihr und der Klägerin ein Verdrängungswettbewerb stattfinde.
Verfahrensgang:
Das FA ging davon aus, dass die aus dem Betrieb der Wäscherei erzielten Gewinne sowohl von der KSt als auch von der GewSt befreit seien, weil insoweit die Voraussetzungen eines allgemeinen Zweckbetriebs nach § 65 AO vorlägen. Die Klägerin hielt die Wäscherei dagegen für einen (stpfl.) wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb und klagte gegen das FA, damit dieses die Steuerfestsetzungen zulasten der gemeinnützigen G-GmbH (Beigeladenen) ändere. Während das FG der Klage stattgab (FG Düsseldorf vom 3.9.2019, 6 K 3315/17, EFG 2020, 65, LEXinform 5022669), hob der BFH das Urteil des FG auf und verwies die Sache an das FG zurück. Das FG hatte rechtsfehlerhaft entschieden, dass die Zweckbetriebseigenschaft einer gemeinnützigen Beschäftigungsgesellschaft (hier: Wäscherei) bereits dann ausgeschlossen sei, wenn der Zweckbetrieb in drei aufeinanderfolgenden Veranlagungszeiträumen erhebliche Gewinne erzielt habe.
Prüfung im zweiten Rechtsgang:
Im zweiten Rechtsgang wird das FG erneut über die Zweckbetriebseigenschaft der Wäscherei (G-GmbH) zu entscheiden haben. Nach Auffassung des BFH ist für die Annahme eines Zweckbetriebs vor allem maßgebend, dass die Dienstleistungen das ausschließliche Ergebnis der Arbeitstherapie und somit notwendige Folge der Erfüllung des gemeinnützigen Zwecks sind. Dies schließt es zwar nicht aus, dass die Beschäftigungsgesellschaft auch nicht förderungsbedürftige Mitarbeiter einsetzt; dies gilt jedoch nur, wenn und soweit dieser Einsatz zum Erreichen des steuerbegünstigten Zwecks auch unbedingt notwendig ist (BFH V R 49/19, Rz. 35). Darüber hinaus kommt es darauf an, ob der Wettbewerb mit anderen (stpfl.) Betrieben, die vergleichbare Lohnaufträge ausführen oder ausführen wollen, für die Erfüllung des steuerbegünstigten Zwecks unvermeidbar ist. Die Feststellung der Unvermeidbarkeit erfordert eine Abwägung des FG zwischen dem Interesse der Allgemeinheit an einem intakten (steuerlich nicht beeinflussten) Wettbewerb einerseits und der steuerlichen Förderung gemeinnütziger Tätigkeiten andererseits.
Hinweis:
Zur Konkurrentenklage s.u. den Gliederungspunkt »Steuerermäßigung für Zweckbetriebe nach § 12 Abs. 2 Nr. 8 Buchst. a Satz 3 Alt. 1 UStG« und dort »Konkurrentenauskunft bzw. -klage«.
Bei den von gemeinnützigen Institutionen im organisatorischen und räumlichen Zusammenhang mit Jugendzentren betrieben Cafés, Teestuben, Kneipen und ähnliche Einrichtungen handelt es sich um stpfl. wirtschaftliche Geschäftsbetriebe. Diese Versorgungseinrichtungen sind üblicherweise allen – auch z.B. nicht jugendlichen – Besuchern zu meist nicht veranstaltungsgebundenen Öffnungszeiten zugänglich. Es handelt sich hierbei nicht um Zweckbetriebe i.S.v. § 65 AO. Die beschriebene Einrichtung kann zwar im Einzelfall in ihrer Gesamtrichtung den steuerbegünstigten satzungsmäßigen Zwecken der Körperschaft dienen, die Einrichtung ist aber für die Verwirklichung der steuerbegünstigten Zwecke nicht unerlässlich. Zudem tritt diese Versorgungseinrichtung in wirtschaftliche Konkurrenz zu anderen stpfl. gastronomischen Einrichtungen (§ 65 Nr. 3 AO). Auch eine Einordnung in den Zweckbetriebskatalog des § 68 AO ist nicht möglich (FinMin Sachsen-Anhalt Erlass vom 17.11.2016, 46 – S 0171 – 223, SIS 17 08 17).
Die Unterstützungsleistungen eines gemeinnützigen Rotkreuz-Ortsvereins beim Blutspendedienst stellen einen Zweckbetrieb i.S.d. § 65 Nr. 3 AO dar. Der Ortsverein unterstützte den Blutspendedienst bei der Organisation und Durchführung von Blutspendeterminen, es werden überwiegend ehrenamtliche Helfer eingesetzt. Insbesondere die Wettbewerbsklausel wird als gewahrt angesehen, da in dem speziellen zu beurteilenden Dienstleistungsbereich weder auf Anbieterseite noch auf Nachfragerseite eine Wettbewerbssituation besteht (s. FG Düsseldorf vom 8.11.2006, 5 K 3447/04 U, EFG 2007, 305, rkr.). Die Leistungen von Orts- und Kreisverbänden des DRK bei der Durchführung von Blutspendeterminen des Blutspendedienstes des DRK werden nach Auffassung der FinVerw im Rahmen eines Zweckbetriebs nach § 65 AO ausgeübt (Vfg. der OFD Rheinland vom 25.1.2008, o. Az., DStR 2008, 922).
Die Tätigkeit der Dialysevereine ist trotz des Wettbewerbs zu stpfl. niedergelassenen Ärzten als steuerbegünstigter Zweckbetrieb zu behandeln. Der von Dialysevereinen durch diese Tätigkeit unterhaltene wirtschaftliche Geschäftsbetrieb erfüllt in aller Regel die Voraussetzungen des § 65 AO. Er dient in seiner Gesamtrichtung dazu, den steuerbegünstigten satzungsmäßigen Zweck, nämlich die Betreuung und Versorgung von Dialyse-Patienten, zu verwirklichen. Dieser Zweck kann auch nur durch einen solchen Geschäftsbetrieb erreicht werden. Ein Wettbewerb zu stpfl. Ärzten ist bei der Erfüllung des steuerbegünstigten Zwecks unvermeidbar (FinMin Sachsen-Anhalt vom 21.6.2019, 46 – S 0184 – 27, SIS 19 11 24). Ob ein Dialyseverein das Gebot der Selbstlosigkeit erfüllt (§ 55 AO), ist für den Einzelfall zu prüfen. Die Mitgliedschaft von Ärzten oder Industrieunternehmen schließt die Selbstlosigkeit nicht von vornherein aus. Vielmehr kommt es darauf an, ob die beteiligten Ärzte oder Unternehmen Vorteile durch die Mitgliedschaft haben. Sind Mitglieder und Nichtmitglieder zu gleichen Bedingungen in dem Verein als Ärzte tätig, kann die Gemeinnützigkeit nicht wegen fehlender Selbstlosigkeit abgelehnt werden.
Bei dem Betrieb einer Eislaufhalle durch eine gemeinnützige GmbH handelt es sich nicht um einen Zweckbetrieb i.S.d. § 65 AO, da die GmbH zu nicht begünstigten Betrieben derselben oder ähnlichen Art in größerem Umfang in Wettbewerb tritt, als es bei der Erfüllung der steuerbegünstigten Zwecke unvermeidbar ist (BFH Urteil vom 18.8.2011, V R 64/09, UStB 2012, 185, LEXinform 0927549).
Das Fahrsicherheitstraining der regionalen Untergliederungen der Deutschen Verkehrswacht bzw. vergleichbarer steuerbegünstigter Körperschaften kann Zweckbetrieb nach § 65 AO sein. Im Einzelfall kann aber auch ein stpfl. wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb vorliegen. Anhaltspunkt für einen Zweckbetrieb ist das Überwiegen der Verkehrserziehung und -bildung (§ 52 Abs. 2 Nr. 7 AO) oder der Unfallverhütung (§ 52 Abs. 2 Nr. 12 AO). Überwiegt dagegen der Aspekt der Freizeitgestaltung und Freizeitbetätigung, ist die Tätigkeit dem stpfl. wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb zuzuordnen.
Als »Fahrsicherheitstraining« wird auch das Training in eigens präpariertem Gelände mit dem Ziel der Freizeitgestaltung (Spaß, Action) angeboten. Andererseits erscheint ein Fahrsicherheitstraining, das tatsächlich der Verkehrserziehung und -bildung dient, als geeignete Maßnahme Unfälle zu verhüten und so zur Verwirklichung des in der Satzung verankerten Zwecks beizutragen. Insofern ist eine zutreffende gemeinnützigkeitsrechtliche Beurteilung nur nach den Umständen des Einzelfalls möglich (OFD Frankfurt vom 27.1.2015, S 0183 A – 41 – St 53, SIS 15 03 99).
Mit Vfg. vom 19.2.2015 (S 0138.2.1 – 2/4 St 31, LEXinform 5235550) nimmt das LfSt Bayern zur gemeinnützigkeits- und umsatzsteuerrechtlichen Behandlung der Schülerbeförderung bei einer Privatschule Stellung. Die Frage ist, wie die entgeltliche Bereitstellung der Schülerbeförderung, die durch ein vom Schulträger beauftragtes gewerbliches Busunternehmen ausgeführt wird, steuerlich zu behandeln ist. Soweit die Kosten der Schülerbeförderung nicht durch staatliche Zuschüsse gedeckt sind, wird durch die Privatschule von den Eltern eine Kostenumlage erhoben.
Die Schülerbeförderung ist grundsätzlich ein wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb (§§ 14, 64 AO) des privatrechtlich organisierten Schulträgers, der jedoch kein Zweckbetrieb (§ 65 AO) ist. Diese Auffassung gründet sich auf den Umstand, dass die Schülerbeförderung kein notwendiger Bestandteil des Unterrichts ist und nicht unmittelbar dem Schul- und Bildungszweck dient.
Daraus folgt, dass eingeworbene Spendengelder, für die der gemeinnützige Schulträger Zuwendungsbestätigungen i.S.d. § 10b EStG ausgestellt hat, fehlverwendet werden, wenn sie zur Deckung der Kosten der nicht steuerbegünstigten Schülerbeförderung ausgegeben werden. In diesen Fällen ist der gemeinnützige Schulträger auf die gegebenenfalls drohenden Haftungskonsequenzen gem. § 10b Abs. 4 EStG hinzuweisen.
Soweit allerdings eine gesetzliche Beförderungspflicht für den privaten Schulträger besteht, kann die Schülerbeförderung ausnahmsweise als Zweckbetrieb eines gemeinnützigen Schulträgers i.S.d. § 65 AO angesehen werden. Die näheren Abgrenzungsfragen zum Umfang einer etwaigen Steuerbefreiung und der gleichlaufenden Spendenverwendungseignung sind in diesen Fällen mit den privaten Schulträgern zu klären.
Das FG Köln hat zur Gemeinnützigkeit und zur Zweckbetriebseigenschaft eines Vereins geurteilt, der zur Förderung von Kindern und Jugendlichen aus allen sozialen Schichten Jugendreisen durchführt (Urteil FG Köln vom 19.1.2017, 13 K 1160/13, EFG 2017, 1378, rkr.). Der Verein verfolgt den Satzungszweck der Förderung von Kindern und Jugendlichen aus allen sozialen Schichten, insbes. durch die Organisation und Durchführung von Kinder- und Jugenderholungsmaßnahmen. Damit unterfällt er nach seinem Satzungszweck der Regelung in § 52 Abs. 2 Nr. 4 AO (Förderung der Jugendhilfe). Obwohl der wirtschaftliche Geschäftsbetrieb des Vereins in seiner Gesamtrichtung dazu dient, die steuerbegünstigten satzungsmäßigen Zwecke des Vereins zu verwirklichen, ist die Zweckbetriebseigenschaft zu versagen, weil der wirtschaftliche Geschäftsbetrieb des Vereins entgegen der Voraussetzung gem. § 65 Nr. 3 AO zu nicht begünstigten Betrieben derselben Art in größerem Umfang in Wettbewerb tritt als zur Erfüllung der steuerbegünstigten Zwecke unvermeidbar ist.
Das FinMin Sachsen-Anhalt nimmt mit Erlass vom 30.3.2020 (42 – S 0184 – 28, DStR 2020, 1131) Stellung zur gemeinnützigkeitsrechtlichen Behandlung wirtschaftlicher Tätigkeiten von gemeinnützigen Körperschaften, die Tierheime unterhalten (s.u. den Gliederungspunkt »Steuersätze im Überblick« und dort »Regelsteuersatz«).
Körperschaften, die wegen Verfolgung gemeinnütziger Zwecke (Förderung des Tierschutzes) als gemeinnützig anerkannt sind und ein Tierheim unterhalten, erzielen regelmäßig Entgelte aus der Unterbringung von Tieren sowie aus dem Verkauf von Tieren. Als Zweckbetrieb i.S.d. § 65 AO zu beurteilen sind
die Aufnahme und Versorgung von Fundtieren, für die das Tierheim eine jährliche Pauschalvergütung von der Kommune erhält,
die Aufnahme von sog. Abgabetieren, die ihr Eigentümer nicht mehr halten kann oder will, gegen ein kostendeckendes Entgelt und
die Abgabe von im Tierheim lebenden Tieren gegen eine pauschale, nach Art, Alter und Abstammung gestaffelte Vermittlungsgebühr.
Die zeitweise Aufnahme (Pflege) von Tieren wegen vorübergehender Abwesenheit des Halters gegen Entgelt (Tierpension) wird dagegen als stpfl. wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb angesehen.
§ 66 AO geht als Spezialvorschrift der allgemeinen Regelung des § 65 AO vor. Daher ist auch insoweit die Wettbewerbsklausel des § 65 Nr. 3 AO nicht anzuwenden.
Wohlfahrtspflege ist die planmäßige, zum Wohle der Allgemeinheit und nicht des Erwerbs wegen ausgeübte Sorge für notleidende oder gefährdete Mitmenschen (§ 66 Abs. 2 AO). Die Sorge kann sich auf das gesundheitliche, erzieherische oder wirtschaftliche Wohl erstrecken und Vorbeugung oder Abhilfe bezwecken. Werden die Leistungen unter gleichen Bedingungen sowohl gegenüber hilfsbedürftigen als auch nicht hilfsbedürftigen Personen erbracht, ist ein einheitlicher wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb »Einrichtung der Wohlfahrtspflege« anzunehmen. Eine Einrichtung der Wohlfahrtspflege dient in besonderem Maß den in § 53 AO genannten Personen und ist als Zweckbetrieb zu behandeln, wenn die 2/3-Grenze des § 66 AO erfüllt wird. (AEAO zu § 66 Tz. 7). Die Einrichtung der Wohlfahrtspflege muss nachweisen, dass mindestens zwei Drittel ihrer Leistungen den in § 53 AO genannten Personen zugutekommen (§ 66 Abs. 3 AO; s.a. BFH vom 21.9.2016, V R 50/15, BStBl II 2017, 1173). Bei Kleiderkammern, Suppenküchen, Obdachlosenasylen und den sog. Tafeln kann auf den Nachweis der 2/3-Grenze verzichtet werden, wenn ein Bescheid nach § 53 Nr. 2 Satz 8 AO vorliegt (s.a. BFH Urteil vom 27.11.2013, I R 17/12, BStBl II 2016, 68, Rz. 36 ff.).
Hat der Verein Nachweise über die Hilfsbedürftigkeit der von ihm beratenen Personen nicht vorgelegt, kann die Mildtätigkeit des Handelns des Vereins nicht festgestellt werden. Der Verein kann bereits deshalb nicht als gemeinnützig angesehen werden (Urteil des FG Niedersachsen vom 4.7.2019, 5 K 280/18, LEXinform 5022478, rkr.).
Verpflichtet sich ein gem. § 5 Abs. 1 Nr. 9 KStG steuerbefreiter Verein der freien Wohlfahrtspflege gegenüber einem stpfl. Vermieter von Wohnungen, Leistungen gegen Entgelt im Bereich des altenbetreuten Wohnens zu erbringen, begründet der Verein damit weder einen Betrieb der Wohlfahrtspflege noch einen steuerbefreiten Zweckbetrieb (BFH vom 16.12.2009, I R 49/08, BStBl II 2011, 398). Die Voraussetzungen des § 66 AO lagen nicht vor, weil der Verein seine Leistungen nicht gegenüber den in § 53 AO genannten Personen, sondern gegenüber der Vermieterin erbrachte, die selbst nicht unter den Anwendungsbereich des § 66 AO fällt.
Es entspricht bisheriger BFH-Rspr., dass wirtschaftliche Geschäftsbetriebe, die die Wohlfahrtspflege in dieser Weise als durchführende Erfüllungsgehilfen eines Dritten erbringen, keine Einrichtungen der Wohlfahrtspflege i.S.v. § 66 AO sein können (vgl. BFH vom 17.2.2010, I R 2/08, BStBl II 2010, 1006 und vom 13.6.2012, I R 71/11, BFH/NV 2013, 89, LEXinform 0928899).
An diesen Maßgaben hält der BFH nicht fest (BFH-Urteil vom 27.11.2013, I R 17/12, BStBl II 2016, 68, Rz. 39). Nach der neueren Rechtsprechung zur Einschaltung Dritter durch steuerbegünstigte Körperschaften (§ 57 Abs. 1 Satz 2 AO) kann auch die »Hilfsperson« steuerbegünstigt sein, wenn sie mit der Hilfstätigkeit zugleich eigene steuerbegünstigte Zwecke verfolgt und soweit sie ihren Beitrag selbstständig und eigenverantwortlich erbringt und die übrigen Voraussetzungen erfüllt sind. Soweit es um den steuerbegünstigten Zweck der Mildtätigkeit geht, erfordert dies, dass die Leistungen der »Hilfsperson« zumindest faktisch unmittelbar gegenüber den Hilfsbedürftigen erbracht werden. Da anhand des Gesetzeswortlauts oder des Normzwecks nicht zu ersehen ist, dass mit dem Terminus des Zugutekommens im Rahmen der Zweckbetriebsvoraussetzungen des § 66 Abs. 3 AO ein engeres Unmittelbarkeitserfordernis statuiert werden soll, als es im Rahmen der allgemeinen Unmittelbarkeitsregelung des § 57 AO oder im Zusammenhang mit den Zweckbetriebsvoraussetzungen des § 65 AO gilt, ist es sachgerecht, die vorgenannten Überlegungen auf § 66 AO zu übertragen.
Zur Gemeinnützigkeit der Rettungsdienste und Krankentransporte hat der BFH mit Urteil vom 27.11.2013 (I R 17/12, BStBl II 2016, 68) Stellung genommen (Abgrenzung zum BFH-Beschluss vom 18.9.2007, I R 30/06, BStBl II 2009, 126). Mit Schreiben vom 6.12.2017 (BStBl I 2017, 1603) hat das BMF zur Umsetzung der »Rettungsdienstentscheidung« des BFH Stellung genommen (s.a. AEAO zu § 66, Tz. 2).
Nach AEAO zu § 66 Tz. 2 darf die Wohlfahrtspflege nicht des Erwerbs wegen ausgeführt werden. Eine Einrichtung der Wohlfahrtspflege nach § 66 Abs. 1 AO wird dann »des Erwerbs wegen« betrieben, wenn damit Gewinne angestrebt werden, die den konkreten Finanzierungsbedarf des jeweiligen wirtschaftlichen Geschäftsbetriebs übersteigen, die Wohlfahrtspflege mithin in erster Linie auf Mehrung des eigenen Vermögens gerichtet ist. Dabei kann die Erzielung von Gewinnen in gewissem Umfang – z.B. zum Inflationsausgleich oder zur Finanzierung von betrieblichen Erhaltungs- und Modernisierungsmaßnahmen – geboten sein, ohne in Konflikt mit dem Zweck der steuerlichen Begünstigung zu stehen (BFH Urteil vom 27.11.2013, I R 17/12, BStBl II 2016, 68). Werden in drei aufeinanderfolgenden Veranlagungszeiträumen jeweils Gewinne erwirtschaftet, die den konkreten Finanzierungsbedarf der wohlfahrtspflegerischen Gesamtsphäre der Körperschaft übersteigen, ist widerlegbar (z.B. unbeabsichtigte Gewinne aufgrund von Marktschwankungen) von einer zweckbetriebsschädlichen Absicht der Körperschaft auszugehen, den Zweckbetrieb des Erwerbs wegen auszuüben. Gewinne aufgrund staatlich regulierter Preise (z.B. auf der Grundlage einer Gebührenordnung nach Maßgabe des § 90 SGB XI) sind kein Indiz dafür, dass der Zweckbetrieb des Erwerbs wegen ausgeübt wird.
Beachte:
In seinem Urteil vom 18.8.2022 (V R 49/19, BStBl II 2023, 298) macht der BFH in Rz. 28 deutlich, dass es nicht zulässig ist, die Einschränkung des § 66 Abs. 2 Satz 1 AO in die allgemeine Definition des Zweckbetriebs nach § 65 AO »hineinzulesen«.
Ein Handeln »des Erwerbs wegen« liegt auch vor, wenn durch die Gewinne der Einrichtung andere Zweckbetriebe nach §§ 65, 67, 67a und 68 AO bzw. die übrigen ideellen Tätigkeiten finanziert werden; die Mitfinanzierung eines anderen Zweckbetriebs i.S.d. § 66 AO ist unschädlich (FinMin Schleswig-Holstein vom 6.10.2016, VI 309 – S 0170 – 147, DStR 2016, 2468).
Der konkrete Finanzierungsbedarf umfasst die Erträge, die für den Betrieb und die Fortführung der Einrichtung(en) der Wohlfahrtspflege notwendig sind und beinhaltet auch die zulässige Rücklagenbildung nach § 62 Abs. 1 Nr. 1 und 2 AO. Zur wohlfahrtspflegerischen Gesamtsphäre gehören
Wohlfahrtspflegeeinrichtungen i.S.d. § 66 AO,
Zweckbetriebe i.S.d. 68 AO, soweit diese auch die Voraussetzungen des § 66 AO erfüllen,
Zweckbetriebe i.S.d. § 67 AO sowie
ideelle Tätigkeiten, für die die Voraussetzungen des § 66 AO vorlägen, wenn sie entgeltlich ausgeführt würden.
Beachte:
Krankenfahrten – Fahrten von Patienten, für die ein Arzt die Beförderung in einem Personenkraftwagen, Mietwagen oder Taxi verordnet hat –, die von gemeinnützigen und mildtätigen Organisationen ausgeführt werden, erfüllen nicht die Voraussetzungen des § 66 Abs. 2 AO und finden deshalb nicht im Rahmen einer Einrichtung der Wohlfahrtspflege statt. Die Annahme eines Zweckbetriebs nach § 65 AO scheidet aus Wettbewerbsgründen aus, sodass die Krankenfahrten als wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb i.S.d. §§ 64 und 14 AO zu behandeln sind (Abschn. 12.9. Abs. 4 Nr. 3 UStAE).
Zur steuerlichen Behandlung der Tafeln und der Unternehmer, die Lebensmittel unentgeltlich abgeben s. OFD Niedersachsen vom 9.2.2016 (S 7100 – 674 – St 171/S 0185 – 7 – St 245/G 1412 – 27 – St 251/S 2223 – 324 – St 235, UR 13/2016, 532, LEXinform 5235879; s.a. → Unentgeltliche Wertabgabe).
Tafeln sammeln Lebensmittel ein, die nach den gesetzlichen Bestimmungen noch verwertbar sind, aber im Wirtschaftsprozess nicht mehr verwendet werden können (z.B. Lebensmittel kurz vor Ablauf des Haltbarkeitsdatums, Backwaren vom Vortag oder Fehlproduktionen). Die Tafeln erhalten die Lebensmittel unentgeltlich und geben sie an bedürftige Menschen ab. Die Bedürftigkeit ermittelt jede Tafel unter Berücksichtigung der örtlichen Gegebenheiten in Anlehnung an § 53 AO. Die Tafeln geben die Lebensmittel unentgeltlich oder gegen einen geringen Kostenbeitrag ab. Sie können auch Artikel des täglichen Bedarfs ausgeben. Der Schwerpunkt muss aber auf dem Sammeln und Ausgeben von Lebensmitteln liegen.
Der Name Tafel ist als eingetragenes Markenzeichen durch den Bundesverband Deutsche Tafel e.V. geschützt. Tafeln haben die Rechtsform eines Vereins oder werden in Trägerschaft z.B. des DRK, der AWO oder einer Kirche betrieben. Eine Tafel kann Mitglied im Bundesverband Deutsche Tafel e.V. sein. Der Bundesverband Deutsche Tafel e.V. ist Mitglied des paritätischen Gesamtverbandes.
Durch ihre Tätigkeit, Lebensmittel (u.U. auch in geringerem Umfang Artikel des täglichen Bedarfs) unentgeltlich an Bedürftige (§ 53 AO) abzugeben, erfüllen die Tafeln gemeinnützige Zwecke i.S.d. § 52 Abs. 2 Nr. 2 AO (Förderung des Wohlfahrtswesens) sowie mildtätige Zwecke i.S.d. § 53 AO.
Sie sind bei Vorliegen der übrigen gemeinnützigkeitsrechtlichen Voraussetzungen der §§ 52 ff. AO gem. § 5 Abs. 1 Nr. 9 KStG von der Körperschaftsteuer befreit.
Geben die Tafeln Lebensmittel gegen einen Kostenbeitrag ab, begründen sie damit einen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb. Dieser ist als Zweckbetrieb unter den Voraussetzungen des § 66 AO (Einrichtung der Wohlfahrtspflege) ebenfalls von der Körperschaftsteuer befreit.
Eine Voraussetzung des § 66 AO ist, dass die Leistungen der Körperschaft in besonderem Maße, d.h. zu mindestens 2/3, den in § 53 AO genannten Personen zugutekommen. Dies ist grundsätzlich entsprechend nachzuweisen.
Eine Körperschaft kann sich aber gem. § 53 Nr. 2 Satz 8 AO unter bestimmten Voraussetzungen von der Nachweispflicht befreien lassen, und zwar dann, wenn aufgrund der besonderen Art der gewährten Unterstützungsleistung sichergestellt ist, dass nur wirtschaftlich hilfebedürftige Personen i.S.d. § 53 AO unterstützt werden. Davon ist bei den Tafeln im Regelfall auszugehen. Die besonderen Gegebenheiten vor Ort sowie Inhalte und Bewerbungen des konkreten Leistungsangebots sind zu berücksichtigen (AEAO zu § 53 Nr. 12).
Bei Einrichtungen, bei denen es grundsätzlich vorstellbar ist, dass vergleichbare Leistungen sowohl an bedürftige als auch an nicht bedürftige Personen erbracht werden, ist dies nicht der Fall. Sie müssen sich hinsichtlich der persönlichen Hilfsbedürftigkeit i.S.d. § 53 Nr. 1 AO davon überzeugen und auch dokumentieren, dass derartige Umstände vorliegen. Der Nachweis einer wirtschaftlichen Hilfsbedürftigkeit i.S.d. § 53 Nr. 2 AO ist gemäß AEAO zu § 53 Nr. 10 in Form einer Berechnung der maßgeblichen Einkünfte und Bezüge sowie einer Berechnung des Vermögens zu erbringen. Aus Vereinfachungsgründen kann auf diesen Nachweis verzichtet werden, wenn die Leistungsempfänger Leistungen nach dem SGB II, SGB XII, WoGG, § 27a BVG oder nach § 6a BKGG beziehen. In diesem Fall ist eine Ablichtung des Leistungsbescheides oder der Bescheinigung des Sozialleistungsträgers über den Leistungsbezug aufzubewahren (AEAO zu § 53 Nr. 11).
Geben Tafeln Lebensmittel gegen einen Kostenbeitrag ab, führen sie Lieferungen gegen Entgelt aus. Die Lieferungen sind steuerbar. Entscheidungsunerheblich ist, dass das Entgelt nicht dem Wert der Lebensmittel entspricht (Abschn. 1.1. Abs. 1 Satz 9 UStAE) und dass die Tafeln nicht die Absicht haben, Gewinn zu erzielen (Abschn. 2.3. Abs. 8 Satz 2 UStAE).
Die Umsätze einer Tafel können umsatzsteuerfrei nach § 4 Nr. 18 UStG sein.
Beachte:
Durch das Gesetz zur weiteren steuerlichen Förderung der Elektromobilität und zur Änderung weiterer steuerlicher Vorschriften (JStG 2019) vom 12.12.2019 (BGBl I 2019, 2451) wird u.a. § 4 Nr. 18 UStG neu gefasst (BT-Drs. 19/14873 und 19/13436).
Steuerfrei sind eng mit der Sozialfürsorge und der sozialen Sicherheit verbundene Leistungen, wenn diese Leistungen von Einrichtungen des öffentlichen Rechts oder anderen Einrichtungen, die keine systematische Gewinnerzielung anstreben, erbracht werden. Etwaige Gewinne, die trotzdem anfallen, dürfen nicht verteilt, sondern müssen zur Erhaltung oder Verbesserung der durch die Einrichtung erbrachten Leistungen verwendet werden. Für in anderen Nummern des § 4 bezeichnete Leistungen kommt die Steuerbefreiung nur unter den dort genannten Voraussetzungen in Betracht.
Unionsrechtliche Grundlage der Neuregelung des § 4 Nr. 18 UStG ist Art. 132 Abs. 1 Buchst. g MwStSystRL).
Steuerfrei sind somit die o.g. Leistungen sämtlicher Einrichtungen ohne Gewinnstreben – also auch der derzeit nach § 4 Nr. 18 UStG ausschließlich begünstigten Wohlfahrtsverbände. Insgesamt ist damit weiterhin gewährleistet, dass die Hauptaufgaben der anerkannten Verbände der freien Wohlfahrtspflege und deren Mitglieder unverändert von der Umsatzsteuer befreit sind.
Als Folgeänderung aus der Neufassung von § 4 Nr. 18 UStG wird § 23 UStDV aufgehoben.
Leistungen, die i.d.R. nicht speziell hilfsbedürftigen Personen angeboten werden, sind keine Leistungen der sozialen Sicherheit und der Sozialfürsorge.
Die Steuerbefreiung des § 4 Nr. 18 UStG n.F. umfasst eng mit der Sozialfürsorge und der sozialen Sicherheit verbundene Leistungen, insbes. an wirtschaftlich hilfsbedürftige Personen zur Überwindung der wirtschaftlichen Hilfsbedürftigkeit. Nach § 1 Abs. 1 Satz 1 SGB I soll das Recht des Sozialgesetzbuches zur Verwirklichung sozialer Gerechtigkeit und sozialer Sicherheit Sozialleistungen einschließlich sozialer und erzieherischer Hilfe gestalten (BFH vom 18.8.2005, V R 71/03, BStBl II 2006, 143). Hierunter fallen beispielsweise Leistungen der Tafeln (BT-Drs. 19/13436, 147).
Steuerpflichtige Lieferungen der Tafeln sind – soweit § 12 Abs. 2 Nr. 1 UStG nicht erfüllt ist – nach § 12 Abs. 2 Nr. 8 Buchst. a UStG mit dem ermäßigten Steuersatz zu besteuern. Eine Tafel erfüllt gemeinnützige und mildtätige Zwecke und führt ihre Lieferungen im Rahmen eines Zweckbetriebes nach § 66 AO aus (s.o. zur Körperschaftsteuer/Gemeinnützigkeit sowie Abschn. 12.9. Abs. 9 UStAE).
Geben Tafeln die Lebensmittel unentgeltlich ab, unterliegt die Abgabe nicht der Umsatzsteuer. Die Abgabe ist keine unentgeltliche Wertabgabe i.S.d. § 3 Abs. 1b UStG, weil den Tafeln aus dem Erwerb der Lebensmittel kein Vorsteuerabzug zugestanden hat.
Erreichen die Umsätze einer Tafel nicht die Grenze von § 19 Abs. 1 UStG, wird die Umsatzsteuer nicht erhoben.
Die unentgeltliche Abgabe der Lebensmittel durch Unternehmer an eine Tafel ist einer Lieferung gegen Entgelt gleichgestellt (§ 3 Abs. 1b UStG). Bemessungsgrundlage ist der fiktive Einkaufspreis zum Zeitpunkt der Abgabe (Abschn. 10.6. Abs. 1 Satz 1 bis 3 UStAE). Da die Lebensmittel kurz vor Ablauf des Mindesthaltbarkeitsdatums stehen oder Frischwaren wie Obst und Gemüse nicht mehr verkäuflich sind, wird der fiktive Einkaufspreis gegen 0 € tendieren.
Zur umsatzsteuerlichen Behandlung der unentgeltlichen Wertabgabe von Sachspenden s. die Vfg. der OFD Niedersachsen vom 27.3.2017 (S 7109 – 31 – St 171, DB 2017, 941). Sachspenden unterliegen grundsätzlich der Umsatzsteuer. Die Umsatzbesteuerung dient der Kompensation des vorangegangenen Vorsteuerabzugs und verhindert einen systemwidrigen unversteuerten Letztverbrauch.
Die Bemessungsgrundlage einer Sachspende bestimmt sich nicht nach den ursprünglichen AK und HK, sondern nach dem fiktiven Einkaufspreis im Zeitpunkt der Spende. Das gilt auch für im Unternehmen selbst hergestellte Gegenstände (Abschn. 10.6. Abs. 1 Satz 3 UStAE). Spendet ein Unternehmer Waren, die nicht mehr verkäuflich sind, wird der Wert naturgemäß gegen 0 € tendieren. Solche Waren sind zum Beispiel:
Lebensmittel, die kurz vor Ablauf des Mindesthaltbarkeitsdatums stehen, und Frischwaren, wie Obst und Gemüse mit Mängeln oder
Artikel des Non-Food-Bereichs mit falscher Etikettierung oder unzureichender Befüllung.
Körperschaften, Personenvereinigungen und Vermögensmassen, die nach der Satzung, dem Stiftungsgeschäft oder der sonstigen Verfassung und nach der tatsächlichen Geschäftsführung ausschließlich und unmittelbar gemeinnützigen, mildtätigen oder kirchlichen Zwecken dienen, sind nach § 3 Nr. 6 GewStG von der Gewerbesteuer befreit. Dieser Wortlaut stimmt mit dem des § 5 Abs. 1 Nr. 9 Satz 1 KStG überein. Die Ausführungen zur Körperschaftsteuer gelten daher entsprechend für die Gewerbesteuer.
Entscheidungserheblich ist, ob die Lebensmittel im Zeitpunkt der Abgabe an die Tafeln noch einen gewissen Wert (Wiederbeschaffungspreis, momentaner Einkaufspreis beim Großhändler oder Hersteller) haben oder aber bereits wertlos sind.
Im Regelfall geben Unternehmer Lebensmittel an die Tafeln ab, die im Wirtschaftsprozess nicht mehr verwendet werden können, also Waren, die nicht mehr in den normalen Verkauf gelangen. Es handelt sich dabei um für den jeweiligen Unternehmer wertlos gewordene Ware (Schwund, Verderb). Hinsichtlich der Beurteilung, ob es sich bei diesen Warenabgaben um Spenden der Unternehmer handelt, ist zunächst von Sachspenden auszugehen, die aus einem BV heraus zu steuerbegünstigten Zwecken zugewendet werden. Derartige Entnahmen sind im Rahmen der jeweiligen Gewinnermittlungen grundsätzlich mit dem Teilwert anzusetzen (§ 6 Abs. 1 Nr. 4 Satz 1 i.V.m. § 10b Abs. 3 Satz 2 EStG). Von diesem Grundsatz hat der Gesetzgeber mit dem sog. Buchwertprivileg des § 6 Abs. 1 Nr. 4 Satz 4 EStG eine Ausnahme geschaffen. Der Unternehmer hat in diesen Fällen also ein Wahlrecht.
Die Tafel hat, wenn sie eine Zuwendungsbestätigung ausstellt, darin unter Berücksichtigung der für Sachspenden geltenden Regeln dementsprechend entweder den Teilwert oder den Buchwert anzusetzen.
Nach § 2 Nr. 1 KHG sind Krankenhäuser Einrichtungen, in denen durch ärztliche und pflegerische Hilfeleistung Krankheiten, Leiden oder Körperschäden festgestellt, geheilt oder gelindert werden sollen oder Geburtshilfe geleistet wird und in denen die zu versorgenden Personen untergebracht und verpflegt werden können (AEAO zu § 67).
Fällt ein Krankenhaus in den Anwendungsbereich der Bundespflegesatzverordnung (BPflV) bzw. des Krankenhausentgeltgesetzes, so ist es ein Zweckbetrieb, wenn mindestens 40 % der jährlichen Belegungstage oder Berechnungstage auf Patienten entfallen, bei denen nur Entgelte für allgemeine Krankenhausleistungen (s. § 7 KHEntG, § 10 BPflV) berechnet werden. In den Anwendungsbereich der BPflV fallen alle nach dem Krankenhausgesetz geförderten und nicht geförderten Krankenhäuser mit Ausnahme der in § 1 Abs. 2 BPflV bezeichneten Krankenhäuser (s.a. BFH vom 6.6.2019, V R 39/17, BStBl II 2019, 651, Rz. 15).
Fällt ein Krankenhaus nicht in den Anwendungsbereich der BPflV bzw. des KHEntG, so ist es ein Zweckbetrieb, wenn mindestens 40 % der jährlichen Belegungstage auf Patienten entfallen, bei denen für die Krankenhausleistungen kein höheres Entgelt als nach § 67 Abs. 1 AO berechnet wird.
Schädlich für die Berechnung der 40 %-Grenze sind die Kosten für z.B. besondere Unterbringung in einem Zwei- oder Einbettzimmer, bessere Verpflegung, etc.
Nehmen Kurkliniken und Sanatorien, weil sie freie Kapazitäten haben, Urlaubsgäste auf (sog. Ergänzungsbelegungen) kann dies dazu führen, dass die Voraussetzungen für die Annahme eines Zweckbetriebs nicht mehr erfüllt sind, was zum Verlust der Gemeinnützigkeit führen kann (s. OFD Hannover vom 14.7.1998, S 0186 – 1 – StO 214/S 2729 – 649 – StH 233, DStR 1998, 1357, LEXinform 0165511).
Überlässt ein Krankenhaus medizinische Geräte (hier: Magnetresonanztomograph) gegen Entgelt einer privaten ärztlichen Gemeinschaftspraxis zur Mitbenutzung und stellt dabei auch das medizinisch-technische Personal und das Verbrauchsmaterial zur Verfügung, liegen darin Einkünfte aus wirtschaftlichem Geschäftsbetrieb (s. Urteil des BFH vom 6.4.2005, I R 85/04, BStBl II 2005, 545).
Kein Zweckbetrieb i.S.d. § 67 AO liegt vor bei einer GmbH, die für Krankenhäuser, die ihre Gesellschaften sind, Laborleistungen erbringt (s. BFH Urteil vom 6.2.2013, I R 59/11, BStBl II 2013, 603).
Eine onkologische Institutsambulanz, die von dem zuständigen Zulassungsausschuss für Ärzte zur Versorgung gem. § 31 Abs. 1a Zulassungsverordnung für Ärzte zugelassen war, ist dem Zweckbetrieb Krankenhaus i.S.v. § 67 AO zuzuordnen und stellt dementsprechend keinen stpfl. wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb dar. Die Abgabe von Zytostatika durch die Krankenhausapotheke an im Krankenhaus ambulant behandelte Patienten des Krankenhauses zur unmittelbaren Verabreichung ist dem Zweckbetrieb Krankenhaus zuzurechnen (s. FG Münster vom 23.2.2012, 9 K 4639/10, EFG 2012, 1385, LEXinform 5013507; Rechtsausführungen bestätigt durch BFH Urteil vom 31.7.2013, I R 31/12, BFH/NV 2014, 185, LEXinform 0929050). Dies gilt auch dann, wenn die Ermächtigung zur Durchführung ambulanter Behandlungen nicht dem Krankenhaus im Wege einer sog. Institutsermächtigung, sondern dem Chefarzt des Krankenhauses erteilt wird, der die Behandlungen als Dienstaufgabe durchführt (BFH vom 31.7.2013, I R 82/12, BStBl II 2015, 123). Nach der weiterführenden Rspr. des BFH vom 6.6.2019 (V R 39/17, BStBl II 2019, 651) ist es für die Zurechnung von Behandlungsleistungen mit Abgabe von Zytostatika zum Zweckbetrieb Krankenhaus nicht erforderlich, dass die Behandlung von Patienten des Krankenhauses durch einen ermächtigten Arzt als Dienstaufgabe innerhalb einer nichtselbstständigen Tätigkeit erbracht wird (s.a. Anmerkung vom 7.8.2019, LEXinform 0881710; s.a. AEAO zu § 67 Abs. 3 i.d.F. des BMF-Schreibens vom 23.1.2023, BStBl I 2023, 184 unter Tz. 8).
Krankenhäuser können nur mit ihren ärztlichen oder pflegerischen Leistungen einen Zweckbetrieb i.S.d. § 67 AO begründen. § 67 AO umfasst – aufgrund der Anknüpfung an das Sozialrecht und der damit verbundenen Heranziehung von § 2 Nr. 1 des Krankenhausfinanzierungsgesetzes und § 107 SGB V – alle Einnahmen und Ausgaben, die mit den ärztlichen und pflegerischen Leistungen an die Patienten als Benutzer des jeweiligen Krankenhauses zusammenhängen. Mit den ärztlichen und pflegerischen Leistungen des Krankenhausbetriebs hängen die Einnahmen in einem ausreichenden Maße zusammen, wenn sie auf einer typischerweise von einem Krankenhaus gegenüber seinen Patienten erbrachten Leistung beruhen. Ausgehend von dem Zweck des § 67 AO, die Sozialversicherungsträger als Kostenträger für ihre Versicherten steuerlich zu entlasten, handelt es sich jedenfalls so lange um eine typischerweise gegenüber den Patienten erbrachte Leistung, als das Krankenhaus zur Sicherstellung seines Versorgungsauftrags von Gesetzes wegen zu dieser Leistung befugt ist und der Sozialversicherungsträger als Kostenträger für seine Versicherten deshalb grundsätzlich zahlen muss (BFH vom 31.7.2013, I R 82/12, BStBl II 2015, 123, Rz. 18; vom 18.10.2017, V R 46/16, BStBl II 2018, 672, Rz. 28; vom 6.6.2019, V R 39/17, BStBl II 2019, 651, Rz. 17 und zuletzt vom 14.12.2023, V R 28/21, BStBl II 2024, 425, Rz. 23).
Üben sie darüber hinaus auch andere wirtschaftliche Tätigkeiten aus, ist jeweils gesondert zu prüfen, ob insoweit ein eigenständiger stpfl. wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb oder ein weiterer Zweckbetrieb nach Maßgabe der §§ 65, 66 oder 68 AO vorliegt.
Hinweis:
Hinzuweisen ist auf die Unmittelbarkeitsvoraussetzung des § 57 Abs. 3 AO, die durch das JStG 2020 vom 21.12.2020 (BGBl I 2020, 3096) eingeführt wurde (anzuwenden ab 29.12.2020). Grds. muss die Körperschaft die steuerbegünstigten satzungsmäßigen Zwecke selbst verwirklichen, damit Unmittelbarkeit gegeben ist (§ 57 Abs. 1 AO; AEAO zu § 57 Tz. 1).
Eine Körperschaft verfolgt ihre steuerbegünstigten Zwecke auch dann unmittelbar i.S.d. § 57 Abs. 1 Satz 1 AO, wenn sie satzungsgemäß durch planmäßiges Zusammenwirken mit mindestens einer weiteren Körperschaft, die im Übrigen die Voraussetzungen der §§ 51 bis 68 AO erfüllt, einen steuerbegünstigten Zweck verwirklicht. Die §§ 14 sowie 65 bis 68 AO sind mit der Maßgabe anzuwenden, dass für das Vorliegen der Eigenschaft als Zweckbetrieb bei der jeweiligen Körperschaft die Tätigkeiten der zusammenwirkenden Körperschaften zusammenzufassen sind.
Körperschaften wird es hierdurch ermöglicht, steuerbegünstigt arbeitsteilig vorzugehen, um gemeinsam einen steuerbegünstigten Zweck zu verfolgen. Gliedert z.B. eine steuerbegünstigte Körperschaft, die ein Krankenhaus i.S.d. § 67 AO betreibt, einen zum Zweckbetrieb gehörenden Wäschereibetrieb auf eine Tochtergesellschaft (Wäscherei-GmbH) aus, führt der Unmittelbarkeitsgrundsatz dazu, dass die Wäscherei-GmbH nicht steuerbegünstigt ist. Hintergrund ist, dass es sich bei isolierter Betrachtung der ausgegliederten Tätigkeit nicht um eine ideelle oder zweckbetriebliche Tätigkeit handelt. Sie fördert daher nur mittelbar und nicht unmittelbar den steuerbegünstigten Zweck der ausgliedernden Körperschaft. Dieses Ergebnis ist deswegen nicht sachgerecht, weil die innerorganisatorischen Abläufe, Strukturen und Verbindungen unter den Beteiligten vor und nach der Ausgliederung im Wesentlichen identisch sind. Die zuvor zum Zweckbetrieb gehörende Betätigung (Wäscherei) wird lediglich auf einen anderen Rechtsträger verschoben.
Leistungen, die in Verwirklichung des gemeinsamen Zwecks im Rahmen eines wirtschaftlichen Geschäftsbetriebs erfolgen, werden innerhalb eines Zweckbetriebs erbracht, wenn die gesetzlichen Voraussetzungen der §§ 65 ff. AO erfüllt sind. Für die Prüfung der Voraussetzungen des Zweckbetriebs i.S.d. §§ 65 ff. AO sind die aufgrund des planmäßigen Zusammenwirkens ausgeübten Tätigkeiten aller beteiligten Körperschaften in ihrer Gesamtheit zu beurteilen. Wenn aufgrund des planmäßigen Zusammenwirkens ein Tatbestand der §§ 65 ff. AO erfüllt ist, dann ist diese zweckbetriebliche Beurteilung für alle beteiligten Körperschaften maßgeblich. Für die Erbringung von Leistungen außerhalb des gemeinsamen steuerbegünstigten Zwecks gelten die allgemeinen Regelungen.
Die Regelungen in § 57 Abs. 3 Satz 2 AO bewirken im Beispiel, dass die Wäschereileistungen der Wäscherei-GmbH gegenüber der Krankenhausgesellschaft innerhalb des planmäßigen Zusammenwirkens als Zweckbetriebsleistungen nach § 67 AO gelten. Sowohl die Krankenhausgesellschaft als auch die Wäscherei-GmbH erbringen ihre Leistungen somit jeweils im Rahmen eines Zweckbetriebs nach § 67 AO.
Erbringt die ausgegliederte Wäscherei-GmbH hingegen Wäschereidienstleistungen an Dritte, begründet sie damit einen stpfl. wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb i.S.d. § 64 AO (s. BT-Drs. 19/25160, Beschlussempfehlung und Bericht des Finanzausschusses, 223).
Das FinMin Sachsen-Anhalt hat mit Erlass vom 11.6.2020 (42 – S 0186 – 4, DStR 2020, 1682) zur steuerlichen Beurteilung von den nachfolgend aufgeführten zusätzlichen Leistungen, die von den Krankenhäusern erbracht werden, wie folgt Stellung genommen:
Wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb: Bei Überlassung von Fernsprecheinrichtungen und Fernsehgeräten durch das Krankenhaus gegen Entgelt an die Patienten.
Die Überlassung der Telefone und Fernsehgeräte gegen Entgelt kann nicht über § 67 AO dem Bereich des Zweckbetriebs Krankenhaus zugerechnet werden.
Eine Überlassung der Telefone und Fernsehgeräte als Ausfluss der Leistung »Unterbringung« (vgl. AEAO zu § 67 AO) kommt nicht in Betracht, da dieser Service zu den gesondert abzurechnenden Wahlleistungen gem. § 17 KHEntgG gehört.
Ein Zweckbetrieb i.S.d. § 65 AO liegt ebenfalls nicht vor, weil die steuerbegünstigten Satzungszwecke auch ohne eine Überlassung der Gerätschaften erreicht werden können und damit die Voraussetzung des § 65 Nr. 2 AO nicht erfüllt ist. Die Vorschriften des § 66 und § 68 AO sind hier nicht einschlägig.
Wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb: Bei Personal- und Sachmittelgestellung an eine private Klinik bzw. an eine ärztliche Gemeinschaftspraxis.
Aus der Sicht des Krankenhauses mangelt es an einer eigenen Zweckverwirklichung i.S.d. § 57 Abs. 1 Satz 1 AO. Eine für die Gemeinnützigkeit erforderliche unmittelbare Förderung der Allgemeinheit (Patienten) liegt nicht vor, da das Krankenhaus mit seinen Leistungen lediglich die eigenwirtschaftlichen Interessen der Dritten fördert. Die Dritten sind auch nicht als Hilfsperson i.S.d. § 57 Abs. 1 Satz 2 AO tätig, denn sie können völlig weisungsfrei arbeiten und es besteht grds. keine Einflussmöglichkeit des Krankenhauses.
Wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb: Personal- und Sachmittelgestellung an Belegärzte zwecks stationärer oder teilstationärer Behandlung durch die Belegärzte.
Dem Belegarzt wird gestattet, im Krankenhaus Patienten seines Fachgebietes stationär oder teilstationär zu behandeln. Eine ambulante Behandlung von Patienten im Krankenhaus ist ihm – abgesehen von Notfällen – nur gestattet, wenn er vorher mit dem Krankenhaus eine entsprechende Vereinbarung zur Durchführung ambulanter Tätigkeiten im Krankenhaus abgeschlossen hat.
Der Belegarzt steht zum Krankenhaus weder in einem Arbeitsverhältnis noch in einem arbeitnehmerähnlichen Verhältnis. Als freiberuflich tätiger Arzt schließt der Belegarzt mit den Patienten den Vertrag über die ärztliche Behandlung. Der Belegarzt ist in seiner ärztlichen Tätigkeit grundsätzlich unabhängig und eigenverantwortlich. Eine feststehende Bettenzahl wird nicht vertraglich vereinbart. Über die Aufnahme und Entlassung von Patienten im Rahmen der zur Verfügung stehenden Betten entscheidet unter ärztlichen Gesichtspunkten und dem Recht der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) der Belegarzt.
Zur Ausübung seiner ärztlichen Tätigkeit ist der Belegarzt berechtigt, die hierfür im Krankenhaus bereitgestellten Dienste, Einrichtungen und Mittel sowie die ärztlichen Mitarbeiter und Schreibkräfte in Anspruch zu nehmen.
Die ärztlichen Leistungen rechnet der Belegarzt mit den Patienten oder den Kostenträgern unmittelbar ab, die übrigen stationären Leistungen mit dem Krankenhaus. Dem Krankenhaus hat er einen Vorteilsausgleich in Höhe eines bestimmten %-Satzes bezogen auf seine Bruttoeinnahmen aus stationärer Tätigkeit zu entrichten. Besteht zudem eine Vereinbarung zur Durchführung ambulanter Tätigkeiten im Krankenhaus, richtet sich die Kostenerstattung nach der im Einzelnen getroffenen Vereinbarung. Bei der Behandlung von ambulanten Notfällen, sind die dem Krankenhaus durch die Inanspruchnahme von Krankenhauseinrichtungen und Krankenhauspersonal entstehenden Kosten zu ersetzen.
Mit der Personal- und Sachmittelgestellung an Belegärzte gegen Vorteilsausgleich bzw. Kostenerstattung begründet das Krankenhaus ebenfalls einen stpfl. wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb.
Zweckbetrieb Krankenhaus: Personal- und Sachmittelgestellung an Chefärzte zur Erbringung von Wahlleistungen gegenüber den Krankenhauspatienten.
Wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb: Personal- und Sachmittelgestellung an Chefärzte zum Betrieb einer ambulanten Praxis im Krankenhaus im Rahmen einer genehmigten Nebentätigkeit.
Danach haben die Chefärzte die Möglichkeit, im Rahmen einer von ihnen betriebenen »Ambulanz« im eigenen Namen und auf eigene Rechnung auch solche Patienten zu behandeln, die sich nicht in stationärer Behandlung des Krankenhauses befinden. Das Krankenhaus stellt den Chefärzten hierfür ebenfalls Personal und Sachmittel zur Verfügung. Die Höhe der von den Chefärzten an das Krankenhaus zu entrichtenden Nutzungsentgelte ist in den entsprechenden Verträgen über »Nebentätigkeiten« festgelegt. Sie betragen i.d.R. 35 bis 40 % der ärztlichen Liquidation.
In diesem Fall begründet die entgeltliche Personal- und Sachmittelgestellung durch das Krankenhaus an den Chefarzt einen stpfl. wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb des Krankenhauses. Das Krankenhaus wird insoweit nicht mehr im Rahmen seines Zweckbetriebs Krankenhaus i.S.d. § 67 AO tätig, weil es an einer unmittelbaren Förderung der steuerbegünstigten satzungsmäßigen Zwecke fehlt und das Krankenhaus im Übrigen auch nicht selbstlos die Allgemeinheit fördert.
Mit der Nutzungsüberlassung verfolgt das Krankenhaus eigenwirtschaftliche Zwecke, sodass diese schon dem Grunde nach nicht als Verfolgung steuerbegünstigter Zwecke und damit als dem Zweckbetrieb i.S.d. § 67 AO zugehörig angesehen werden.
Soweit die entgeltliche Überlassung von Personal und Sachmitteln an die Chefärzte einen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb des Krankenhauses bildet, können bei dessen Gewinnermittlung z.B. anteilige Personalkosten für Arzthelfer/Innen, Schreibdienst, Buchhaltung und auf der Grundlage des »Tarifs der Deutschen Krankenhausgesellschaft für die Abrechnung erbrachter Leistungen und für die Kostenerstattungen vom Arzt an das Krankenhaus« ermittelte Sachkosten als BA berücksichtigt werden. Die Berücksichtigung des anteiligen Grundgehalts des Chefarztes selbst kommt hingegen nicht in Betracht, da die Nebentätigkeit außerhalb der vertraglichen Dienstverpflichtungen stattfindet.
Nach dem BFH-Urteil vom 14.12.2023 (V R 28/21, BStBl II 2024, 425; s.a. Anmerkung vom 23.4.2024, LEXinform 0654144) hängen die Einnahmen eines Krankenhauses aus der Personal- und Sachmittelgestellung an nach § 116 SGB V ermächtigte Ärzte – und demgemäß die diesen Einnahmen zuzuordnenden Ausgaben – nicht mit dem Zweckbetrieb »Krankenhaus« (§ 67 Abs. 1 AO) zusammen, sondern gehören zu den Besteuerungsgrundlagen, die einem stpfl. wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb zuzuordnen sind (§ 64 Abs. 1 AO).
Zweckbetrieb Krankenhaus: Kooperationsvertrag mit einem berufsgenossenschaftlichen Unfallkrankenhaus.
Die von einem gemeinnützigen Krankenhaus auf der Grundlage eines Kooperationsvertrages mit einem anderen gemeinnützigen Krankenhaus (z.B. einem berufsgenossenschaftlichem Unfallkrankenhaus) eigenständig erbrachten Behandlungsleistungen sind bei der Einhaltung der 40 %-Grenze dem Krankenhaus-Zweckbetrieb (§ 67 AO) zuzurechnen.
Sportliche Veranstaltung ist die organisatorische Maßnahme von Sportvereinen oder Verbänden, die es aktiven Sportlern (nicht nur Mitgliedern des Vereins) ermöglicht, Sport zu treiben (AEAO zu § 67a Tz. 3). Auch Sportkurse und Sportlehrgänge für Mitglieder und Nichtmitglieder des Vereins sind sportliche Veranstaltungen (s. AEAO zu § 67a Tz. 3–5). Es ist unschädlich für die Zweckbetriebseigenschaft, dass der Verein mit dem Sportunterricht in Konkurrenz zu gewerblichen Sportlehrern (z.B. Reitlehrer, Skilehrer, Tennislehrer, Schwimmlehrer) tritt, weil § 67a AO als die speziellere Vorschrift dem § 65 AO vorgeht. Die Beurteilung des Sportunterrichts als sportliche Veranstaltung hängt nicht davon ab, ob der Unterricht durch Beiträge, Sonderbeiträge oder Sonderentgelte abgegolten wird.
Eine bestimmte Organisationsform oder -struktur schreibt das Gesetz nicht vor. Anwesenheit von Publikum ist nicht vorausgesetzt. Auch ein Training kann sportliche Veranstaltung sein.
Zum Begriff der sportlichen Veranstaltung s.a. BFH Beschluss vom 20.11.2008 (V B 264/07, BFH/NV 2009, 430, LEXinform 5904798). Danach gilt die Auslegung des Begriffs der sportlichen Veranstaltung für alle Sportvereine; eine gesonderte Entscheidung für die unterschiedlichen Arten von Sportvereinen ist nicht erforderlich. Die untere Grenze der sportlichen Veranstaltung ist erst unterschritten, wenn die Maßnahme nur eine Nutzungsüberlassung von Sportgegenständen bzw. -anlagen oder bloß eine konkrete Dienstleistung, wie z.B. die Beförderung zum Ort der sportlichen Betätigung oder ein spezielles Training für einzelne Sportler, zum Gegenstand hat. Die Vermietung von Sportstätten auf kurze Dauer schafft lediglich die Voraussetzungen für sportliche Veranstaltungen (s.a. BFH vom 11.10.2007, V R 69/06, BFH/NV 2008, 322, LEXinform 0588096).
Bei Vermietung von Sportstätten einschließlich der Betriebsvorrichtungen für sportliche Zwecke ist zwischen der
Vermietung auf längere Dauer und der
Vermietung auf kurze Dauer (z.B. stundenweise Vermietung, auch wenn die Stunden für einen längeren Zeitraum im Voraus festgelegt werden)
zu unterscheiden. Die Vermietung auf längere Dauer ist dem Bereich der steuerfreien Vermögensverwaltung zuzuordnen, sodass sich die Frage der Behandlung als »sportliche Veranstaltung« i.S.d. § 67a AO dort nicht stellt.
Die Vermietung von Sportstätten und Betriebsvorrichtungen auf kurze Dauer schafft lediglich die Voraussetzungen für sportliche Veranstaltungen. Sie ist jedoch selbst keine »sportliche Veranstaltung«, sondern ein wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb eigener Art. Dieser ist als Zweckbetrieb i.S.d. § 65 AO anzusehen, wenn es sich bei den Mietern um Mitglieder des Vereins handelt. Bei der Vermietung auf kurze Dauer an Nichtmitglieder tritt der Verein dagegen in größerem Umfang in Wettbewerb zu nicht begünstigten Vermietern, als es bei Erfüllung seiner steuerbegünstigten Zwecke unvermeidbar ist (§ 65 Nr. 3 AO). Diese Art der Vermietung ist deshalb als stpfl. wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb zu behandeln (AEAO zu § 67a Tz. 11 und 12).
→ Sportliche Veranstaltungen eines Sportvereins sind grundsätzlich ein Zweckbetrieb, wenn die Einnahmen einschließlich USt aus allen sportlichen Veranstaltungen des Vereins die Zweckbetriebsgrenze von 45 000 € im Jahr nicht übersteigen (§ 67a Abs. 1 Satz 1 AO). Die Bezahlung von Sportlern in einem Zweckbetrieb i.S.d. § 67a Abs. 1 Satz 1 AO ist zulässig (s.a. § 58 Nr. 8 AO; AEAO zu § 67a Abs. 1, Nr. 18). Dabei ist die Herkunft der Mittel, mit denen die Sportler bezahlt werden, ohne Bedeutung.
Übersteigen die Bruttoeinnahmen die Zweckbetriebsgrenze von 45 000 €, liegt grundsätzlich ein wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb vor. Der Verein kann auf die Anwendung der Zweckbetriebsgrenze verzichten (§ 67a Abs. 2 AO). Die steuerliche Behandlung seiner sportlichen Veranstaltungen richtet sich dann nach § 67a Abs. 3 AO (AEAO zu § 67a, Tz. 1).
Sportliche Veranstaltungen eines Vereins sind dann ein Zweckbetrieb (§ 67a Abs. 3 AO), wenn:
kein Sportler des Vereins teilnimmt, der für seine sportliche Betätigung oder für die Benutzung seiner Person, seines Namens, seines Bildes oder seiner sportlichen Betätigung zu Werbezwecken von dem Verein oder einem Dritten über eine Aufwandsentschädigung (maximal 520 € je Monat im Jahresdurchschnitt; AEAO zu § 67a Abs. 3, Tz. 32 i.d.F. des BMF-Schreibens vom 23.1.2023, BStBl I 2023, 184 unter Tz. 9) hinaus Vergütungen oder andere Vorteile erhält und
kein anderer Sportler teilnimmt, der für die Teilnahme an der Veranstaltung von dem Verein oder einem Dritten im Zusammenwirken mit dem Verein über die tatsächliche Aufwandsentschädigung hinaus Vergütungen oder andere Vorteile erhält.
Mit Beschluss vom 3.8.2022 (XI R 11/19, BStBl II 2023, 202) hat der BFH zur Abgrenzung von Aufwandsentschädigungen und Vergütungen i.S.d. § 67a Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 AO bei Zahlungen an Amateurfußballer entschieden (so auch die Vorinstanz, Niedersächsisches FG Urteil vom 25.4.2019 (11 K 134/17, EFG 2019, 1058, LEXinform 5022178).
Entscheidungssachverhalt:
Der Kläger ist ein Fußballverein, dessen erste Herrenmannschaft in der Oberliga spielt. Nach seiner Satzung verfolgt er ausschließlich und unmittelbar gemeinnützige Zwecke. Im Streitfall wurden an die Sportler teilweise Vergütungen von monatlich über 1 000 € ausgezahlt. Entsprechende Aufzeichnungen über die tatsächlichen Ausgaben der Sportler konnten nicht vorgelegt werden.
Der Verein argumentierte, dass kein Spieler der Fußballmannschaft Aufwandsentschädigungen erhalten habe, die über den tatsächlichen und in dieser Höhe auch entstandenen Aufwand hinausgehen würden. Fahrtkosten seien stets mit 0,30 € pro Kilometer erstattet worden. Darüber hinaus seien die Kosten für Trainingsbekleidung, Fußballschuhe, Sporttaschen und deren üblicher Inhalt nur in der Höhe erstattet worden, die nach einschlägigen Erfahrungssätzen sowohl des Vereins als auch anderer Fußballvereine absolut üblich und durchschnittlich seien. Um den Abrechnungsmodus zu vereinfachen, habe man auf Einzelbelege verzichtet und habe den Spielern gleichbleibende Beträge in der Höhe gezahlt, wie sie üblicherweise tatsächlich anfallen würden. Höhere Aufwandsentschädigungen habe der Cheftrainer der 1. Herrenmannschaft in den Streitjahren erhalten, da bei diesem aufgrund von Spieler- und Gegnerbeobachtungen z.B. höhere Fahrtkosten anfallen würden.
Hinweis:
Zur Auswirkung der Trainervergütung auf die Zweckbetriebseigenschaft s. AEAO zu § 67a Abs. 3 Tz. 36).
Fortsetzung Entscheidungssachverhalt:
Die Höhe der Aufwandsentschädigung werde mit den jeweiligen Spielern individuell verhandelt und definiert, wobei in den meisten Fällen eine Pauschale von 0,30 € je gefahrenem Kilometer und eine Pauschale für die Anschaffung und Pflege von Sportkleidung gezahlt werde. Während der Saison fahre ein einsatzfähiger Spieler rund zwanzigmal im Monat zum Training oder zu Spielen. Eine Aufwandsentschädigung von 400 € (jetzt 520 €) würde in diesem Fall lediglich eine Entfernung von 33 km zwischen Wohnort und Sitz des Vereins abdecken. Viele Spieler würden aber mehr als doppelt so weit entfernt wohnen. Im Hinblick auf die gezahlte Pauschale für den Erwerb und die Pflege der Sportbekleidung sei zu beachten, dass pro Saison im Schnitt sicherlich mindestens zwei Paare Fußballschuhe zum Preis von rd. 150 € verbraucht würden. Der monatliche Aufwand für die Pflege und Reinigung liege bei mindestens 50 €.
Entscheidungsgründe:
§ 67a Abs. 3 Satz 1 AO definiert den Begriff der Aufwandsentschädigung nicht. Aus der Vorschrift ergibt sich unmittelbar nur, dass die zweckbetriebsunschädliche Aufwandsentschädigung von zweckbetriebsschädlichen »Vergütungen oder andere[n] Vorteile[n]« abzugrenzen ist, wobei der konkrete Aufwand jedes einzelnen Sportlers maßgeblich ist (BFH Beschluss vom 21.3.2002, V B 87/01, BFH/NV 2002, 1012, unter II.1.). Der Aufwandsentschädigung in diesem Sinne ist es immanent, dass sie nur einen tatsächlichen Aufwand entschädigen soll. Dementsprechend geht das Schrifttum zutreffend davon aus, dass die Aufwandsentschädigung nicht über den tatsächlichen Aufwand hinausgehen darf (BFH XI R 11/19, Rz. 18). Jedenfalls dann, wenn nicht nachvollziehbar ist, inwieweit tatsächlich Aufwand bei den einzelnen Sportlern angefallen ist, kann eine »pauschale Abrechnung von Aufwendungsersatz« nicht genügen. Denn § 67a Abs. 3 Satz 1 AO enthält keine gesetzliche Pauschalierungsregelung.
Mangels ausreichender Aufzeichnungen ist nicht nachvollziehbar, inwieweit tatsächlich Aufwand bei den einzelnen Sportlern angefallen ist. Es war deshalb nicht überprüfbar, ob bei allen Sportlern die ihnen jeweils geleistete Zahlung nicht über eine Aufwandsentschädigung hinausging. Dies schließt die Annahme eines Zweckbetriebs nach § 67a Abs. 3 Satz 1 AO aus.
Bei Zahlungen eines Vereins an Amateursportler ist die in Nr. 32 zu § 67a AEAO gewählte 450 €-Grenze (jetzt 520 €-Grenze) eine sachgerechte Vereinfachungsregelung zur Abgrenzung von pauschal geleisteten Aufwandsentschädigungen. Darüber hinausgehender Aufwand muss für die Einordnung als Aufwandsentschädigung im Einzelnen nachgewiesen werden.
Im Urteilsfall hatte der Verein für die von ihm durchgeführten Sportveranstaltungen die Zweckbetriebsgrenze nach § 67a Abs. 1 Satz 1 AO überschritten, hatte aber ausdrücklich gegenüber dem FA auf die Zweckbetriebsgrenze nach § 67a Abs. 2 Satz 1 AO verzichtet. Aufgrund dieser Erklärung bestimmt sich die Zweckbetriebseigenschaft nach den Voraussetzungen des § 67a Abs. 3 AO. Danach lag im Urteilsfall ein Zweckbetrieb nicht vor, da an den Veranstaltungen des Vereins Sportler des Vereins teilgenommen haben, die für ihre sportliche Betätigung über eine Aufwandsentschädigung hinaus Vergütungen erhalten haben (s.a. Anmerkung vom 10.1.2023, LEXinform 0654008; s.u. den Gliederungspunkt »Steuerermäßigung für Zweckbetriebe nach § 12 Abs. 2 Nr. 8 Buchst. a Satz 3 Alt. 2 UStG«).
Beispiel 1:
Der Kraftsportverein Hau-Ruck e.V. hat im Jahr 18 Einnahmen i.H.v. 27 000 € aus sportlichen Veranstaltungen erzielt. Dabei ist ein Verlust von 7 500 € bei Veranstaltungen mit bezahlten Sportlern entstanden. Der Verein hat aus seinen anderen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieben einen Umsatz von 70 000 € bei einem Gewinn von 13 500 € erzielt.
Lösung 1:
Verzichtet der Verein nach § 67a Abs. 3 AO auf die Anwendung der Zweckbetriebsgrenze i.S.d. § 67a Abs. 1 Satz 1 AO, dann stellt die sportliche Veranstaltung mit bezahlten Sportlern ein wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb dar (§ 67a Abs. 3 Satz 2 AO). Der Verlust aus dem wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb »sportliche Veranstaltung« i.H.v. 7 500 € kann mit den Gewinnen aus den anderen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieben i.H.v. 13 500 € verrechnet werden. Der Verein hat einen Gesamtgewinn i.H.v. 6 000 € erzielt. Die Option bindet den Verein allerdings auch für mindestens vier Folgejahre, was bedeutet, dass ein dabei im sportlichen Bereich mit bezahlten Sportlern entstehender Gewinn, zur vollen Besteuerung führt.
Ohne die Option nach § 67a Abs. 3 AO wäre die sportliche Veranstaltung ein Zweckbetrieb, da die Zweckbetriebsgrenze des § 67a Abs. 1 AO i.H.v. 45 000 € nicht überschritten ist. Der Verlust aus dem Zweckbetrieb dürfte nicht mit den Gewinnen aus den wirtschaftlichen Geschäftsbetrieben verrechnet werden, sodass der Verein einen Gewinn i.H.v. 13 500 € zu versteuern hätte.
Beispiel 2:
Der Kraftsportverein Hau Ruck e.V. hat im Jahr 18 aus sportlichen Veranstaltungen mit unbezahlten Sportlern 47 000 € Einnahmen bei einem Gewinn von 9 000 € erzielt.
Lösung 2:
Die Einnahmen werden, sofern der Verein nicht zum Zweckbetrieb optiert, als wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb der Körperschaftsteuer unterworfen (§ 67a Abs. 1 Satz 1 AO).
Verzichtet der Verein hingegen auf die Anwendung der Zweckbetriebsgrenze nach § 67a Abs. 3 Satz 1 AO, erzielt der Verein Einnahmen aus Zweckbetrieb, die der Körperschaftsteuer nicht unterliegen.
Die Option bindet den Verein allerdings für mindestens fünf Veranlagungszeiträume an die Erklärung.
Nach dem BFH-Urteil vom 24.6.2015 (I R 13/13, BStBl II 2016, 971) bestätigt der BFH seine Rechtsauffassung in seinem Urteil vom 25.7.1996 (V R 7/95, BStBl II 1997, 154). Eine sportliche Veranstaltung ist danach die organisatorische Maßnahme einer begünstigten Einrichtung, die es aktiven Sportlern erlaubt, Sport zu treiben. Eine bestimmte Organisationsform oder -struktur ist für die Veranstaltung nicht notwendig. Dabei stellt der BFH fest, dass die Tätigkeit eines Sport-Dachverbandes nicht unter die sportliche Veranstaltung des § 67a AO gehört. Auch wenn die Leistungen des Dachverbandes die ordnungsgemäße und einheitliche Durchführung der einzelnen Bundesliga-Wettkämpfe durch die Vereine erst ermöglichen mögen, sind sie doch nicht auf Organisation oder Durchführung konkreter sportlicher Veranstaltungen gerichtet. Die konkreten Organisationsmaßnahmen werden vielmehr von den Vereinen erbracht, denen allein auch die Einnahmen aus den Wettkämpfen zustehen und die allein die finanziellen Risiken der Veranstaltungen tragen. Auch entsendet nicht der Dachverband, sondern entsenden die Vereine die Sportler zu den jeweiligen Veranstaltungen.
Die Tätigkeit des Dachverbandes erfüllt auch nicht die Zweckbetriebseigenschaft des § 65 AO. Ein Zweckbetrieb nach § 65 AO ist gegeben, wenn (u.a.) der wirtschaftliche Geschäftsbetrieb in seiner Gesamtrichtung dazu dient, die steuerbegünstigten gemeinnützigen Zwecke der Körperschaft zu verwirklichen (§ 65 Nr. 1 AO). An dieser Voraussetzung fehlt es, soweit der wirtschaftliche Geschäftsbetrieb eines gemeinnützigen Sportvereins oder -verbands der Förderung des bezahlten Sports dient. Das ergibt sich daraus, dass der bezahlte Sport nicht unter den gemeinnützigkeitsrechtlichen Sportbegriff des § 52 Abs. 2 Nr. 21 AO fällt, weil er in erster Linie den eigenwirtschaftlichen Zwecken der bezahlten Sportler dient (AEAO zu § 52 Tz. 7). Wenn auch die neben der Förderung des unbezahlten Sports ausgeübte Förderung auch des bezahlten Sports durch einen Sportverein gem. § 58 Nr. 8 AO nicht zum Ausschluss der Steuerbegünstigung insgesamt führt, ist dieser Teilbereich als wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb stpfl. Ein auf die Förderung auch des bezahlten Sports gerichteter wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb eines Sportvereins kann im Hinblick auf diesen Förderzweck lediglich im Rahmen der Zweckbetriebsvoraussetzungen des § 67a AO steuerfrei sein. Diese Voraussetzungen liegen hier indes aus den oben genannten Gründen nicht vor.
Als Konsequenz wurde Abschn. 12.9. Abs. 4 Nr. 1 UStAE neu gefasst.
Die Tätigkeit der Landessportbünde im Rahmen der Verleihung des Deutschen Sportabzeichens und des Deutschen Jugendsportabzeichens stellt einen Zweckbetrieb i.S.d. § 65 AO dar. Entsprechendes kann bei gemeinnützigen Sportverbänden für die Genehmigung von Wettkampfveranstaltungen der Sportvereine sowie für die Ausstellung oder Verlängerung von Sportausweisen für Sportler gelten.
Hinweis:
Durch das Gesetz zur Vermeidung von Umsatzsteuerausfällen beim Handel mit Waren im Internet und zur Änderung weiterer steuerlicher Vorschriften vom 11.12.2018 (BGBl I 2018, 2338) wird ab 1.1.2021 § 67a AO um einen neuen Abs. 4 ergänzt.
§ 67a Abs. 4 AO ist eine spezielle Regelung für Organisationsleistungen von Sportdachverbänden, die die sportlichen Veranstaltungen ihrer Mitgliedsvereine organisatorisch ermöglicht. Hierunter fällt in aller Regel die Organisation des Ligaspielbetriebes durch den zuständigen Sportdachverband.
Danach sind auch diese organisatorischen Leistungen eines Sportdachverbandes ein Zweckbetrieb. Voraussetzung hierfür ist, dass an der sportlichen Veranstaltung überwiegend – d.h. zu mehr als 50 % – Amateursportler teilnehmen.
Nicht zu den Amateuren gehören die sog. Lizenzsportler einer Liga. So ist z.B. im Fußballsport Lizenzspieler, wer das Fußballspiel aufgrund eines mit einem Lizenzverein oder einer KapGes geschlossenen schriftlichen Vertrages betreibt und durch Abschluss eines schriftlichen Lizenzvertrages mit dem Ligaverband zum Spielbetrieb zugelassen ist. Der Begriff des »Lizenzsportlers« beschreibt also einen Status unabhängig von vereinbarten oder erhaltenen Zahlungen.
Bei Sportarten mit Ligabetrieb werden alle sportlichen Veranstaltungen, z.B. alle Spiele einer Saison, einer Liga gesetzlich als eine einheitliche sportliche Veranstaltung betrachtet. Bereits zu Beginn der Saison ist daher eine Einschätzung darüber möglich, ob am Ligabetrieb überwiegend Amateursportler oder Lizenzsportler teilnehmen. Damit ist für die beteiligten Sportdachverbände bereits zu Saisonbeginn einschätzbar, ob ihre organisatorischen Leistungen steuerbegünstigt sind oder nicht.
Die Regelung trägt dem im § 67a AO verankerten Amateursportprinzip Rechnung. Danach sind organisatorische Leistungen, die überwiegend Lizenzsportlern zugutekommen, nicht steuerbegünstigt. Organisatorische Leistungen für den Verkauf von Speisen und Getränken sowie die Werbung sind entsprechend der Regelung in § 67a Abs. 1 Satz 2 AO nicht steuerbegünstigt.
Organisatorische Leistungen der Sportdachverbände können nunmehr ligaweise dem Zweckbetrieb oder dem stpfl. wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb zugeordnet werden, da die Zusammensetzung der spielberechtigten Sportler nach Amateur- und Lizenzspielern den Dachverbänden bekannt ist. Es dürfte für die Dachverbände ohne Weiteres möglich sein zu beurteilen, ob in einer Saison in einer Liga überwiegend Lizenzspieler zum Einsatz kommen oder ob es sich mehrheitlich um Amateurspieler handelt. Bereits zu Saisonbeginn können die Sportdachverbände daher einschätzen, ob sie ihre organisatorischen Leistungen im Zweckbetrieb oder im stpfl. wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb erbringen. Entsprechend könnten sie ihre Gebühren kalkulieren. Ein zusätzlicher Informationsaustausch mit den Vereinen nur für steuerliche Zwecke wäre nicht erforderlich (s. AEAO zu § 67a Abs. 4 Tz. 41).
Die Vorschrift des § 68 AO enthält eine beispielhafte Aufzählung von Betrieben, die ihrer Art nach Zweckbetriebe sein können und geht als spezielle Norm der Regelung des § 65 AO vor (AEAO zu § 68 Nr. 1). So sind dies u.a.:
Alten-, Altenwohn- und Pflegeheime, Erholungsheime, Mahlzeitendienste, wenn sie in besonderem Maße den in § 53 AO genannten Personen dienen (s. § 66 Abs. 3 AO, s. § 68 Nr. 1 Buchst. a AO; AEAO zu § 68 Nr. 1 Tz. 2). Sind in einem Mahlzeitendienst einer gemeinnützigen GmbH hauptsächlich Langzeitarbeitslose im Rahmen von Wiedereingliederungsmaßnahmen beschäftigt und werden diese auch sozial-therapeutisch betreut, so kann dies einen steuerbegünstigten Zweckbetrieb i.S.d. § 65 AO darstellen (BFH vom 13.6.2012, I R 71/11, BFH/NV 2013, 89, LEXinform 0928899);
Kindergärten, Kinder-, Jugend- und Studentenheime, Schullandheime und Jugendherbergen (s. § 68 Nr. 1 Buchst. b AO). Bei Kindergärten, Kinder-, Jugend- und Studentenheimen sowie bei Schullandheimen und Jugendherbergen müssen die geförderten Personen die Voraussetzungen nach § 53 AO nicht erfüllen. Leistungen, die von Jugendherbergen an allein reisende Erwachsene (= Personen nach Vollendung des 27. Lebensjahres) erbracht werden, begründen einen selbstständigen stpfl. wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb nach §§ 14, 64 AO (BFH Urteil vom 10.8.2016, V R 11/15, BStBl II 2018, 113 sowie BMF vom 18.1.2018, BStBl I 2018, 204 und AEAO zu § 68 Nr. 1 Tz. 3);
Einrichtungen zur Versorgung, Verpflegung und Betreuung von Flüchtlingen (§ 68 Nr. 1 Buchst. c AO). Durch das JStG 2020 vom 21.12.2020 (BGBl I 2020, 3096) wird mit Wirkung vom 29.12.2020 § 68 Nr. 1 Buchst. c AO angefügt. Flüchtlinge zählen regelmäßig aufgrund ihrer psychischen, physischen oder wirtschaftlichen Situation zu dem von § 53 AO erfassten Personenkreis. Eine Prüfung der Voraussetzungen des § 53 AO der Flüchtlinge ist deshalb bei Einrichtungen zur Versorgung, Verpflegung und Betreuung von Flüchtlingen nicht erforderlich.
Die Einrichtungen dürfen nicht des Erwerbs wegen betrieben werden (§ 66 Abs. 2 AO; AEAO zu § 68 Nr. 1 Tz. 4 Abs. 2);
Landwirtschaftliche Betriebe und Gärtnereien, die der Selbstversorgung von Körperschaften dienen und dadurch die sachgemäße Ernährung und ausreichende Versorgung von Anstaltsangehörigen sichern, sowie andere Einrichtungen, die für die Selbstversorgung von Körperschaften erforderlich sind, wie Tischlereien, Schlossereien, wenn die Umsätze dieser Einrichtungen an Außenstehende dem Wert nach 20 % der gesamten Lieferungen und sonstigen Leistungen des Betriebs – einschließlich der an die Körperschaft selbst bewirkten – nicht übersteigen (s. § 68 Nr. 2 Buchst. a und b AO). § 68 Nr. 2 Buchstabe b AO erfasst nur Selbstversorgungseinrichtungen, die den darin genannten Handwerksbetrieben vergleichbar sind. Erbringen diese Einrichtungen auch Leistungen gegenüber Außenstehenden, sind nur die Einrichtungen der steuerbegünstigten Körperschaft begünstigt, die nicht regelmäßig ausgelastet sind und deshalb gelegentlich auch Leistungen an Außenstehende erbringen. Nicht begünstigt sind Einrichtungen, die über Jahre hinweg Leistungen an Außenstehende ausführen und hierfür auch personell entsprechend ausgestattet sind. Die Verwaltungs- und Geschäftsstelle eines Vereins oder Verbands gilt nicht als Selbstversorgungseinrichtung (und damit als Zweckbetrieb nach § 68 Nr. 2 AO), wenn diese für angeschlossene Vereine Verwaltungsarbeiten übernimmt (s. BFH vom 29.1.2009, V R 46/06 BStBl II 2009, 560; s.a. Seeger u.a., Leistungsaustausch zwischen gemeinnützigen Körperschaften, NWB 35/2014, 2612). Solche Selbstversorgungsbetriebe, die bereits am 1.1.2010 bestanden haben, gelten bis Ende 2012 als Selbstversorgungsbetriebe (BMF vom 12.4.2011, BStBl I 2011, 538). Nach dem 31.12.2009 gegründete Selbstversorgungsbetriebe mit dem o.g. Tätigkeitsprofil gelten nicht als Selbstversorgungseinrichtung. Außenstehende i.S. dieser Regelung sind auch ArbN der Körperschaft (s. AEAO zu § 68 Nr. 2 Tz. 5);
Werkstätten für behinderte Menschen (§ 68 Nr. 3 Buchst. a AO).
Der Begriff »Werkstatt für behinderte Menschen« bestimmt sich nach § 219 SGB IX. Werkstätten für behinderte Menschen bedürfen der förmlichen Anerkennung. Anerkennungsbehörde ist die Bundesagentur für Arbeit, die im Einvernehmen mit dem überörtlichen Träger der Sozialhilfe über die Anerkennung einer Einrichtung als Werkstatt für behinderte Menschen durch Anerkennungsbescheid entscheidet (§ 225 SGB IX; AEAO zu § 68 Nr. 3 Tz. 6 Abs. 1).
Läden oder Verkaufsstellen von Werkstätten für behinderte Menschen sind grundsätzlich als Zweckbetriebe zu behandeln, wenn dort Produkte verkauft werden, die von der – den Laden oder die Verkaufsstelle betreibenden – Werkstatt für behinderte Menschen oder einer anderen Werkstatt für behinderte Menschen i.S.d. § 68 Nr. 3 Buchst. a AO hergestellt worden sind. Werden von dem Laden oder der Verkaufsstelle der Werkstatt für behinderte Menschen auch zugekaufte Waren, die nicht von ihr oder von anderen Werkstätten für behinderte Menschen hergestellt worden sind, weiterverkauft, liegt insoweit ein gesonderter stpfl. wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb vor (AEAO zu § 68 Nr. 3 Tz. 6 Abs. 2).
Zu den Zweckbetrieben gehören auch die von den Trägern der Werkstätten für behinderte Menschen betriebenen Kantinen, weil die besondere Situation der behinderten Menschen auch während der Mahlzeiten eine Betreuung erfordert (AEAO zu § 68 Nr. 3 Tz. 6 Abs. 3).
Betreibt ein gemeinnütziger Verein zur Förderung des Wohlfahrtswesens neben einer anerkannten Werkstatt für behinderte Menschen zusätzlich noch auf einem Bahnhof mit öffentlichen Mitteln gefördert ein Bistro, das nicht Betriebsteil der Werkstatt für Behinderte ist und in dem ehemals langzeitarbeitslose sowie behinderte Menschen gegen Bezahlung arbeiten, die wegen ihrer Behinderung nicht, noch nicht oder noch nicht wieder auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt tätig sein können, aber nicht zur Behindertenwerkstatt gehören, so stellt das Bistro keinen zur Anwendung des ermäßigten Umsatzsteuersatzes berechtigenden Zweckbetrieb nach § 66, § 68 Nr. 3 Buchst. a AO dar (BFH vom 23.7.2019, XI R 2/17, BFH/NV 2010, 69, LEXinform 0951349; Pressemitteilung des BFH Nr. 76/2019 vom 21.11.2019, LEXinform 0450664; Kurzbeitrag vom 26.11.2019, LEXinform 0653690 und Anmerkung vom 27.11.2019, LEXinform 0881988; s.u. unter dem Gliederungspunkt »Umsatzsteuerrechtliche Behandlung eines Zweckbetriebs«);
Inklusionsbetriebe i.S.d. § 215 Abs. 1 SGB IX, wenn mindestens 40 % der Beschäftigten besonders betroffene schwerbehinderte Menschen i.S.d. § 215 Abs. 1 SGB IX sind; auf die Quote werden psychisch kranke Menschen i.S.d. § 215 Abs. 4 SGB IX angerechnet (§ 68 Nr. 3 Buchst. c AO).
Inklusionsbetriebe i.S.d. § 215 SGB IX sind rechtlich und wirtschaftlich selbstständige Unternehmen oder unternehmensinterne oder von öffentlichen ArbG i.S.d. § 154 Abs. 2 SGB IX geführte Betriebe oder Abteilungen zur Beschäftigung schwerbehinderten oder diesen gleichgestellten Menschen, deren Teilhabe an einer sonstigen Beschäftigung auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt aufgrund von Art oder Schwere der Behinderung oder wegen sonstiger Umstände voraussichtlich trotz Ausschöpfens aller Fördermöglichkeiten und des Einsatzes von Integrationsfachdiensten auf besondere Schwierigkeiten stößt (AEAO zu § 68 Nr. 3 Tz. 7 Abs. 1).
Für Inklusionsbetriebe wird anders als bei Werkstätten für behinderte Menschen kein förmliches Anerkennungsverfahren durchgeführt (AEAO zu § 68 Nr. 3 Tz. 7 Abs. 2).
Zur Zweckbetriebseigenschaft von Inklusionsbetrieben i.S.d. § 68 Nr. 3 Buchst. c AO unter Beachtung einer umsatzsteuerlichen Organschaft hat der BFH mit Urteil vom 27.2.2020 (V R 10/18, BFH/NV 2020, 1246, LEXinform 0951823) entschieden, dass Beschäftigte der Werkstatt für behinderte Menschen gem. § 219 Abs. 1 Satz 1 SGB IX bei der Bestimmung der für einen Inklusionsbetrieb als Zweckbetrieb (§ 68 Nr. 3 Buchst. c AO) maßgeblichen Beschäftigungsquote berücksichtigt werden können.
Entscheidungssachverhalt:
Im Urteilsfall V R 10/18 unterhielt ein gemeinnütziger Verein (V) eine Werkstatt für behinderte Menschen gem. § 219 Abs. 1 Satz 1 SGB IX. V war Alleingesellschafter einer gemeinnützigen GmbH (GmbH), die mit ihrem Inklusionsbetrieb im Bereich der Gartengestaltung tätig war. Die GmbH setzte ArbN des V in dem Inklusionsbetrieb ein.
Die Zweckbetriebseigenschaft eines Inklusionsbetriebs setzt voraus, dass 40 v.H. der in dem Betrieb Beschäftigten ArbN mit besonderer Schwerbehinderung sind. Nach § § 215 Abs. 1 SGB IX sind Inklusionsbetriebe rechtlich und wirtschaftlich selbstständige Unternehmen.
Für die Berechnung der für den Zweckbetrieb erforderlichen Beschäftigungsquote kommt es auf das Verhältnis der in dem Inklusionsbetrieb beschäftigten ArbN mit und ohne Schwerbehinderung an. Die Beschäftigten müssen ArbN in Inklusionsbetrieben sein. Denn Inklusionsbetriebe sind nach dem gesetzlichen Zweck der Inklusion Teil des allgemeinen Arbeitsmarktes. Damit haben die dort Beschäftigten unterschiedslos Arbeitnehmerstatus, sodass insoweit nicht zwischen behinderten und nicht behinderten ArbN zu unterscheiden ist. Dementsprechend richten sich die Rechtsbeziehungen zwischen Beschäftigten und dem Inklusionsbetrieb nach dem zwischen ihnen geschlossenen Arbeitsvertrag. Somit sind alle Mitarbeiter von Inklusionsbetrieben in regulären sozialversicherungspflichtigen Arbeitsverhältnissen beschäftigt und sind, anders als die arbeitnehmerähnlich beschäftigten behinderten Menschen in Werkstätten für Behinderte, ArbN (BFH V R 10/18, Rz. 15).
Beschäftigte der Werkstatt für behinderte Menschen können bei der Bestimmung der für den Zweckbetrieb maßgeblichen Beschäftigungsquote zu berücksichtigen sein. Bei der Werkstatt für behinderte Menschen gem. § 219 Abs. 1 Satz 1 SGB IX handelt es sich um eine Einrichtung zur Teilhabe behinderter Menschen am Arbeitsleben und zur Eingliederung in das Arbeitsleben.
Die in der Werkstatt Beschäftigten konnten sozialrechtlich im Inklusionsbetrieb tätig sein. Die sozialrechtlich mögliche Beschäftigung der Werkstattangehörigen im Inklusionsbetrieb führt allerdings nur dann zu einer Berücksichtigung bei der Berechnung der Beschäftigungsquote für den Zweckbetrieb, wenn die erforderliche Arbeitnehmereigenschaft der Werkstattangehörigen hinreichend eindeutig nachgewiesen und überprüft werden kann.
Entscheidung des BFH:
Zunächst sind die Arbeitsverhältnisse zu berücksichtigen, die zum Betreiber des Inklusionsbetriebs – hier der GmbH – bestehen. Beschäftigte einer von dem Verein V betriebenen Werkstatt, die auf aus Sicht der Werkstatt ausgelagerten Arbeitsplätzen in einem Integrationsprojekt der GmbH tätig sind, sind für die Ermittlung der Beschäftigungsquote des Zweckbetriebs »Integrationsobjekt« zu berücksichtigen.
Eine umsatzsteuerrechtliche Organschaft nach § 2 Abs. 2 Nr. 2 UStG führt dazu, dass die im Inland gelegenen Unternehmensteile des Organkreises als ein Unternehmen zu behandeln sind. Besteht die zwischen den Beteiligten übereinstimmend angenommene Organschaft zwischen dem Verein V und seiner Organgesellschaft, sind die Angehörigen der vom Verein betriebenen Werkstatt bei der Ermittlung der Beschäftigungsquote des von der Organgesellschaft betriebenen Inklusionsbetriebs bei der Berechnung der Beschäftigungsquote miteinzubeziehen.
Die Zweckbetriebseigenschaft des Inklusionsbetriebs nach § 68 Nr. 3 Buchst. c AO führt zur Anwendung des ermäßigten Steuersatzes gem. § 12 Abs. 2 Nr. 8 Buchst. a UStG (s.a. Anmerkung vom 2.12.2020, LEXinform 0889912);
Einrichtungen, die zur Durchführung der Fürsorge für blinde Menschen, zur Durchführung der Fürsorge für körperbehinderte Menschen und zur Durchführung der Fürsorge für psychische und seelische Erkrankungen beziehungsweise Behinderungen unterhalten werden (§ 68 Nr. 4 AO).
Mit Urteil vom 17.11.2022 (V R 12/20, BStBl II 2023, 367, Rz. 28 ff.) nimmt der BFH zur Auslegung des § 68 Nr. 4 und auch der Nr. 3 AO Stellung.
Bei der Auslegung von § 68 Nr. 4 AO ist – ebenso wie bei § 68 Nr. 3 AO – zu beachten, dass die steuerrechtliche Begünstigung nach diesen Tatbeständen über deren Wortlaut hinaus voraussetzt, dass sich die Einrichtung in ihrer Gesamtrichtung als Zweckbetrieb darstellt, wofür sie erkennbar darauf abzielen muss, die satzungsmäßigen Zwecke der Körperschaft zu verwirklichen und diesen zu dienen. Daher sind die für einen Zweckbetrieb grundlegenden Erfordernisse des § 65 Nr. 1 AO auch im Rahmen einer »restriktiven Auslegung« des § 68 AO »entsprechend« zu berücksichtigen (s.o. den Gliederungspunkt »Begünstigte Zweckbetriebe nach § 65 AO« und dort »Verwirklichung der satzungsmäßigen Zwecke«).
Somit muss die von § 68 Nr. 4 AO vorausgesetzte Fürsorgedurchführung dazu dienen, die steuerbegünstigten satzungsmäßigen Zwecke der Körperschaft zu verwirklichen.
Im Urteilsfall V R 12/20 hatte sich der Kläger mit einer Konkurrentenklage gegen die Anwendung des ermäßigten Steuersatzes auf die durch den Beigeladenen erbrachten Leistungen gewandt. Zur Konkurrentenklage s.a. oben den Gliederungspunkt »Begünstigte Zweckbetriebe nach § 65 AO« und dort »Gemeinnützige Beschäftigungsgesellschaften«.
Der Beigeladene im Urteilsfall V R 12/20 ist ein eingetragener gemeinnütziger Verein, der als Selbsthilfeorganisation die Interessen von blinden und stark sehbehinderten Menschen vertritt. In diesem Zusammenhang verkaufte der Beigeladene – ebenso wie die Klägerin der Konkurrentenklage – Hilfsmittel für blinde und sehbehinderte Menschen über ein Ladengeschäft, auf Messen und über das Internet. Das FA und das FG hatten die Umsätze des Beigeladenen gem. § 12 Abs. 2 Nr. 8 Buchst. a Satz 1 UStG als Leistungen einer Körperschaft, die ausschließlich und unmittelbar gemeinnützige Zwecke im Rahmen eines Zweckbetriebs verfolgt, mit dem ermäßigten Steuersatz besteuert. Zu den steuerlich begünstigten Zweckbetrieben gehören gem. § 68 AO u.a. Einrichtungen, die zur Durchführung der Fürsorge für blinde Menschen unterhalten werden.
Der BFH hat das FG-Urteil aufgehoben, weil es die Konkurrentenklage der Klägerin zu Unrecht als unbegründet abgewiesen hat. Das FG hat die Anforderungen an einen begünstigten Zweckbetrieb verkannt und deshalb die Leistungen des Beigeladenen zu Unrecht als umsatzsteuerbegünstigt beurteilt. Der bloße Verkauf von Blindenhilfsmitteln ist nicht begünstigt, wenn er lediglich mit einer allgemein im Fachhandel üblichen, produkt- und anwendungsbezogenen Beratung einhergeht. Eine Blindenfürsorge i.S.v. § 68 Nr. 4 AO kann dagegen vorliegen, wenn z.B. neu erblindeten Personen neben einer reinen Produktberatung weitere – fürsorgeorientierte – Hilfestellungen gegeben werden oder wenn Verkaufstätigkeiten im Zusammenhang mit einem unentgeltlichen Kursangebot zur Förderung der gemeinnützigen Tätigkeit stehen. Ob das der Fall ist, muss das FG nun im zweiten Rechtsgang klären (BFH Pressemitteilung Nr. 8/2023 vom 2.2.2023, LEXinform 0463404; zur Konkurrentenklage s.u. den Gliederungspunkt »Steuerermäßigung für Zweckbetriebe nach § 12 Abs. 2 Nr. 8 Buchst. a Satz 3 Alt. 1 UStG« und dort »Konkurrentenauskunft bzw. -klage«);
von den zuständigen Behörden genehmigte Lotterien und Ausspielungen, wenn der Reinertrag unmittelbar und ausschließlich zur Förderung mildtätiger, kirchlicher oder gemeinnütziger Zwecke verwendet wird (§ 68 Nr. 6 AO und AEAO zu § 68 Nr. 6 Tz. 11 und 12);
kulturelle Einrichtungen wie Museen, Theater, und kulturelle Veranstaltungen wie Konzerte, Kulturausstellungen (§ 68 Nr. 7 AO). Kulturelle Veranstaltungen können nur vorliegen, wenn die Förderung der Kultur Satzungszweck des Vereins ist. Sie sind stets als Zweckbetrieb zu behandeln. Der Verkauf von Speisen und Getränken und die Werbung bei kulturellen Veranstaltungen gehören nicht zu den Zweckbetrieben. Diese Tätigkeiten sind gesonderte wirtschaftliche Geschäftsbetriebe (AEAO zu § 68 Nr. 7 Tz. 13 bis 15);
Volkshochschulen und andere Einrichtungen, soweit sie selbst Vorträge, Kurse und andere Veranstaltungen wissenschaftlicher oder belehrender Art durchführen; dies gilt auch, soweit die Einrichtungen den Teilnehmern dieser Veranstaltungen selbst Beherbergung und Beköstigung gewähren. Mit Urteil vom 21.6.2017 (V R 34/16, BStBl II 2018, 55) hat der BFH zur Zweckbetriebseigenschaft eines Vereins zur Förderung der Open-Source-Software entschieden, dass der als gemeinnützig anerkannte Verein mit der Durchführung seiner Kongresse Veranstaltungen belehrender Art i.S.v. § 68 Nr. 8 AO durchgeführt hat. Bei dem Verein handelt es sich zwar nicht um eine Volkshochschule oder um eine allgemein anerkannte Einrichtung der Erwachsenenbildung, wohl aber um eine andere steuerbegünstigte Einrichtung i.S.v. § 68 Nr. 8 AO. Die Satzungszwecke des Vereins umfassen nach § 52 Abs. 2 Nr. 7 AO die Förderung der Erziehung, Volks- und Berufsbildung einschließlich der Studentenhilfe (AEAO zu § 68 Nr. 8 Tz. 16).
Zur Anwendung des ermäßigten USt-Satzes i.S.d. § 12 Abs. 2 Nr. 8 UStG s.u. und das BFH-Urteil vom 8.3.2010 (V R 14/11, BStBl II 2012, 630) sowie Abschn. 12.9. Abs. 10 Satz 1 Nr. 7 UStAE;
Wissenschafts- und Forschungseinrichtungen, deren Träger sich überwiegend aus Zuwendungen der öffentlichen Hand oder Dritter oder aus der Vermögensverwaltung finanziert (§ 68 Nr. 9 AO). Bei der Prüfung, ob sich der Träger einer Wissenschafts- und Forschungseinrichtung i.S.v. § 68 Nr. 9 i.V.m. § 64 Abs. 1 AO und § 12 Abs. 2 Nr. 8 Buchst. a UStG überwiegend aus Zuwendungen der öffentlichen Hand oder Dritter finanziert, ist die USt nicht zu berücksichtigen (BFH Urteil vom 10.5.2017, V R 7/15, V R 43/14, BFH/NV 2017, 1148, LEXinform 0950152; s.a. Anmerkung vom 6.7.2017, LEXinform 0948851). Dies ergibt sich daraus, dass sich die Trägereinrichtung aus einer von ihr für stpfl. Leistungen vereinnahmten USt weder »finanzieren« darf noch kann, da sie diese USt im Rahmen der indirekten Besteuerung ihrer Leistungsempfänger nur als »Steuereinnehmer für Rechnung des Staates« vereinnahmt.
Eine Forschungseinrichtung finanziert sich nicht überwiegend aus Zuwendungen der öffentlichen Hand oder Dritter oder aus der Vermögensverwaltung, wenn die Einnahmen aus Auftragsforschung oder Ressortforschung mehr als 50 % der gesamten Einnahmen betragen (BFH Urteil vom 4.4.2007, I R 76/05, BStBl II 2007, 631 sowie Strahl, DStR 2007, 1468). Nach dem BFH-Urteil vom 26.9.2019 (V R 16/18, BFH/NV 2020, 38, LEXinform 0951916) gehören zum Zweckbetrieb nach § 68 Nr. 9 AO nur notwendigen Nebentätigkeiten zur Eigen- und Grundlagenforschung (s.a. Anmerkung vom 4.12.2019, LEXinform 0889007).
Hat die Trägereinrichtung neben den Zuwendungen der öffentlichen Hand oder Dritter und den Einnahmen aus der Vermögensverwaltung z.B. stpfl. Leistungen im Bereich der Auftragsforschung erbracht, sind hierfür vereinnahmte Gegenleistungen in die durch § 68 Nr. 9 i.V.m. § 64 Abs. 1 AO und § 12 Abs. 2 Nr. 8 Buchst. a UStG angeordnete Vergleichsrechnung nur im Umfang ihres Entgeltanteils und damit ohne USt einzubeziehen.
Mit Urteil vom 10.5.2017 (V R 7/15, V R 43/14, BFH/NV 2017, 1148, LEXinform 0950152) bestätigt der BFH die Rspr. vom 20.3.2014 (V R 4/13, BFH/NV 2014, 1470, LEXinform 0929459) indem er feststellt, dass der Begriff der Vermögensverwaltung nach § 68 Nr. 9 i.V.m. § 64 Abs. 1 AO und § 12 Abs. 2 Nr. 8 Buchst. a UStG ebenso wie bei § 14 i.V.m. § 64 Abs. 1 AO und § 12 Abs. 2 Nr. 8 Buchst. a UStG nur nichtunternehmerische (nichtwirtschaftliche) Tätigkeiten wie z.B. das Halten von Gesellschaftsanteilen, nicht aber auch entgeltliche Leistungen wie etwa die Vermietung und Verpachtung von unbeweglichen oder beweglichen Vermögen umfasst (s.a. AEAO zu § 68 Nr. 9 Tz. 16 bis 20).
In Fortsetzung seiner Rspr. V R 43/14 hat der BFH mit Urteil vom 10.12.2020 (V R 5/20, BFH/NV 2021, 608, LEXinform 0952751) entschieden, dass zur Vermögensverwaltung nach § 12 Abs. 2 Nr. 8 Buchst. a UStG i.V.m. § 64 Abs. 1 AO und § 68 Nr. 9 AO nur Beteiligungsveräußerungen gehören, die mangels einer unternehmerischen (wirtschaftlichen) Tätigkeit nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 UStG nicht steuerbar sind. Die Veräußerung der Beteiligung an einer Gesellschaft, an die der Gesellschafter zuvor entgeltliche Leistungen im Rahmen seines Unternehmens erbracht hat, erfolgt daher nicht im Rahmen der Vermögensverwaltung (s.u. den Gliederungspunkt »Steuersatzermäßigung für begünstigte Körperschaften nach § 12 Abs. 2 Nr. 8 Buchst. a UStG« und dort »Vermögensverwaltung«).
Entscheidungssachverhalt V R 5/20:
Eine gemeinnützige G-GmbH war im Bereich der Auftragsforschung tätig. Die G-GmbH war Alleingesellschafterin der H-GmbH und vereinnahmte von der H-GmbH Beteiligungserträge und Mieteinnahmen. Die G-GmbH veräußerte die Beteiligung an der H-GmbH und erzielte einen Erlös von 1,713 Mio. €. Die G-GmbH ordnete diesen Erlös der Vermögensverwaltung zu, sodass nach ihrer Auffassung die Voraussetzungen des § 68 Nr. 9 AO erfüllt waren und die Zweckbetriebseigenschaft vorlag.
Nach Auffassung des FA und des FG sei der Verkauf der Anteile an der H-GmbH im Rahmen eines Leistungsaustauschverhältnisses erfolgt.
Nach Auffassung der G-GmbH sei die entgeltliche Veräußerung von Gegenständen des nichtunternehmerischen Bereichs nicht steuerbar. Der bloße Erwerb und das bloße Halten von Gesellschaftsanteilen stelle keine wirtschaftliche Tätigkeit dar. Bei der Übertragung von Gesellschaftsanteilen könne auch eine nichtsteuerbare Geschäftsveräußerung i.S.v. § 1 Abs. 1a UStG vorliegen.
Entscheidungsgründe:
§ 12 Abs. 2 Nr. 8 Buchst. a Satz 1 UStG ermäßigt den Steuersatz für die Leistungen der nach §§ 51 ff. AO steuerbegünstigten Körperschaften. Dies gilt gem. § 12 Abs. 2 Nr. 8 Buchst. a Satz 2 UStG i.V.m. § 64 Abs. 1 AO für die Leistungen eines wirtschaftlichen Geschäftsbetriebs nur, wenn es sich bei diesem um einen Zweckbetrieb handelt. Unabhängig von den Bedingungen der allgemeinen Definition in § 65 AO sind auch »Wissenschafts- und Forschungseinrichtungen« Zweckbetriebe unter den Voraussetzungen von § 68 Nr. 9 AO. Dies gilt für »Wissenschafts- und Forschungseinrichtungen, deren Träger sich überwiegend aus Zuwendungen der öffentlichen Hand oder Dritter oder aus der Vermögensverwaltung finanziert.«
Der BFH bestätigt die Rechtsauffassung des FG dahingehend, dass es sich bei dem Mittelzufluss aus der Beteiligungsveräußerung weder um eine Zuwendung noch um Vermögensverwaltung gehandelt hat.
Zur Vermögensverwaltung nach § 12 Abs. 2 Nr. 8 Buchst. a UStG i.V.m. § 64 Abs. 1 AO und § 68 Nr. 9 AO gehören nur Beteiligungsveräußerungen, die mangels einer unternehmerischen (wirtschaftlichen) Tätigkeit nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 UStG nicht steuerbar sind. Die Veräußerung der Beteiligung an einer Gesellschaft, an die der Gesellschafter zuvor entgeltliche Leistungen im Rahmen seines Unternehmens erbracht hat, erfolgt daher nicht im Rahmen der Vermögensverwaltung.
Die Vermögensverwaltung erfasst für Zwecke der Umsatzsteuer »nur i.S. des Umsatzsteuerrechts nichtunternehmerische (nichtwirtschaftliche) Tätigkeiten wie z.B. das Halten von Gesellschaftsanteilen (…), nicht aber auch entgeltliche Leistungen« (BFH vom 10.5.2017, V R 43/14, BFH/NV 2017, 1148, Rz. 21).
Nach der EuGH-Rspr. sind der bloße Erwerb und das bloße Halten von Gesellschaftsanteilen keine wirtschaftlichen Tätigkeiten. Anders ist es, wenn die Beteiligung mit unmittelbaren oder mittelbaren Eingriffen in die Verwaltung der Tochtergesellschaft einhergeht. Dabei versteht der EuGH den Begriff »Eingriff einer Holding in die Verwaltung ihrer Tochtergesellschaft« dahingehend, dass er alle Umsätze umfasst, die eine wirtschaftliche Tätigkeit darstellen und von der Holding für ihre Tochtergesellschaft erbracht werden. Er umfasst auch die Vermietung eines Gebäudes durch eine Holdinggesellschaft an ihre Tochtergesellschaft. Die Holding ist dann zum Vorsteuerabzug aus den Kosten berechtigt, die beim Erwerb von Anteilen an der Tochtergesellschaft entstanden sind (EuGH vom 5.7.2018, C-320/17, UR 2018, 762, LEXinform 651562, Rz. 28 ff.).
Für den Streitfall folgt daraus, dass die entgeltliche Veräußerung der Beteiligung an der H-GmbH durch die G-GmbH i.S.v. § 1 Abs. 1 Nr. 1 UStG und Art. 2 Abs. 1 Buchst. c MwStSystRL steuerbar war. Denn die G-GmbH beschränkte sich vor der Veräußerung nicht auf das bloße Halten der Beteiligung. Stattdessen ist in der Begrifflichkeit des EuGH aufgrund der zusätzlichen Grundstücksvermietung von einem »Eingreifen in die Verwaltung« der H-GmbH auszugehen (EuGH C-320/17, Rz. 35).
Ausgehend von der Dreijahresbetrachtung (AEAO zu § 68 Nr. 9, Tz. 19) finanzierte sich die G-GmbH im Beurteilungszeitraum nur zu 41,42 % sowie im nachfolgenden Beurteilungszeitraum der Dreijahresbetrachtung zu 43,2 % aus Zuwendungen und der Vermögensverwaltung. Danach stellt die Auftragsforschung der G-GmbH keinen Zweckbetrieb dar. Die Steuersatzermäßigung des § 12 Abs. 2 Nr. 8 Buchst. a UStG kommt somit nicht zur Anwendung.
Der BFH weist noch darauf hin (BFH V R 5/20, Rz. 23 ff.), dass die gesamte Übertragung der Gesellschaftsanteile keine nicht steuerbare Geschäftsveräußerung darstellt, da es an einer gleichzeitigen Übertragung weiterer Vermögenswerte fehlt.
Von den zuständigen Behörden genehmigte oder pauschal als genehmigt geltende Lotterien und Ausspielungen sind ein Zweckbetrieb nach § 68 Nr. 6 AO, wenn der Reinertrag unmittelbar und ausschließlich zur Förderung mildtätiger, kirchlicher oder gemeinnütziger Zwecke verwendet wird (s.a. AEAO zu § 68 Nr. 6, Tz. 11 und 12). Insoweit liegt kein wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb vor. So muss z.B. der Ertrag einer Tombola eines Sportvereins der Jugendarbeit zugutekommen.
Von den zuständigen Behörden genehmigte Lotterien und Ausspielungen zu ausschließlich gemeinnützigen, mildtätigen oder kirchlichen Zwecken, bei denen der Gesamtpreis der Lose einer Lotterie oder Ausspielung den Wert von 40 000 € nicht übersteigt, sind nach § 28 Nr. 2 RennwLottG von der Lotteriesteuer befreit.
Die Befreiung von der Lotteriesteuer führt zur Umsatzsteuerpflicht. Die Umsätze aus diesen Lotterien unterliegen dem ermäßigten Steuersatz gem. § 12 Abs. 2 Nr. 8 Buchst. a UStG. Voraussetzung dafür ist allerdings, dass die Körperschaft, die die Lotterie veranstaltet, selbst gemeinnützige, mildtätige oder kirchliche Zwecke verfolgt (Abschn. 12.9. Abs. 1 und Abs. 4 Nr. 5 UStAE). Soweit die Körperschaft mit den Leistungen ihrer in §§ 66 bis 68 AO bezeichneten Zweckbetriebe ihre steuerbegünstigten satzungsmäßigen Zwecke selbst verwirklicht, kommt der ermäßigte Steuersatz uneingeschränkt zur Anwendung (Abschn. 12.9. Abs. 8 Satz 7 UStAE). Voraussetzung für die Anwendung des ermäßigten Steuersatzes i.S.d. § 12 Abs. 2 Nr. 8 Buchst. a UStG ist weiterhin, dass der Zweckbetrieb nicht in erster Linie der Erzielung zusätzlicher Einnahmen durch die Ausführung von Umsätzen dient, die in unmittelbarem Wettbewerb mit dem allgemeinen Steuersatz unterliegenden Leistungen anderer Unternehmer ausgeführt werden. Nach dem Erlass des Hessischen FinMin vom 18.2.2009 (S 7242a A – 04 – II 51, LEXinform 5232110) sind hinsichtlich der im Rahmen von Zweckbetrieben nach § 68 Nr. 6 AO durchgeführten Lotterien steuerbegünstigter Körperschaften diese Voraussetzungen als gegeben anzusehen und die Anwendung des ermäßigten Steuersatzes ist nicht zu beanstanden.
Die Leistungen nicht gemeinnütziger Lotterieveranstalter unterliegen dem allgemeinen Steuersatz auch dann, wenn die Reinerlöse für steuerbegünstigte Zwecke verwendet werden (Abschn. 12.9. Abs. 14 UStAE).
Behördlich genehmigte Lotterien und Ausspielungen können mit dem Verkauf ihrer Lose selbst regelmäßig nicht den gemeinnützigen Zweck eines Zweckbetriebs nach § 68 Nr. 6 AO verwirklichen, da sie lediglich den Reinertrag dafür zu verwenden haben. Aus Vereinfachungsgründen kann jedoch auch bei Überschreiten der Besteuerungsgrenze des § 64 Abs. 3 AO davon ausgegangen werden, dass der Zweckbetrieb nicht in erster Linie der Erzielung zusätzlicher Einnahmen dient, wenn der Gesamtwert der Lose je genehmigter Lotterie oder Ausspielung zu ausschließlich gemeinnützigen, mildtätigen oder kirchlichen Zwecken einen Betrag von 40 000 € (§ 28 RennwLottG) nicht überschreitet (Abschn. 12.9. Abs. 14 UStAE). Die nicht nach § 4 Nr. 9 Buchst. b UStG befreiten Leistungen von nicht gemeinnützigen Lotterien unterliegen auch dann dem allgemeinen Steuersatz, wenn die Reinerlöse für steuerbegünstigte Zwecke verwendet werden.
Der Veranstalter erbringt mit dem Verkauf der Lose Lieferungen. Die Losverkäufe sind umsatzsteuerpflichtig, wenn sie nicht unter das RennwLottG fallen oder von der RennwLottSt befreit sind oder diese Steuer nicht erhoben wird (§ 4 Nr. 9 Buchst. b UStG).
Bei umsatzsteuerpflichtigen Sachlotterien ist das umsatzsteuerliche Entgelt für die Losverkäufe der Gesamtbetrag der Erlöse abzüglich der enthaltenen USt. Eine Begrenzung der Bemessungsgrundlage auf den beim Veranstalter nach Ausgabe der Sachgewinne verbleibenden Anteil der Erlöse ist nicht zulässig (LfSt Niedersachsen vom 3.7.2019, S 7109 – 5 – St 171, UR 2019, 600).
Die Abgabe eines Sachgewinns erfolgt unentgeltlich außerhalb eines Leistungsaustausches. Der Loskäufer erwirbt mit dem Los keinen Gewinnanspruch, sondern lediglich eine Gewinnaussicht. Der Lospreis ist daher keine Gegenleistung für einen Sachgewinn.
Der Veranstalter ist nicht zum Vorsteuerabzug aus dem Erwerb der Sachgewinne berechtigt, soweit deren Abgabe tatbestandlich eine unentgeltliche Wertabgabe i.S.v. § 3 Abs. 1 Buchst. b Nr. 3 oder Abs. 9a Nr. 2 UStG ist. Sind die tatbestandlichen Voraussetzungen einer unentgeltlichen Wertabgabe nicht erfüllt, ist für den Vorsteuerabzug die Gesamttätigkeit des Veranstalters maßgeblich (Abschn. 15.15. UStAE).
Die Abgabe des Sachgewinns erfolgt aus unternehmerischen Gründen. Handelt es sich um einen höherwertigen Gegenstand, z.B. einen Laptop oder ein Auto, fällt die Abgabe der Art nach unter § 3 Abs. 1b Nr. 3 UStG. Da der Veranstalter bereits bei Leistungsbezug beabsichtigt, den Gegenstand als Sachgewinn abzugeben, ist er nicht zum Vorsteuerabzug berechtigt. Dementsprechend unterbleibt eine Wertabgabenbesteuerung. Handelt es sich um ein Geschenk von geringem Wert (bis 35 € netto, Abschn. 3.3. Abs. 11 UStAE), fällt die Abgabe der Art nach nicht unter § 3 Abs. 1b Nr. 3 UStG. Der Sachgewinn kann keinem steuerbaren Ausgangsumsatz zugeordnet werden. Für den Vorsteuerabzug ist die Gesamttätigkeit des Veranstalters maßgebend. Dabei ist zunächst zu prüfen, ob der Leistungsbezug einer bestimmten Gruppe von Ausgangsumsätzen wirtschaftlich zugeordnet werden kann (Abschn. 15.15. Abs. 2 UStAE). Wirtschaftlich kann die Eingangsleistung den Umsätzen aus dem Verkauf der Lose zugeordnet werden. Bei einer umsatzsteuerpflichtigen Lotterie ist der Veranstalter daher zum Vorsteuerabzug berechtigt, bei einer umsatzsteuerfreien Lotterie ist ein Vorsteuerabzug nicht zulässig. Gleiches gilt, wenn der Sachgewinn in einer sonstigen Leistung, z.B. einer Reise oder einer Eintrittsberechtigung zu einem Konzert, besteht. Die Abgabe erfolgt aus unternehmerischen Gründen und fällt der Art nach nicht unter § 3 Abs. 9a Nr. 2 UStG. Im Gegensatz zu § 3 Abs. 1b Nr. 3 UStG erfasst § 3 Abs. 9a Nr. 2 UStG Wertabgaben aus unternehmerischen Gründen nicht.
Hinweis:
Mit Art. 2 Nr. 1 i.V.m. Art. 35 Abs. 4 des Wachstumschancengesetzes vom 27.3.2024 (BGBl I 2024 Nr. 108) wird ab 1.1.2024 in § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 1 Satz 2 EStG die Freigrenze für Geschenke von bisher 35 € auf 50 € angehoben.
Zweckbetriebe sind gem. § 5 Abs. 1 Nr. 9 KStG von der Körperschaftsteuerpflicht befreit. Gem. AEAO zu § 65 ist ein Zweckbetrieb ein wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb i.S.v. § 14 AO. Der Zweckbetrieb wird unter den folgenden Voraussetzungen steuerlich dem begünstigten Bereich der Körperschaft zugerechnet:
er muss tatsächlich und unmittelbar satzungsmäßige Zwecke der Körperschaft verwirklichen, die ihn betreibt,
es genügt nicht, wenn er begünstigte Zwecke verfolgt, die nicht satzungsmäßige Zwecke der ihn tragenden Körperschaft sind, oder wenn der Zweckbetrieb der Verwirklichung begünstigter Zwecke nur mittelbar dient, z.B. durch Abführung seiner Erträge (s. BFH vom 21.8.1985, I R 60/80, BStBl II 1986, 88),
die Zwecke der Körperschaft dürfen nur durch den Zweckbetrieb erreicht werden können. Die Körperschaft muss den Zweckbetrieb zur Verwirklichung ihrer satzungsmäßigen Zwecke unbedingt und unmittelbar benötigen.
Überblick über das BFH-Urteil vom 30.11.2016 (V R 53/15, BStBl II 2017, 1224) zur mangelnden Zweckbetriebseigenschaft einer Kostümparty eines gemeinnützigen Karnevalsvereins:
Ein von einem gemeinnützigen Karnevalsverein in der Karnevalswoche durchgeführtes Kostümfest ist kein Zweckbetrieb. Nach dem o.g. Urteil des BFH unterliegen die Einkünfte aus der Veranstaltung daher der Körperschaftsteuer und die Umsätze dem Umsatzsteuerregelsatz.
Die Kostümparty hat in ihrer Gesamtrichtung nicht dazu gedient, die satzungsmäßigen Zwecke des Vereins zu verwirklichen (§ 65 Nr. 1 AO). Dies setzt voraus, dass der der Brauchtumspflege gewidmete Geschäftsbetrieb der Kulturförderung, nicht aber zur Förderung kommerzieller Ziele dient. Das traditionelle Brauchtum in Gestalt des Karnevals umfasst nicht jede von einem gemeinnützigen Karnevalsverein in der Karnevalswoche durchgeführte gesellige Veranstaltung, die durch Kostümierung der Teilnehmer, musikalische und tänzerische Darbietungen sowie ausgelassenes Feiern geprägt wird. Erforderlich ist vielmehr, dass die Veranstaltung selbst durch Elemente des Karnevals in seiner traditionellen Form gekennzeichnet wird.
Zudem hat es sich bei der Kostümparty nicht um einen für die Vereinszwecke i.S.d. § 65 Nr. 2 AO »unentbehrlichen Hilfsbetrieb« gehandelt. Es ist nicht ersichtlich, weshalb eine Kostümparty, bei der Darbietungen, die nicht im engeren Sinne karnevalistischer Art sind, einen wesentlichen Anteil ausmachen, das unentbehrliche und einzige Mittel zur unmittelbaren Förderung des Karnevals in seiner historischen Form sein soll. Schließlich scheitert die Annahme eines Zweckbetriebs auch an der Wettbewerbsklausel des § 65 Nr. 3 AO. Für den BFH war insoweit ausschlaggebend, dass eine Kostümparty während der Karnevalszeit auch von anderen Unternehmern veranstaltet werden kann.
Vereine, die keine steuerbegünstigten Zwecke verfolgen, erzielen keine Einnahmen aus Zweckbetrieb. Die Einkünfte werden nach den Grundsätzen des BFH-Urteils vom 15.1.2015 (I R 48/13, BStBl II 2015, 713) dem Gewerbebetrieb dieser Vereine zugeordnet.
Mit Urteil vom 15.1.2015 (I R 48/13, BStBl II 2015, 713) macht der BFH deutlich, dass es keine gesetzliche Grundlage dafür gibt, den Zweckbetrieb einer einstmals steuerbegünstigten Körperschaft nach dem Wegfall der Begünstigung zwingend der steuerlich beachtlichen Sphäre zuzuordnen. Anders als der Gewerbebetrieb nicht begünstigter Körperschaften nach § 15 Abs. 2 Satz 1 EStG erfordert der wirtschaftliche Geschäftsbetrieb steuerbegünstigter Körperschaften nach § 14 Satz 2 AO ausdrücklich keine Gewinnerzielungsabsicht, sodass die Voraussetzungen für Gewerbebetrieb und wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb nicht deckungsgleich sind.
In seinem Urteil I R 48/13 stellt der BFH fest, dass die Werbeeinnahmen des Vereins als gewerbliche Einkünfte gem. § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG zum stpfl. Einkommen gehören, während die (positiven wie negativen) Ergebnisse aus dem Sportbereich keinem der Einkünftetatbestände des EStG unterfallen und deshalb nicht stpfl. sind. Insbesondere handelt es sich dabei nicht um Einkünfte aus Gewerbebetrieb, weil er seinen Spielbetrieb nicht mit der gem. § 15 Abs. 2 Satz 1 EStG für die Annahme eines Gewerbebetriebs erforderlichen Gewinnerzielungsabsicht geführt hat. Die aus dem Sportbereich herrührenden Aufwendungen (z.B. für Spieler, Trainer, Schiedsrichter, Sportplatz- oder Hallenmiete) sind demnach der außersteuerlichen Sphäre des Vereins zuzuordnen und mindern deshalb nicht sein stpfl. Einkommen. Der BFH sieht weder eine rechtliche Möglichkeit noch eine sachliche Rechtfertigung, nicht steuerbegünstigten eingetragenen Vereinen eine außersteuerliche Sphäre abzusprechen und deren sämtliche Einkünfte als stpfl. zu behandeln. Das ist schon deshalb ausgeschlossen, weil der eingetragene Verein – unabhängig davon, ob er steuerlich als gemeinnützig zu beurteilen ist oder nicht – gem. § 21 BGB als »nicht wirtschaftlicher Verein« definiert ist und deshalb der jeweilige ideelle Vereinszweck im Vordergrund stehen muss. Der Verein darf sich wirtschaftlich nur nachrangig im Rahmen des sog. Nebenzweckprivilegs betätigen. Somit hat der eingetragene Verein einen ideellen, nicht gewerblichen Bereich.
Gegenstand der Besteuerung nach § 2 Abs. 1 Satz 1 GewStG ist der Gewerbebetrieb, soweit er im Inland betrieben wird. Ein Gewerbebetrieb liegt dann vor, wenn es sich um ein gewerbliches Unternehmen i.S.d. EStG handelt. Vereine, die nach der Satzung und nach der tatsächlichen Geschäftsführung ausschließlich und unmittelbar gemeinnützigen, mildtätigen oder kirchlichen Zwecken dienen (s. §§ 51–68 AO) sind mit ihren Einnahmen aus dem ideellen Bereich, der Vermögensverwaltung sowie dem Zweckbetrieb von der Gewerbesteuer befreit. Unterhält ein Verein einen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb i.S.v. § 14 AO – ausgenommen Land- und Forstwirtschaft –, so unterliegt er damit der Gewerbesteuerpflicht, wenn die Einnahmen inklusive Umsatzsteuer insgesamt den Betrag von 45 000 € im Jahr übersteigen (§ 64 Abs. 3 AO). Der wirtschaftliche Geschäftsbetrieb erfordert weder Gewinnerzielungsabsicht noch die Teilnahme am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr. Werden von einem Verein mehrere wirtschaftliche Geschäftsbetriebe unterhalten, bilden diese gem. § 8 GewStDV einen einheitlichen Gewerbebetrieb.
Körperschaften, Personenvereinigungen und Vermögensmassen, die nach der Satzung, dem Stiftungsgeschäft oder der sonstigen Verfassung und nach der tatsächlichen Geschäftsführung ausschließlich und unmittelbar gemeinnützigen, mildtätigen oder kirchlichen Zwecken dienen (s. §§ 51–68 AO), sind nach § 3 Nr. 6 GewStG von der GewSt befreit. Wird ein wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb – ausgenommen Land- und Forstwirtschaft – unterhalten, ist die Steuerfreiheit insoweit ausgeschlossen (§ 3 Nr. 6 GewStG; H 3.6 [Wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb] GewStH).
Von der Grundsteuer können gem. § 3 Abs. 1 Nr. 3 Buchst. b GrStG auch gemeinnützige Vereine befreit sein. Die Befreiung hängt nach § 7 GrStG sowie Abschn. 6 GrStR von zwei Voraussetzungen ab:
der Grundbesitz muss einem bestimmten Rechtsträger ausschließlich zuzurechnen sein (subjektive Voraussetzung),
der Grundbesitz muss von dem Rechtsträger, dem er zuzurechnen ist, für einen bestimmten steuerbegünstigten Zweck unmittelbar benutzt werden (objektive Voraussetzung). Eine unmittelbare Benutzung für einen bestimmten begünstigten Zweck liegt vor, wenn dieser auf dem Grundstück verfolgt wird. Es genügt aber auch, dass auf dem Grundstück nur eine Hilfstätigkeit zur Verwirklichung des begünstigten Zwecks ausgeübt wird, sofern diese hierfür unentbehrlich ist. Steuerfrei bleiben deshalb auch Verwaltungsräume in einem zur Erfüllung des begünstigten Zwecks erforderlichen Ausmaß (s. Abschn. 31 GrStR).
Für Vereine bedeutet dies, dass für Grundvermögen der Bereiche ideeller Bereich, Vermögensverwaltung und Zweckbetrieb Steuerfreiheit besteht.
Für im Bereich wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb vorliegenden Grundbesitz besteht Grundsteuerpflicht. Wird ein Grundstück teilweise zu steuerbegünstigten Zwecken und teilweise zu nicht steuerbegünstigten Zwecken genutzt, so bleibt der steuerbegünstigte Teil von der Grundsteuer befreit. Sind die Grundstücke räumlich nicht abgrenzbar, so kommt es nach § 8 Abs. 2 GrStG darauf an, welche Nutzung überwiegt. Diese Regelung ist aber nicht anzuwenden, wenn Räume sowohl Wohnzwecken als auch steuerbegünstigten Zwecken dienen, bzw. wenn Grundbesitz von Vereinen an Dritte überlassen wird, die nicht selbst steuerbegünstigte Vereine sind, die das Grundstück für steuerbegünstigte Zwecke nutzen. Hierfür kommt ebenfalls keine Befreiung von der Grundsteuer in Betracht.
Die Veräußerung von Zweckbetrieben führt nicht zu stpfl. Einkünften, da diese Veräußerung den steuerbefreiten Bereich betrifft. Der Verein muss allerdings feststellen, ob der Zweckbetrieb mit zulässigen Mitteln oder zeitnah zu verwendenden Mittel erworben oder errichtet wurde. Wurden zeitnah zu verwendende Mittel eingesetzt, muss der Erlös (inklusive der stillen Reserven) wieder zeitnah eingesetzt werden.
Beispiel 3:
Im Jahr 10 wurde ein Krankenhaus für 2 Mio. € gebaut. Die verwendeten Geldmittel stammten zu 75 % aus zulässigem Vermögen und zu 25 % aus zeitnah zu verwendendem Vermögen. Im Jahr 18 wurde das Krankenhaus für 3 Mio. € verkauft.
Lösung 3:
75 % des Erlöses von 3 Mio. € (= 2,25 Mio. €) gehören zum zulässigen Vermögen und 25 % des Erlöses (= 0,75 Mio. €) gehören zum zeitnah zu verwendenden Vermögen und müssen zeitnah für andere steuerbegünstigte Zwecke eingesetzt werden.
Ändert ein Zweckbetrieb seine Nutzung (z.B. nimmt eine Kurklinik nur noch Privatpatienten auf), so wird aus dem Zweckbetrieb ein stpfl. wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb. Sind für die Errichtung oder den Erwerb des Zweckbetriebs zeitnahe Mittel verwendet worden, liegt ein Verstoß gegen die Selbstlosigkeit vor, da die Mittel jetzt für nicht mehr satzungsgemäße Zwecke verwendet werden. Die zeitnah verwendeten Mittel müssen folglich entweder für andere steuerbegünstigte Zwecke verwendet oder es muss Geld aus zulässigem Vermögen i.H.d. falsch verwendeten Betrags eingesetzt werden.
Wird ein Zweckbetrieb (z.B. Altenheim, Pflegedienst, etc.) eines Vereins auf eine neu gegründete gemeinnützige GmbH ausgegliedert, kann das Stammkapital der gGmbH aus zeitnah zu verwendenden Mitteln finanziert werden, wenn die gGmbH das Kapital zeitnah für die steuerbegünstigten satzungsmäßigen Zwecke verwendet (z.B. Erwerb von Einrichtungsgegenständen; s. Vfg. der OFD Hannover vom 31.7.2002, DStR 2002, 2036, LEXinform 0576711).
Ein Entzug, Widerruf oder die Aberkennung der Gemeinnützigkeit hat bei Vereinen u.a. folgende Konsequenzen (s.a. → Gemeinnützigkeit unter dem Gliederungspunkt »Folgen der Aberkennung der Gemeinnützigkeit«):
Wegfall der Vergünstigungen der Abgabenordnung
Verliert ein Verein die Gemeinnützigkeit, sind die Steuerbefreiungsvorschriften der §§ 51 ff. AO nicht mehr anzuwenden. Die Besteuerungsgrenze i.H.v. 45 000 € (§ 64 Abs. 3 AO) gilt nicht mehr. Die Zweckbetriebe nach den Regelungen der §§ 65 ff. AO sind nicht mehr anzuwenden.
Mit Urteil vom 15.1.2015 (I R 48/13, BStBl II 2015, 713, s.o.) macht der BFH deutlich, dass es keine gesetzliche Grundlage dafür gibt, den Zweckbetrieb einer einstmals steuerbegünstigten Körperschaft nach dem Wegfall der Begünstigung zwingend der steuerlich beachtlichen Sphäre zuzuordnen. Anders als der Gewerbebetrieb nicht begünstigter Körperschaften nach § 15 Abs. 2 Satz 1 EStG erfordert der wirtschaftliche Geschäftsbetrieb steuerbegünstigter Körperschaften nach § 14 Satz 2 AO ausdrücklich keine Gewinnerzielungsabsicht, sodass die Voraussetzungen für Gewerbebetrieb und wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb nicht deckungsgleich sind.
Wegfall des Spendenabzugs
Stellt ein Verein nach Wegfall der Steuervergünstigung unrichtige Zuwendungsbestätigungen aus, so haftet er nach § 10b Abs. 4 EStG für die entgangene Steuer.
Wegfall der Möglichkeit der Gewährung der Übungsleiterpauschale/Ehrenamtsfreibetrag
Mit Wegfall der Gemeinnützigkeit entfällt auch die Steuerbefreiung des § 3 Nr. 26, 26a und 26b EStG.
Wegfall der körperschaftsteuerlichen Vergünstigungen
Die Besteuerungsgrenze des § 64 Abs. 3 AO wird nicht mehr gewährt, steuerfreie Zweckbetriebe sind nicht mehr möglich. Die Einkünfte aus der Vermögensverwaltung werden stpfl. Beachte aber auch das BFH-Urteil vom 15.1.2015 (I R 48/13, BStBl II 2015, 713, s.o.).
Wegfall der gewerbesteuerlichen Vergünstigungen
Die Besteuerungsgrenze des § 64 Abs. 3 AO wird nicht mehr gewährt, steuerfreie Zweckbetriebe sind nicht mehr möglich.
Wegfall der umsatzsteuerlichen Vergünstigungen
Die Steuerermäßigungen des § 12 Abs. 2 Nr. 8 Buchst. a UStG und des § 4 Nr. 22 UStG entfallen.
Pflicht zur Bilanzierung: wenn der Gewinn nach § 4 Abs. 1 oder § 5 EStG ermittelt wird.
Steuernachforderungen: Dem Verein drohen eventuell erhebliche steuerliche Nachforderungen.
Zur Mittelverwendung und zur Rücklagenbildung u.a. im Zweckbetrieb s. die ausführlichen Erläuterungen, Schaubilder und Beispiele unter → Verein im Gliederungspunkt »Mittelverwendung und Rücklagenbildung einer gemeinnützigen Körperschaft«.
Umsätze im Rahmen eines Zweckbetriebs unterliegen im unternehmerischen Bereich des Vereins der Umsatzsteuer und sind unter den Voraussetzungen des § 1 Abs. 1 UStG steuerbar.
Das Umsatzsteuerrecht enthält keine speziellen Befreiungsvorschriften für Vereine. Deshalb können verschiedene vom UStG erfasste Umsätze unter die Steuerbefreiungsvorschriften fallen. Voraussetzung für die Inanspruchnahme der Steuerbefreiung ist, dass der Umsatz zunächst steuerbar ist. Ein Überblick über mögliche Steuerbefreiungen enthält das Stichwort → Verein und Umsatzsteuer unter dem Gliederungspunkt »Steuerbefreiungen«.
Stpfl. Umsätze unterliegen dem allgemeinen Steuersatz, sofern für den einzelnen stpfl. Umsatz nicht nach § 12 Abs. 2 UStG der ermäßigte Steuersatz zur Anwendung kommt. Der allgemeine Steuersatz kommt bei Vereinen im Tätigkeitsbereich wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb zur Anwendung.
Beispiele für Umsätze, die der Regelbesteuerung unterliegen, sind:
Umsätze aus der selbst bewirtschafteten Vereinsgaststätte.
Mit Art. 1 Nr. 1 des Gesetzes zur Umsetzung steuerlicher Hilfsmaßnahmen zur Bewältigung der Corona-Krise (Corona-Steuerhilfegesetz) vom 19.6.2020 (BGBl I 2020, 1385) wird in § 12 Abs. 2 UStG eine neue Nr. 15 angefügt. Danach ermäßigt sich die Steuer auf 7 % für die nach dem 30.6.2020 und vor dem 1.7.2021 erbrachten Restaurant- und Verpflegungsdienst-leistungen, mit Ausnahme der Abgabe von Getränken.
Mit Art. 3 des Dritten Gesetzes zur Umsetzung steuerlicher Hilfsmaßnahmen zur Bewältigung der Corona-Krise (Drittes Corona-Steuerhilfegesetz) vom 10.3.2021 (BGBl I 2021, 330) wird in § 12 Abs. 2 Nr. 15 die Anwendung des ermäßigten Umsatzsteuersatzes auf Restaurant- und Verpflegungsleistungen bis zum 31.12.2022 verlängert (BT-Drs. 19/26544).
Mit Art. 12 Nr. 1 des Achten Gesetzes zur Änderung von Verbrauchsteuergesetzen vom 24.10.2022 (BGBl I 2022, 1838) wird in § 12 Abs. 2 Nr. 15 UStG die Anwendung des ermäßigten Steuersatzes für Restaurant- und Verpflegungsdienstleistungen bis zum 31.12.2023 verlängert.
Umsätze aus Werbeleistungen (→ Werbung), wenn diese Tätigkeiten vom Verein selbst ausgeführt werden,
Umsätze aus Inseraten in Vereinszeitschriften, wenn diese Tätigkeiten vom Verein selbst ausgeführt werden,
Umsätze aus Geschäftsführungs- und Verwaltungsleistungen für angeschlossene Mitgliedsvereine (s. BFH vom 29.1.2009, V R 46/06, BStBl II 2009, 560; Abschn. 12.9. Abs. 4 Nr. 9 UStAE),
Umsätze, die ein Carsharing-Verein an seine Mitglieder durch die entgeltliche Überlassung von Kraftfahrzeugen erbringt (s. BFH vom 12.6.2008, V R 33/05, BStBl II 2009, 221; Abschn. 12.9. Abs. 4 Nr. 8 UStAE),
Umsätze aus der Herstellung und Veräußerung von Erzeugnissen, die in der 2. Stufe der Blutfraktionierung gewonnen werden – Plasmaderivate wie Albumin, Globulin, Gerinnungsfaktoren –, durch die Blutspendedienste des Deutschen Roten Kreuzes sind ein nicht begünstigter wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb (§§ 14 und 64 Abs. 6 Nr. 3 AO). Ein nicht begünstigter wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb ist ebenfalls die Weiterveräußerung von im Aphereseverfahren gewonnenen Blutbestandteilen der 1. Stufe der Blutfraktionierung zur weiteren Fraktionierung (Abschn. 12.9. Abs. 4 Nr. 2 UStAE i.d.F. des BMF-Schreibens vom 22.6.2022, BStBl I 2022, 1004),
Tanzkurse, die ein gemeinnütziger Verein veranstaltet und mit denen ein wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb unterhalten wird (s. rechtskräftiges Urteil des Niedersächsischen FG vom 14.6.2007, 5 K 251/06, LEXinform 5007382),
Umsätze aus der von einem als gemeinnützig anerkannten Verein betrieben Kfz-Meisterlehrwerkstatt. Der Verein verfolgt satzungsgemäß den Zweck, der Jugend Bildung und Kulturgut in lebendiger Beziehung zur sozialen und wirtschaftlichen Wirklichkeit zu vermitteln. Die Jugend soll durch die Vermittlung gesellschaftlicher Normen und Werte befähigt werden, sich im Dienste der Gemeinschaft, in Familie und Beruf, in Volk und Staat zu bewähren. Der Verein ist bestrebt, diese Ziele durch das Familienprinzip zu realisieren. In Umsetzung dieser Ziele brachte der Verein Jugendliche in Familien und in von ihm unterhaltenen und betreuten Wohngruppen unter. Die in den Wohngruppen lebenden Jugendlichen leisteten in der vom Verein betriebenen Kfz-Werkstatt Praktika ab und führten dabei unter Aufsicht von Kfz-Meistern u.a. Reparaturarbeiten an Kfz aus. Nach dem rkr. Urteil des FG Münster vom 18.6.2019 (15 K 1952/15, EFG 2019, 1488, LEXinform 5022345) tritt der Verein mit seinen Leistungen in Wettbewerb zu anderen Unternehmern. Kfz-Reparaturdienstleistungen und die Lieferung von Kfz-Ersatzteilen unterliegen generell dem Regelsteuersatz von 19 %. Es sind keine Teilmärkte innerhalb des Wettbewerbs der Kfz-Werkstätten ersichtlich, für die ein anderer als der Regelsteuersatz gilt. Der Verein tritt daher in unmittelbaren Wettbewerb zu mit dem allgemeinen Steuersatz unterliegenden Leistungen anderer Unternehmer und dies unabhängig davon, welcher Marktumfang (lokal, deutschland- oder EU-weit) zugrunde gelegt wird (s.a. Anmerkung vom 18.9.2019, LEXinform 0881806),
Unterbringung und Verpflegung von Seminarteilnehmern im Fall einer gemeinnützigen GmbH, die Seminare für Betriebs- und Personalräte durchführt (s. BFH vom 8.3.2012, V R 14/11, BStBl II 2012, 630; Pressemitteilung des BFH Nr. 44/12 vom 13.6.2012, LEXinform 0438037),
Die Schutzgebühr für die Vermittlung von herrenlosen Tieren aus dem Ausland durch einen nach § 52 Abs. 2 Satz 1 Nr. 14 AO anerkannten Tierschutzverein unterliegt dem Regelsteuersatz. Ein Zweckbetrieb scheitert an den Voraussetzungen des § 65 Nr. 2 und 3 AO (FG Baden-Württemberg Beschluss vom 18.4.2011, 14 V 4072/10, LEXinform 5012227, rkr.).
Gegen den Beschluss des FG Baden-Württemberg vom 18.4.2011 hat das FG Nürnberg mit Urteil vom 21.1.2020 (2 K 114/19, EFG 2020, 425, LEXinform 5022753, Revision eingelegt, Az. BFH: XI R 4/20) entschieden, dass die »Schutzgebühr«, die ein gemeinnütziger Tierschutzverein für die Vermittlung von Tieren aus dem Ausland verlangt, dem ermäßigten Umsatzsteuersatz unterliegt, wenn die Tiervermittlung ausdrücklich ein satzungsmäßiger Zweck ist, das für die Tiervermittlung erhobenen Entgelt sich am Prinzip der Kostendeckung orientiert und der Tierschutzverein nicht in größerem Umfang in Wettbewerb zu nicht begünstigen Betrieben tritt, als es zur Erfüllung des steuerbegünstigten Zwecks unvermeidbar ist (s.a. FinMin Schleswig-Holstein Erlass vom 30.3.2020, VI 314 – S – 0183-023, LEXinform 7012415).
Mit Beschluss vom 18.10.2023 (XI R 4/20, BFH/NV 2024, 476, LEXinform 0952816) hat der BFH die Rechtsauffassung des FG Nürnberg vom 21.1.2020 (2 K 114/19, EFG 2020, 425, LEXinform 5022753) bestätigt. Danach kann die Lieferung von herrenlosen Tieren, die aus dem Ausland in die Bundesrepublik Deutschland gebracht worden sind, dem ermäßigten Steuersatz des § 12 Abs. 2 Nr. 8 Buchst. a UStG unterliegen, wenn die herrenlosen Tiere einerseits und die von gewerblichen Tierhändlern, die dem Regelsteuersatz unterliegen, gehandelten Tiere andererseits nicht gleichartig sind (und daher kein Wettbewerb besteht).
Die unklare Herkunft herrenloser Tiere (zum Beispiel von Hunden) ist nicht vergleichbar mit der klaren Herkunft von Tieren (zum Beispiel von Hunden), die gewerbliche Tierhändler verkaufen. Über die Herkunft der herrenlosen Tiere und die Erfahrungen, die sie in ihrem früheren Leben gemacht haben, ist i.d.R. wenig bis nichts bekannt, sodass zum Beispiel nicht ausgeschlossen werden kann, dass sie an Verhaltensauffälligkeiten oder Ähnlichem leiden. Ob die Eingewöhnung eines herrenlosen Tiers bei einem neuen Tierhalter gelingen wird, ist daher nicht gewiss; ein Teil der herrenlosen Tiere bleibt üblicherweise »nicht vermittelbar«. Tierhändler hingegen handeln insbes. mit Jungtieren, deren artgerechte Aufzucht lückenlos nachverfolgt werden kann und bei denen solche Gefahren daher nicht in vergleichbarer Weise bestehen. Die Tiere der Tierhändler sind teilweise sogar reinrassig und verfügen über einen entsprechenden Stammbaum. Sie werden daher auch – im Vergleich mit herrenlosen Tieren – zu wesentlich höheren Preisen angeboten (BFH XI R 4/20, Rz. 38).
Hinweis:
Das FinMin Sachsen-Anhalt nimmt mit Erlass vom 30.3.2020 (42 S 0184 – 28, DStR 2020, 1131) Stellung zur gemeinnützigkeitsrechtlichen Behandlung wirtschaftlicher Tätigkeiten von gemeinnützigen Körperschaften, die Tierheime unterhalten (s.o. den Gliederungspunkt »Begünstigte Zweckbetriebe nach § 65 AO«).
Unter die Steuerermäßigung fallen z.B. nach § 12 Abs. 2 Nr. 7 Buchst. a UStG die Eintrittsberechtigung der Theater (z.B. Vorführung pantomimischer Werke einschließlich Werken der Tanzkunst, Kleinkunst- und Varietévorführungen sowie Puppenspiele und Eisrevuen), Orchester, Kammermusikensembles, Chöre und Museen sowie die Veranstaltung von Theatervorführungen und Konzerten (d.h. alle musikalischen und gesanglichen Aufführungen durch eine oder mehrere Personen) durch andere Unternehmer – z.B. Solokünstler – (es sein denn, die Leistungen sind gem. § 4 Nr. 20 Buchst. a UStG steuerbefreit) sowie die Veranstaltung von Mischformen zwischen Theater und Konzert. Dienen die Veranstaltungen im Wesentlichen der Unterhaltung, sind sie also z.B. gesangliche, kabarettistische oder tänzerische Darbietungen im Rahmen einer Tanzbelustigung, einer sportlichen Veranstaltung oder zur Unterhaltung der Besucher in Gaststätten, kann der ermäßigte Steuersatz nicht angewendet werden.
Beispiel 4:
Der Kraftsportverein Hau-Ruck e.V. veranstaltet anlässlich seines Boxturniers ein Konzert der Rockgruppe »Karate Kid« und verlangt von den Besuchern 10 € Eintritt.
Lösung 4:
Das Konzert wird nicht im Rahmen einer sportlichen Veranstaltung, sondern als musikalische und gesangliche Aufführung durch den Sportverein veranstaltet (Abschn. 12.5. Abs. 2 Satz 3 UStAE). Leistungen anderer Art, die i.V.m. diesen Veranstaltungen erbracht werden, müssen von so untergeordneter Bedeutung sein, dass dadurch der Charakter der Veranstaltung als Konzert nicht beeinträchtigt wird (Abschn. 12.5. Abs. 2 Satz 10 UStAE). Das Boxturnier und das Konzert stellen zwei unterschiedliche Veranstaltungen dar, sodass das Boxturnier den Charakter der Konzertveranstaltung nicht beeinflusst. Die Konzertveranstaltung unterliegt demnach als wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb dem ermäßigten Steuersatz nach § 12 Abs. 2 Nr. 7 Buchst. a UStG.
Die Steuerermäßigung des § 12 Abs. 2 Nr. 8 Buchst. a UStG gilt für Leistungen, soweit diese im Rahmen eines Zweckbetriebs i.S.d. §§ 65 bis 68 AO ausgeführt werden (Abschn. 12.9. Abs. 3 UStAE; → Steuersätze bei der Umsatzsteuer). Die Steuerermäßigung gilt nicht für Leistungen, die im Rahmen eines wirtschaftlichen Geschäftsbetriebs ausgeführt werden (§ 12 Abs. 2 Nr. 8 Buchst. a Satz 2 UStG; Abschn. 12.9. Abs. 3 Satz 1 UStAE). Der ermäßigte Steuersatz nach § 12 Abs. 2 Nr. 8 UStG für gemeinnützige Körperschaften ist nur zu gewähren, wenn die Vereinssatzung die formellen Anforderungen an die sog. Vermögensbindung nach § 61 AO erfüllt (→ Gemeinnützigkeit). Hierzu ist erforderlich, dass die Vereinssatzung eine Regelung sowohl hinsichtlich der Auflösung und der Aufhebung als auch bei Zweckänderung enthält (§ 12 Abs. 2 Nr. 8 Buchst. a Satz 1 UStG; BFH Urteil vom 23.7.2009, V R 20/08, BStBl II 2010, 719).
Die gesetzliche Regelung des § 12 Abs. 2 Nr. 8 Buchst. a Satz 1 bis 3 UStG führt zu folgender Prüfungsfolge (Mrosek, UR 12/2018, 469):
Grundsatz: Leistungen der Körperschaften, die ausschließlich und unmittelbar gemeinnützige, mildtätige oder kirchliche Zwecke verfolgen (§§ 51 bis 68 AO) unterliegen der Steuerermäßigung des § 12 Abs. 2 Buchst. a UStG (Satz 1).
Ausnahme: Für Leistungen, die im Rahmen eines wirtschaftlichen Geschäftsbetriebs ausgeführt werden, ist die Ermäßigung des § 12 Abs. 2 Nr. 8 Buchst. a UStG nicht anzuwenden (Satz 2).
Es können aber andere Ermäßigungsgründe des § 12 Abs. 2 UStG – wie z.B. Nr. 7, 9 oder 11 – in Betracht kommen.
Rückausnahme: Leistungen eines Zweckbetriebs führen zur Anwendung des § 12 Abs. 2 Nr. 8 Buchst. a UStG (Abschn. 12.9. Abs. 3 Satz 3 UStAE).
Rückausnahme der Rückausnahme:
Für Leistungen, die im Rahmen eines Zweckbetriebs ausgeführt werden, und der Zweckbetrieb in erster Linie der Erzielung zusätzlicher Einnahmen durch die Ausführung von Umsätzen dient, die in unmittelbarem Wettbewerb mit dem allgemeinen Steuersatz unterliegenden Leistungen anderer Unternehmer ausgeführt werden (§ 12 Abs. 2 Nr. 8 Buchst. a Satz 3 Alt. 1 UStG) oder
die Körperschaft verwirklicht mit diesen Leistungen ihrer in den §§ 66 bis 68 AO bezeichneten Zweckbetriebe ihre steuerbegünstigten satzungsmäßigen Zwecke nicht selbst (§ 12 Abs. 2 Nr. 8 Buchst. a Satz 3 Alt. 2 UStG).
In diesen Fällen kommt die Steuersatzermäßigung des § 12 Abs. 2 Nr. 8 Buchst. a UStG nicht zur Anwendung.
Die Steuerermäßigung gilt nach Satz 1 der Vorschrift für die Leistungen der Körperschaften, die ausschließlich und unmittelbar gemeinnützige, mildtätige oder kirchliche Zwecke (steuerbegünstigte Zwecke) verfolgen (§§ 51 bis 68 AO).
Eine Körperschaft verfolgt gemeinnützige Zwecke, wenn ihre Tätigkeit darauf gerichtet ist, die Allgemeinheit auf materiellem, geistigem oder sittlichem Gebiet selbstlos zu fördern (s. § 52 Abs. 1 Satz 1 AO). S. die Erläuterungen unter → Gemeinnützigkeit.
Hinweis:
Nach der Vfg. der OFD Nordrhein-Westfalen vom 11.10.2018 (Kurzinformation KSt Nr. 05/2018, SIS 18 17 05) bestehen keine Bedenken, foodsharing-Vereine bei entsprechender Satzung wegen Förderung des Umweltschutzes (§ 52 Abs. 2 Satz 1 Nr. 8 AO) von der Körperschaft- und Gewerbesteuer freizustellen. Zu beachten ist jedoch, dass regelmäßig für die dem Verein überlassenen Lebensmittel keine Zuwendungsbestätigungen ausgestellt werden dürfen, da es sich grundsätzlich um wertlos gewordene Ware handelt, sodass der gemeine Wert der zugewendeten WG (= Sachzuwendung) mit 0,00 € zu bemessen ist.
Den Vereinen geht es i.d.R. darum, die Menschen für diese Thematik zu sensibilisieren sowie die Weitergabe/Verteilung überschüssiger (privater wie gewerblicher) Lebensmittel zu organisieren. Das Retten von noch genussfähigen Lebensmitteln – ggf. auch nach Ablauf der Mindesthaltbarkeit – steht hier im Vordergrund. Der Empfängerkreis ist nicht auf wirtschaftlich hilfebedürftige Personen i.S.d. § 53 Nr. 2 AO beschränkt.
Eine Körperschaft verfolgt gem. § 53 AO mildtätige Zwecke (→ Mildtätiger Zweck), wenn ihre Tätigkeit darauf gerichtet ist, Personen selbstlos zu unterstützen,
die infolge ihres körperlichen, geistigen oder seelischen Zustandes auf die Hilfe anderer angewiesen sind (persönliche Hilfsbedürftigkeit), wobei Personen, die älter als 75 Jahre sind, ohne Nachprüfung als hilfsbedürftig angesehen werden,
oder
deren Bezüge nicht höher sind als das Vierfache (bei Alleinstehenden das Fünffache) des Regelsatzes der Sozialhilfe i.S.d. § 28 SGB XII (wirtschaftliche Hilfsbedürftigkeit). Für die Begriffe »Einkünfte« und »Bezüge« sind die Ausführungen in R 33a.1 EStR maßgeblich.
Hinweis:
Nach § 28 SGB XII werden die Regelbedarfe nach den jeweiligen Regelbedarfsstufen wie folgt festgesetzt:
Zeitraum |
Alleinstehende, erwachsene Person |
Zusammenlebende Person (Lebenspartner, Ehegatte) |
Jugendliche zwischen 15 und 18 Jahren |
Kinder zwischen 7 und 14 Jahren |
Kinder bis zur Vollendung des 6. Lebensjahres |
ab 1.1.2021 |
446 € |
401 € |
373 € |
309 € |
283 € |
ab 1.1.2022 |
449 € |
404 € |
376 € |
311 € |
285 € |
ab 1.1.2023 |
502 € |
452 € |
420 € |
348 € |
318 € |
ab 1.1.2024 |
563 € |
506 € |
471 € |
390 € |
357 € |
Mit der Regelbedarfsstufen-Fortschreibungsverordnung 2024 (RBSFV 2024) vom 27.10.2023 (BGBl I 2023, Nr. 287) werden die Regelbedarfe für das Kj. 2024 festgesetzt.
Eine Körperschaft verfolgt kirchliche Zwecke, wenn ihre Tätigkeit darauf gerichtet ist, eine Religionsgemeinschaft, die Körperschaft des öffentlichen Rechts ist, selbstlos zu fördern. Zu diesen Zwecken gehören nach § 54 AO insbes.:
die Errichtung, Ausschmückung und Unterhaltung von Gotteshäusern und kirchlichen Gemeindehäusern, die Abhaltung von Gottesdiensten, die Ausbildung von Geistlichen, die Erteilung von Religionsunterricht, die Beerdigung und die Pflege des Andenkens der Toten,
die Verwaltung des Kirchenvermögens, die Besoldung der Geistlichen, Kirchenbeamten und Kirchendiener, die Alters- und Behindertenversorgung für diese Personen und die Versorgung ihrer Witwen und Waisen.
Ein kirchlicher Zweck liegt nach AEAO zu § 54 nur vor, wenn die Tätigkeit darauf gerichtet ist, eine Religionsgemeinschaft des öffentlichen Rechts zu fördern. Bei Religionsgemeinschaften, die nicht Körperschaften des öffentlichen Rechts sind, kann wegen Förderung der Religion eine Anerkennung als gemeinnützige Körperschaft in Betracht kommen (AEAO zu § 54).
Tipp:
Die OFD Nordrhein-Westfalen macht mit ihrer Vfg. vom 6.9.2016 (S 2221 – 2016/0038 – St 234, SIS 16 25 87) darauf aufmerksam, dass das Bundesministerium des Inneren im Internet eine Übersicht über sämtliche Religions- und Weltanschauungsgemeinschaften, die den Status »Körperschaft des öffentlichen Rechts« besitzen, veröffentlicht hat (www.personenstandsrecht.de unter Inhaltsverzeichnis – Praktische Informationen – Religionsgemeinschaften).
Im ideellen Bereich fällt grundsätzlich keine USt an. Es handelt sich dabei um nichtwirtschaftliche Tätigkeiten i.e.S., die im nichtunternehmerischen Bereich anfallen (Abschn. 2.3. Abs. 1a Satz 4 Nr. 1 UStAE; → Unternehmensvermögen → Vorsteuerabzug). Ein steuerbarer → Leistungsaustausch ist somit nicht gegeben.
Hinsichtlich der Mitgliedsbeiträge (→ Mitgliedsbeitrag) kann allerdings ein steuerbarerer Leistungsaustausch vorliegen (→ Leistungsaustausch).
Da die Körperschaft im ideellen Bereich keine steuerbaren Leistungen ausführt, kann auch die Steuerermäßigung des § 12 Abs. 2 Nr. 8 UStG dort nicht zur Anwendung kommen.
Abgabenrechtlich ist z. B. die Grundstücksvermietung auf längere Dauer der steuerfreien Vermögensverwaltung zuzurechnen (§ 14 Satz 3 AO; AEAO zu § 67a, Tz. 11 und 12).
Nach Abschn. 12.9. Abs. 3 Satz 6 UStAE ist die Steuersatzermäßigung für Umsätze der → Vermögensverwaltung nicht ausgeschlossen.
Der BFH definiert mit Urteil vom 20.3.2014 (V R 4/13, BFH/NV 2014, 1470, LEXinform 0929459) den Begriff der Vermögensverwaltung für die USt neu. Danach ist der Begriff des wirtschaftlichen Geschäftsbetriebs i.S.v. § 12 Abs. 2 Nr. 8 Buchst. a Satz 2 UStG i.V.m. §§ 64, 14 AO weit auszulegen und umfasst jegliche unternehmerische Tätigkeit nach § 2 Abs. 1 UStG. Aufgrund der gebotenen umsatzsteuerrechtlichen Betrachtungsweise liegt eine Vermögensverwaltung i.S.v. § 12 Abs. 2 Nr. 8 Buchst. a Satz 2 UStG i.V.m. § 64 Abs. 1 AO und § 14 Satz 1 und 3 AO nur bei nichtunternehmerischen (nichtwirtschaftlichen) Tätigkeiten vor, wie z.B. dem bloßen Halten von Gesellschaftsanteilen (s.a. Abschn. 2.3. Abs. 1a UStAE). Demgegenüber ist die entgeltliche Überlassung von Sportanlagen als bereits dem Grunde nach steuerbare Leistung gegen Entgelt keine derartige Vermögensverwaltung.
Die Überlassung von Sportanlagen durch eine steuerbegünstigte Körperschaft unterliegt somit nur dann dem ermäßigten Steuersatz, wenn die Voraussetzungen der §§ 65 ff. AO vorliegen. Dabei ist insbes. die Wettbewerbsprüfung nach § 65 Nr. 3 AO von Bedeutung, da Sportanlagen in unmittelbarem Wettbewerb mit dem allgemeinen Steuersatz unterliegenden Leistungen anderer Unternehmer überlassen werden (BFH Pressemitteilung Nr. 53/2014 vom 23.7.2014, LEXinform 0442158; s.a. BFH Urteil vom 10.11.2011, V R 41/10, BStBl II 2017, 869 zur Parallelfrage der Wettbewerbsrelevanz der Überlassung von Räumlichkeiten einer Sport- und Freizeithalle durch eine juristische Person des öffentlichen Rechts).
Mit Urteil vom 10.5.2017 (V R 7/15, V R 43/14, BFH/NV 2017, 1148, LEXinform 0950152) führt der BFH seine Rspr. vom 20.3.2014 (V R 4/13, BFH/NV 2014, 1470, LEXinform 0929459) fort und hat entschieden, dass der Begriff der Vermögensverwaltung nach § 68 Nr. 9 i.V.m. § 64 Abs. 1 AO und § 12 Abs. 2 Nr. 8 Buchst. a UStG ebenso wie bei § 14 i.V.m. § 64 Abs. 1 AO und § 12 Abs. 2 Nr. 8 Buchst. a UStG nur nichtunternehmerische (nichtwirtschaftliche) Tätigkeiten wie z.B. das Halten von Gesellschaftsanteilen umfasst, nicht aber auch entgeltliche Leistungen wie etwa die Vermietung und Verpachtung von unbeweglichen oder beweglichen Vermögen (s.o. den Gliederungspunkt »Begünstigte Zweckbetriebe nach § 68 AO« und dort zu § 68 Nr. 9 AO). Ob dies auch bei Anwendung von § 5 Abs. 1 Nr. 9 KStG gilt, war im Streitfall nicht zu entscheiden (vgl. dazu BFH vom 18.2.2016, V R 60/13, BStBl II 2017, 251).
Die Steuerermäßigung gilt nicht für die Leistungen, die im Rahmen eines wirtschaftlichen Geschäftsbetriebs ausgeführt werden (§ 12 Abs. 2 Nr. 8 Buchst. a Satz 2 UStG; Abschn. 12.9. Abs. 3 Satz 1 UStAE). Der Begriff des wirtschaftlichen Geschäftsbetriebs ist in § 14 AO bestimmt (→ Wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb). Nach § 64 AO bleibt die Steuervergünstigung für einen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb jedoch bestehen, soweit es sich um einen Zweckbetrieb i.S.d. §§ 65 bis 68 AO handelt (s.o.).
Für die Zweckbetriebseigenschaft i.S.d. § 12 Abs. 2 Nr. 8 Buchst. a Satz 3 Alt. 1 UStG und somit für die Anwendung des ermäßigten Steuersatzes kommt es darauf an, dass »der Zweckbetrieb nicht in erster Linie der Erzielung zusätzlicher Einnahmen durch die Ausführung von Umsätzen dient, die in unmittelbarem Wettbewerb mit dem allgemeinen Steuersatz unterliegenden Leistungen anderer Unternehmer ausgeführt werden«. Ein gemeinnütziger Verein kann den ermäßigten Steuersatz nicht für die Leistungen eines Zweckbetriebs in Anspruch nehmen, die in erster Linie dazu bestimmt sind, dem Verein zusätzliche Einnahmen durch solche Leistungen zu verschaffen, die auch andere, nicht steuerbegünstigte Unternehmer ausführen können (BT-Drs. 16/2712, 75 und Rz. 26 des BFH-Urteils vom 8.3.2012, V R 14/11, BStBl II 2012, 630). Nach dem BMF-Schreiben vom 29.4.2014 (BStBl I 2014, 814) sind die Grundsätze des BFH-Urteils vom 8.3.2012 ab dem 1.1.2013 anzuwenden.
Nach § 65 AO als Zweckbetriebe anerkannte wirtschaftliche Geschäftsbetriebe (s.o. den Gliederungspunkt »Begünstigte Zweckbetriebe nach § 65 AO«) gewährleisten bereits, dass sie auch hinsichtlich der Umsätze, mit deren Ausführung selbst sie ausnahmsweise nicht auch ihre satzungsmäßigen Zwecke verwirklichen, zu nicht begünstigten Betrieben derselben oder ähnlicher Art nicht in größerem Umfang in Wettbewerb treten, als es zur Erfüllung der steuerbegünstigten Zwecke unvermeidbar ist und sie damit nicht in erster Linie der Erzielung zusätzlicher Einnahmen durch die Ausführung von Umsätzen dienen, die in unmittelbarem Wettbewerb mit dem allgemeinen Steuersatz unterliegenden Leistungen anderer Unternehmer ausgeführt werden. Der ermäßigte Steuersatz ist daher auf bereits anerkannte Zweckbetriebe nach § 65 AO uneingeschränkt anwendbar (Abschn. 12.9. Abs. 9 Satz 1 und 2 UStAE; s. aber unten BFH vom 26.8.2021, V R 5/19, BFH/NV 2022, 166, LEXinform 0952272 gegen die Verwaltungsauffassung in Abschn. 12.9. Abs. 9 UStAE).
Wenn bereits für andere Steuern (z.B. § 5 Abs. 1 Nr. 9 KStG) darüber entschieden ist, ob und gegebenenfalls in welchen Bereichen das Unternehmen steuerbegünstigte Zwecke verfolgt, ist von dieser Entscheidung im Allgemeinen auch für Zwecke der USt auszugehen (s.o. den Gliederungspunkt »Begünstigte Zweckbetriebe nach § 65 AO«). Ist diese Frage für andere Steuern nicht entschieden worden, sind die Voraussetzungen für die Steuerermäßigung nach § 12 Abs. 2 Nr. 8 Buchst. a UStG besonders zu prüfen (Abschn. 12.9. Abs. 1 Satz 4 und 5 UStAE).
Sind die Voraussetzungen für die Steuerermäßigung i.S.d. § 12 Abs. 2 Nr. 8 Buchst. a Alt. 1 UStG ausnahmsweise für Umsatzsteuerzwecke besonders zu prüfen, sind die Grundsätze des Abschn. 12.9. Abs. 11 UStAE zu beachten.
Einnahmen aus derartigen Umsätzen werden zusätzlich erzielt, wenn die Umsätze nicht lediglich Hilfsumsätze (Abschn. 19.3. Abs. 2 Sätze 4 und 5 UStAE) sind (zusätzliche Einnahmen). Ein Zweckbetrieb dient in erster Linie der Erzielung zusätzlicher Einnahmen, wenn mehr als 50 % seiner gesamten stpfl. Umsätze durch derartige (zusätzliche und wettbewerbsrelevante) Leistungen erzielt werden. Leistungen sind dann nicht wettbewerbsrelevant, wenn sie auch bei allen anderen Unternehmern dem ermäßigten Steuersatz unterliegen (z.B. die Lieferungen von Speisen oder seit dem 1.1.2010 Beherbergungsleistungen). Umsatzsteuerfreie Umsätze sowie umsatzsteuerrechtlich als nicht steuerbare Zuschüsse zu beurteilende Zuwendungen sind – unabhängig von einer ertragsteuerrechtlichen Beurteilung als BE – keine zusätzlichen Einnahmen i.S.d. § 12 Abs. 2 Nr. 8 Buchst. a Satz 3 UStG. Aus Vereinfachungsgründen kann davon ausgegangen werden, dass ein Zweckbetrieb nicht in erster Linie der Erzielung zusätzlicher Einnahmen dient, wenn der Gesamtumsatz i.S.d. § 19 Abs. 3 UStG des Zweckbetriebs die Besteuerungsgrenze des § 64 Abs. 3 AO (45 000 €) insgesamt nicht übersteigt. Da sich bei Leistungen gegenüber in vollem Umfang zum Vorsteuerabzug berechtigten Unternehmen kein Wettbewerbsvorteil ergibt, ist es nicht zu beanstanden, wenn diese Umsätze bei der betragsmäßigen Prüfung unberücksichtigt bleiben.
Zur Ermittlung der zusätzlichen Einnahmen i.S.d. § 12 Abs. 2 Nr. 8 Buchst. a Satz 3 UStG s.a. die Vfg. der OFD Niedersachsen vom 27.6.2014 (S 7242a – 28 – St 184, DStR 2014, 1678).
Wichtig:
Mit Urteil vom 26.8.2021 (V R 5/19, BFH/NV 2022, 166, LEXinform 0952272) hat der BFH entschieden, dass der ermäßigte Umsatzsteuersatz bei allgemeinen Zweckbetrieben (§ 65 AO) nur unter den Voraussetzungen des § 12 Abs. 2 Nr. 8 Buchst. a Satz 3 Alt. 1 UStG anwendbar ist. Der BFH hat dabei gegen die Verwaltungsauffassung in Abschn. 12.9. Abs. 9 UStAE entschieden und dabei seine bisherige Rspr. bestätigt.
Die Klägerin ist eine gemeinnützige Körperschaft, deren Zweck in der Förderung des Verbraucherschutzes besteht (§ 52 Abs. 2 Satz 1 Nr. 16 AO). Diesen Zweck verwirklicht sie insbes. durch vergleichende Untersuchungen an Waren und Leistungen sowie durch die Veröffentlichung der Arbeitsergebnisse.
Im Streitjahr führte die Klägerin vergleichende Untersuchungen über Angebote von Versicherungen durch und veröffentlichte die Ergebnisse in ihrer Zeitschrift »B…« sowie auf ihrem Internetportal.
Zur Durchführung dieser Tests erhob sie Daten am Markt und erfasste, erweiterte und pflegte diese in Datenbanken oder Tabellenkalkulationsprogrammen. Für die veröffentlichten Testberichte definierte sie »Musterfälle«, für welche die jeweiligen Versicherungen ausgewertet und verglichen wurden. Da im Hinblick auf die Vielzahl der Tarife ein für den Verbraucher verwertbarer Versicherungsvergleich nur anhand von individuellen Faktoren erstellt werden konnte, bot die Klägerin zu Preisen zwischen 10 € und 29 € die Möglichkeit einer Versicherungsvergleichsanalyse (»Finanzanalyse«) mit individuellen Daten an. Von 11 249 individuellen Finanzanalysen entfiel der weitaus größte Teil auf Kfz-Versicherungen (9 412 von 11 249 Analysen), die übrigen Finanzanalysen betrafen private Krankenversicherungen, Pflegegeldversicherungen, Risikolebensversicherungen, Hausratversicherungen, private Haftpflichtversicherungen sowie Motorradversicherungen.
Als Ergebnis dieser Finanzanalyse erhielt der Verbraucher eine Computerauswertung seiner Daten, ohne dass jedoch eine persönliche Beratung stattfand. Mit der Durchführung dieser Finanzanalysen erwirtschaftete die Klägerin bei Umsätzen von ca. 100 000 € einen Verlust i.H.v. ca. 70 000 €.
Wie oben unter dem Gliederungspunkt »Begünstigte Zweckbetriebe nach § 65 AO« erläutert, kann die individuelle Verbraucherberatung gegen Entgelt im Rahmen eines steuerbegünstigten Zweckbetriebs nach § 65 AO erfolgen.
Die entgeltlichen Finanzanalysen waren i.S.d. § 65 Nr. 2 AO für die Zweckerreichung erforderlich. Dies setzt voraus, dass sich der wirtschaftliche Geschäftsbetrieb von der Verfolgung des steuerbegünstigten Zwecks nicht trennen lässt, sondern vielmehr das unentbehrliche und einzige Mittel zur Erreichung des steuerbegünstigten Zwecks ist (BFH V R 5/19, Rz. 32).
Die Klägerin tritt durch ihre entgeltlichen Finanzanalysen zu nicht begünstigten Betrieben derselben Art nur insoweit in Wettbewerb, als dies zur Erfüllung der steuerbegünstigten Zwecke unvermeidbar ist (§ 65 Nr. 3 AO).
Im Urteilsfall hatte die Klägerin kein wirtschaftliches Interesse am Abschluss eines Versicherungsvertrags, sodass nur ihre Finanzanalysen einen unabhängigen Marktüberblick gewährleisten. Im Hinblick auf die Präsenz und Marktmacht der Vergleichsportale erweist sich ein von wirtschaftlichen Interessen unabhängiger Versicherungsvergleich zur Wahrung der Verbraucherschutzinteressen als besonders wichtig. Denn ein derartiger Überblick kann auch nicht vom unabhängigen Versicherungsberater geboten werden, für den die Erhebung der Daten des Großteils der am deutschen Markt angebotenen Versicherungen kein rentabler und leistbarer Aufwand darstellt.
Abgabenrechtlich stellt der wirtschaftliche Geschäftsbetrieb »Finanzanalysen« ein begünstigter Zweckbetrieb i.S.d. § 65 AO dar (Rz. 30 ff.).
Umsatzsteuerrechtlich scheitert die Steuersatzermäßigung der Umsätze der Klägerin aus den Finanzanalysen allerdings an § 12 Abs. 2 Nr. 8 Buchst. a Satz 3 Alt. 1 UStG.
§ 12 Abs. 2 Nr. 8 Buchst. a Satz 3 Alt. 1 UStG ist auf alle Zweckbetriebe und damit auch auf Zweckbetriebe i.S.v. § 65 AO anwendbar. Der BFH folgt nicht der Auffassung der FinVerw, wonach der ermäßigte Steuersatz auf Zweckbetriebe nach § 65 AO uneingeschränkt anwendbar ist (Abschn. 12.9. Abs. 9 Satz 2 UStAE; BFH V R 5/19, Rz. 44).
Nach Rz. 47 des BFH-Urteils V R 5/19 ist der Anwendungsbereich des § 12 Abs. 2 Nr. 8 Buchst. a Satz 3 Alt. 1 UStG weder im Hinblick auf § 65 Nr. 3 AO überflüssig (in diesem Sinne wohl die Verwaltungsauffassung in Abschn. 12.9. Abs. 9 Satz 1 UStAE) noch vom Sinn und Zweck der Norm geboten. Nach § 65 AO ist die Auswirkung auf den Wettbewerb zu prüfen. Ähnlich wie § 65 Nr. 3 AO enthält § 12 Abs. 2 Nr. 8 Buchst. a Satz 3 Alt. 1 UStG auch ein Wettbewerbskriterium. Während § 65 Nr. 3 AO eine Abwägungsentscheidung im Sinne eines Interessenausgleichs zwischen steuerbelasteten Konkurrenten und gemeinnützigen Körperschaften erfordert, greift der »strengere« § 12 Abs. 2 Nr. 8 Buchst. a Satz 3 Alt. 1 UStG bereits dann ein, wenn der Zweckbetrieb in erster Linie der Erzielung zusätzlicher Einnahmen dient und dadurch in unmittelbarem Wettbewerb zu Unternehmern tritt, die mit ihren Leistungen dem allgemeinen Steuersatz unterliegen. Zusätzliche Einnahmen i.S.v. § 12 Abs. 2 Nr. 8 Buchst. a Satz 3 Alt. 1 UStG liegen vor, wenn nach umsatzsteuerrechtlichen und nicht abgabenrechtlichen Maßstäben die Körperschaft ihre Einnahmen im Zusammenhang mit Leistungen erzielt, die für die Verwirklichung ihres steuerbegünstigten satzungsmäßigen Zwecks – hier die Förderung von Verbraucherschutz nach § 52 Abs. 2 Satz 1 Nr. 16 AO – nicht unerlässlich sind (s.u. BFH vom 24.6.2020, V R 47/19, BStBl II 2020, 853, Rz. 16 und BFH vom 8.3.2012, V R 14/11, BStBl II 2012, 630, Rz. 29, s.u.). Ein Zweckbetrieb dient bereits dann vorrangig der Erzielung dieser Einnahmen, wenn es sich um den einzigen Tätigkeitsgegenstand des jeweiligen Zweckbetriebs (hier: entgeltliche Finanzanalysen) handelt. Dagegen kommt es weder darauf an, dass die Körperschaft aus den zusätzlichen Einnahmen Gewinne erzielt, noch, dass Einnahmen der Körperschaft verbleiben (BFH V R 5/19, Rz. 51).
Mit ihren Finanzanalysen hat die Klägerin Einnahmen i.H.v. ca. 110 000 € erwirtschaftet, die »zusätzliche« Einnahmen im o.g. Sinne darstellen. Der BFH kann dabei offenlassen, ob die Einnahmen insoweit »unerlässlich« für die Verfolgung des steuerbegünstigten Zwecks (Förderung von Verbraucherberatung) sind, als die Finanzanalysen auch ohne gesondertes Entgelt erbracht werden könnten. Denn der Zweckbetrieb dient vorrangig der Erzielung von Einnahmen, weil es sich um den einzigen Tätigkeitsgegenstand des Zweckbetriebs »Finanzanalysen« handelt.
Darüber hinaus tritt die Klägerin durch diese Umsätze in unmittelbaren Wettbewerb mit vergleichbaren Leistungen ihrer umsatzsteuerpflichtigen Konkurrenten. Der ermäßigte Steuersatz darf nur insoweit angewendet werden, als er zu keiner oder einer nur geringen Gefahr einer Wettbewerbsverzerrung führt (BFH V R 14/11, Rz. 32). Die Klägerin ist mit ihren Finanzanalysen über Versicherungen zu Vergleichsportalen, Versicherungsmaklern und insbes. zu Versicherungsberatern in Wettbewerb getreten (§ 65 Nr. 3 AO). Dass dieser Wettbewerb unvermeidbar war, ist für § 12 Abs. 2 Nr. 8 Satz 3 Alt. 1 UStG ohne Bedeutung (s.a. Anmerkung vom 15.12.2021, LEXinform 0887827).
Mit Urteil vom 5.4.2023 (V R 14/22, BFH/NV 2023, 1157, LEXinform 0954417; s.a. Strahl, NWB 31/2023, 2144) hat der BFH seine Rspr. vom 26.8.2021 (V R 5/19, BFH/NV 2022, 166, LEXinform 0952272) bestätigt und entschieden, dass § 12 Abs. 2 Nr. 8 Buchst. a UStG bei Leistungen im Rahmen eines Zweckbetriebs voraussetzt, dass auch die Voraussetzungen des Satzes 3 dieser Vorschrift vorliegen (s.a. BFH vom 17.11.2022, V R 12/20, BStBl II 2023, 367, Rz. 39).
Hinweis:
Mit Art. 21 Nr. 1 des Gesetzes zur Stärkung von Wachstumschancen, Investitionen und Innovation sowie Steuervereinfachung und Steuerfairness (Wachstumschancengesetz) vom 27.3.2024 (BGBl I 2024 Nr. 108) wird mit Wirkung ab 28.3.2024 die Anwendung des § 12 Abs. 2 Nr. 8 Buchst. a Satz 3 UStG an die Verwaltungsregelung in Abschn. 12.9. Abs. 9 Satz 1 und 2 UStAE angepasst.
Beachte:
Nach der Änderung wird § 12 Abs. 2 Nr. 8 Buchst. a Satz 3 UStG folgenden Wortlaut erhalten: »Für Leistungen, die im Rahmen eines in den §§ 66 bis 68 der Abgabenordnung bezeichneten Zweckbetriebs ausgeführt werden, gilt Satz 1 nur, wenn der Zweckbetrieb nicht in erster Linie der Erzielung zusätzlicher Einnahmen durch die Ausführung von Umsätzen dient, die in unmittelbarem Wettbewerb mit dem allgemeinen Steuersatz unterliegenden Leistungen anderer Unternehmer ausgeführt werden, oder wenn die Körperschaft mit diesen Leistungen ihrer in den §§ 66 bis 68 der Abgabenordnung bezeichneten Zweckbetriebe ihre steuerbegünstigten satzungsgemäßen Zwecke selbst verwirklicht.«
Die Neuregelung stellt klar, dass § 12 Abs. 2 Nr. 8 Buchst. a Satz 3 UStG nur auf Leistungen von Zweck-betrieben nach den §§ 66 bis 68 AO anzuwenden ist. Bei Leistungen von Zweckbetrieben nach § 65 AO findet hingegen keine umsatzsteuerrechtliche Prüfung der Wettbewerbsrelevanz dieser Leistungen statt. Denn bei Zweckbetrieben i.S.v. § 65 AO wird dem Wettbewerbsgedanken bereits durch die Definition des Zweckbetriebs in § 65 AO hinreichend Rechnung getragen.
Die Änderung des § 12 Abs. 2 Nr. 8 Buchst. a Satz 3 UStG erfolgt vor dem Hintergrund des BFH-Urteils vom 26.8.2021 (V R 5/19, BFH/NV 2022, 166, LEXinform 0952272). Der BFH hat dort entschieden, dass die Wettbewerbsklausel des § 12 Abs. 2 Nr. 8 Buchst. a Satz 3 UStG nach dem derzeitigen Gesetzeswortlaut auch auf Zweckbetriebe i.S.d. § 65 AO anzuwenden ist. Ein gegenteiliger Wille des Gesetzgebers habe keinen Niederschlag im Gesetzeswortlaut gefunden (s.o. unter »Wichtig«).
In der Praxis führt die BFH-Rspr. dazu, dass Leistungen von Zweckbetrieben nach § 65 AO regelmäßig dem regulären Steuersatz unterliegen. Denn Sachverhalte, bei denen Zweckbetriebe nicht zu herkömmlichen Unternehmen in Wettbewerb treten, sind kaum denkbar. Die FinVerw wendet dieses BFH-Urteil bisher nicht an (BT-Drs. 20/8628, 201).
Die Prüfung der Wettbewerbssituation für die Leistungen von Zweckbetrieben zur Anwendung der ermäßigten Steuersatzes muss nach der neuen Fassung des § 12 Abs. 2 Nr. 8 Buchst. a Satz 3 UStG erfolgen bei
Zweckbetrieben der Wohlfahrtspflege (§ 66 AO);
Zweckbetrieben von Krankenhäusern (§ 67 AO);
sportlichen Veranstaltungen, die im Rahmen von Zweckbetrieben durchgeführt werden (§ 67a AO);
anderen Zweckbetrieben unter den Voraussetzungen des § 68 AO.
Mit Art. 21 Nr. 2 des Wachstumschancengesetzes vom 27.3.2024 (BGBl I 2024 Nr. 108) wird mit Wirkung ab 28.3.2024 in § 12 Abs. 2 Nr. 8 Buchst. a UStG ein neuer Satz 4 eingefügt. »Körperschaften verwirklichen mit ihren in den §§ 66 bis 68 der Abgabenordnung bezeichneten Zweckbetrieben ihre steuerbegünstigten satzungsgemäßen Zwecke selbst, wenn die Leistungsempfänger oder an der Leistungserbringung beteiligte Personen vom steuerbegünstigten Zweck der Einrichtung erfasst werden« (s.u. den Gliederungspunkt »Steuerermäßigung für Zweckbetriebe nach § 12 Abs. 2 Nr. 8 Buchst. a Satz 3 Alt. 2 UStG« und dort unter »Beachte 1«).
Konkurrenten eines gemeinnützigen Vereins können vom FA Auskunft darüber verlangen, welcher Steuersatz auf dessen Umsätze angewendet worden ist. Umsätze eines gemeinnützigen Vereins werden einem ermäßigten Umsatzsteuersatz unterworfen, wenn es sich um die Tätigkeit eines Zweckbetriebs handelt. Dieser darf zu anderen Betrieben ähnlicher Art nicht in größerem Umfang in Wettbewerb treten, als es zur Erfüllung der gemeinnützigen Zwecke des Vereins unvermeidbar ist. Werden diese Voraussetzungen der steuerlichen Begünstigung des Vereins missachtet, kann dies für konkurrierende Unternehmen zu erheblichen Wettbewerbsnachteilen führen. Unter Umständen können diese vor dem FG gegen die unzutreffende Besteuerung des Vereins vorgehen.
Mit Urteil vom 26.1.2012 (VII R 4/11, BStBl II 2012, 541) hat der BFH entschieden, dass in solchen Fällen das FA dem konkurrierenden Unternehmen Auskunft darüber erteilen muss, ob auf die Tätigkeit des Vereins ein ermäßigter Umsatzsteuersatz angewendet worden ist. Anhand dieser Information kann der Unternehmer dann entscheiden, ob er wegen der Besteuerung des Vereins eine Konkurrentenklage erheben will.
Zur Konkurrentenklage s.o. den Gliederungspunkt »Begünstigte Zweckbetriebe nach § 68 AO« und dort das BFH-Urteil vom 17.11.2022 (V R 12/20, BStBl II 2023, 367) sowie den Gliederungspunkt »Begünstigte Zweckbetriebe nach § 65 AO«, dort »Wettbewerbsklausel« und dort unter »Gemeinnützige Beschäftigungsgesellschaften« das BFH-Urteil vom 18.8.2022 (V R 49/19, BStBl II 2023, 298).
Nach Abschn. 12.9. Abs. 10 Satz 1 Nr. 1 bis 8 UStAE unterliegen die satzungsmäßig erbrachten Leistungen der dort als Katalog-Zweckbetriebe anerkannten wirtschaftlichen Geschäftsbetriebe dem ermäßigten Steuersatz, weil mit ihrer Ausführung selbst die steuerbegünstigten Zwecke der Körperschaft unmittelbar verwirklicht werden (§ 12 Abs. 2 Nr. 8 Buchst. a Satz 3 Alt. 2 UStG).
Die folgende Übersicht zeigt die Leistungen, die in den §§ 65 bis 68 AO genannt und deren Zweckbetriebe nach § 12 Abs. 2 Nr. 8 Buchst. a Satz 3 UStG begünstigt sind.
Zweckbetrieb nach… |
Vergünstigung nach § 12 Abs. 2 Nr. 8 Buchst. a Satz 3… |
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… Alt. 1 |
… Alt. 2 (Katalog-Zweckbetriebe) |
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… § 65 AO: als Zweckbetriebe anerkannte wirtschaftliche Geschäftsbetriebe |
Abschn. 12.9. Abs. 9 Satz 1 und 2 UStAE. Beachte aber das BFH-Urteil vom 26.8.2021 (V R 5/19, BFH/NV 2022, 166, LEXinform 0952272, s.o.) entgegen Abschn. 12.9. Abs. 9 Satz 1 und 2 UStAE aber auch die Änderung durch das Wachstumschancengesetz (s.u. Beachte 1). |
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… § 66 AO: Wohlfahrtspflege |
Abschn. 12.9. Abs. 9 Satz 3 Nr. 1 UStAE |
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… § 67 AO: Krankenhäuser Beachte auch das BFH-Urteil vom 6.6.2019 (V R 39/17, BStBl II 2019, 651, s.o. unter dem Gliederungspunkt »Krankenhäuser«). |
Abschn. 12.9. Abs. 10 Satz 1 Nr. 1 UStAE |
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… § 67a AO: Sportliche Veranstaltungen Wurde die Zweckbetriebsgrenze überschritten oder auf deren Anwendung nach § 67a Abs. 3 Satz 1 AO verzichtet, liegt ein wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb vor, wenn bezahlte Sportler teilnehmen. Die Leistungen sind nicht nach § 12 Abs. 2 Nr. 8 Buchst. a UStG begünstigt. |
Abschn. 12.9. Abs. 10 Satz 1 Nr. 2 UStAE |
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Ist mangels ausreichender Aufzeichnungen nicht nachvollziehbar, inwieweit tatsächlich Aufwand bei den einzelnen Sportlern angefallen ist, und ist deshalb nicht überprüfbar, ob bei allen Sportlern die ihnen jeweils geleistete Zahlung nicht über eine Aufwandsentschädigung hinausgeht, schließt dies die Annahme eines Zweckbetriebs nach § 67a Abs. 3 Satz 1 AO aus (BFH vom 3.8.2022, XI R 11/19, BStBl II 2023, 202). In diesem Fall ist § 12 Abs. 2 Nr. 8 Buchst. a UStG ausgeschlossen (s.o. den Gliederungspunkt »Besonderheiten bei sportlichen Veranstaltungen nach § 67a AO«). |
Zweckbetrieb nach … |
Vergünstigung nach § 12 Abs. 2 Nr. 8 Buchst. a Satz 3… |
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… Alt. 1 |
… Alt. 2 (Katalog-Zweckbetriebe) |
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§ 68 AO … |
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… Nr. 1 Buchst. a AO: Alten-, Altenwohn- und Pflegeheime, Erholungsheime, Mahlzeitendienste |
Abschn. 12.9. Abs. 9 Satz 3 Nr. 2 UStAE |
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… Nr. 1 Buchst. b AO: Kindergärten, Kinder-, Jugend- und Studentenheime, Schullandheime und Jugendherbergen. Die geförderten Personen müssen die Voraussetzungen des § 53 AO nicht erfüllen. |
Abschn. 12.9. Abs. 10 Satz 1 Nr. 3 UStAE. Leistungen, die von Jugendherbergen an allein reisende Erwachsene (= Personen nach Vollendung des 27. Lebensjahres) erbracht werden, begründen einen selbstständigen steuerpflichtigen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb nach §§ 14, 64 AO (BFH Urteil vom 10.8.2016, V R 11/15, BStBl II 2018, 113 sowie BMF vom 18.1.2018, BStBl I 2018, 204 und AEAO zu § 68 Nr. 1, Rz. 3). |
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… Nr. 2 Buchst. a und b AO: Selbstversorgungseinrichtungen |
Abschn. 12.9. Abs. 9 Satz 3 Nr. 3 UStAE |
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… Nr. 3 Buchst. a AO: Werkstätten für behinderte Menschen |
Zum Zweckbetrieb s. Abschn. 12.9. Abs. 12 UStAE (BMF vom 25.4.2016, BStBl I 2016, 484). Zur Prüfung, ob der Zweckbetrieb in erster Linie der Erzielung zusätzlicher Einnahmen dient, s.a. Abschn. 12.9. Abs. 13 Satz 4 ff. UStAE. |
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… Nr. 3 Buchst. b AO: Einrichtungen für Beschäftigungs- und Arbeitstherapie |
Abschn. 12.9. Abs. 10 Satz 1 Nr. 4 UStAE |
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… Nr. 3 Buchst. c AO: Inklusionsbetriebe i.S.d. § 215 Abs. 1 SGB IX, wenn mindestens 40 % der Beschäftigten besonders betroffene schwerbehinderte Menschen i.S.d. § 215 Abs. 1 SGB IX sind; auf die Quote werden psychisch kranke Menschen i.S.d. § 215 Abs. 4 SGB IX angerechnet |
Mit der Ausführung ihrer Leistungen können sie selbst keinen steuerbegünstigten Zweck erfüllen (Abschn. 12.9. Abs. 13 Satz 1 UStAE); § 12 Abs. 2 Nr. 8 Buchst. a Satz 3 Alt. 2 UStG ist nicht erfüllt. Daher ist nach Satz 3 Alt. 1 zu prüfen, ob die Einrichtung in erster Linie der Erzielung von zusätzlichen Einnahmen dient (Abschn. 12.9. Abs. 13 Satz 2 und 3 i.V.m. Abs. 11 UStAE; s.u. Beachte 1 und dort auch die Änderung durch das Wachstumschancengesetz). |
Zweckbetrieb nach … |
Vergünstigung nach § 12 Abs. 2 Nr. 8 Buchst. a Satz 3 … |
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… Alt. 1 |
… Alt. 2 (Katalog-Zweckbetriebe) |
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§ 68 AO … |
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… Nr. 4 AO: |
Einrichtungen zur Durchführung der Blindenfürsorge, der Fürsorge für Körperbehinderte, der Fürsorgeerziehung und der freiwilligen Erziehungshilfe. |
Abschn. 12.9. Abs. 10 Satz 1 Nr. 5 UStAE. Zu den Zweckbetriebsvoraussetzungen beim Verkauf von Hilfsmitteln für Blinde gem. § 68 Nr. 4 AO s. BFH vom 17.11.2022 (V R 12/20, BStBl II 2023, 367; s. den Gliederungspunkt »Begünstigte Zweckbetriebe nach § 68 AO«). |
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… Nr. 5 AO: |
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… Nr. 6 AO: von den zuständigen Behörden genehmigte Lotterien und Ausspielungen |
Behördlich genehmigte Lotterien und Ausspielungen können mit dem Verkauf ihrer Lose selbst regelmäßig nicht den gemeinnützigen Zweck eines Zweckbetriebs nach § 68 Nr. 6 AO verwirklichen, da sie lediglich den Reinertrag dafür zu verwenden haben. Aus Vereinfachungsgründen kann jedoch auch bei Überschreiten der Besteuerungsgrenze des § 64 Abs. 3 AO davon ausgegangen werden, dass der Zweckbetrieb nicht in erster Linie der Erzielung zusätzlicher Einnahmen dient, wenn der Gesamtpreis der Lose je genehmigter Lotterie oder Ausspielung zu ausschließlich gemeinnützigen, mildtätigen oder kirchlichen Zwecken 40 000 € (§ 18 RennwLottG) nicht überschreitet (Abschn. 12.9. Abs. 14 UStAE). |
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… Nr. 7 AO: Kulturelle Einrichtungen, wie Museen, Theater, Konzerte und Kunstausstellungen. |
Abschn. 12.9. Abs. 10 Satz 1 Nr. 6 UStAE. |
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… Nr. 8 AO: Volkshochschulen und ähnliche Einrichtungen. |
Abschn. 12.9. Abs. 10 Satz 1 Nr. 7 UStAE (s.u. Beachte 2). |
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… Nr. 9 AO: Wissenschafts- und Forschungseinrichtungen. |
Abschn. 12.9. Abs. 10 Satz 1 Nr. 8 UStAE (s.u. Beachte 3). Beachte auch das BFH-Urteil vom 10.12.2020 (V R 5/20, BFH/NV 2021, 608) unter dem Gliederungspunkt »Begünstigte Zweckbetriebe nach § 68 AO«. |
Beachte 1:
Abschn. 12.9. Abs. 13 UStAE sieht für Inklusionsbetriebe nach § 215 Abs. 1 SGB IX bestimmte Kriterien vor, anhand derer zu prüfen ist, ob diese Einrichtungen in erster Linie der Erzielung von zusätzlichen Einnahmen dienen (vgl. § 12 Abs. 2 Nr. 8 Buchst. a Satz 3 UStG). Der Kreis der in diesem Zusammenhang zu berücksichtigenden Beschäftigten eines Inklusionsbetriebs wird auf die psychisch kranken beschäftigten Menschen i.S.d. § 215 Abs. 4 SGB IX ausgedehnt (BMF vom 23.5.2019, BStBl I 2019, 510). Abschn. 12.9. Abs. 13 UStAE wird entsprechend geändert.
Zur eingeschränkten Anwendung des ermäßigten Umsatzsteuersatzes bei gemeinnützigen Einrichtungen (Inklusionsbetrieben) s. BFH vom 23.7.2019 (XI R 2/17, BFH/NV 2020, 69, LEXinform 0951349).
Der Kläger ist ein gemeinnütziger Verein zur Förderung des Wohlfahrtswesens. Er verfolgt mildtätige Zwecke i.S.d. § 53 AO durch die Unterstützung von Personen, die infolge ihres körperlichen, geistigen oder seelischen Zustands der Hilfe bedürfen. Zur Erfüllung dieses Satzungszwecks betreibt er eine anerkannte Werkstatt für behinderte Menschen mit dem Ziel, solchen Personen Arbeitsplätze zu bieten, die wegen ihrer Behinderung nicht, noch nicht oder noch nicht wieder auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt tätig sein können.
Darüber hinaus betreibt der Verein zudem ein Bistro und eine öffentliche Toilette, die nicht Betriebsteil der Werkstatt für Behinderte sind. Der Verein möchte die im öffentlichen Betrieb (Bistro und Toilette) erbrachten Umsätze mit dem ermäßigten Steuersatz nach § 12 Abs. 2 Nr. 8 Buchst. a UStG versteuern.
Die Leistungen des Bistros und der öffentlichen Toilette unterliegen nicht dem ermäßigten Steuersatz des § 12 Abs. 2 Nr. 8 Buchst. a UStG. Es liegt zwar in der Sache ein Zweckbetrieb i.S.d. § 68 Nr. 3 Buchst. c AO vor, ohne dass es im Streitfall darauf ankäme, dass kein förmliches Anerkennungsverfahren durchgeführt wurde. Denn für die streitigen Leistungen des Vereins – der insoweit einen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb i.S.d. § 12 Abs. 2 Nr. 8 Buchst. a Satz 2 UStG unterhält – sind die Voraussetzungen des § 12 Abs. 2 Nr. 8 Buchst. a Satz 3 UStG nicht erfüllt.
Die Voraussetzungen des § 12 Abs. 2 Nr. 8 Buchst. a Satz 3 Alt. 1 UStG liegen nicht vor. Der Verein erzielte in erster Linie zusätzliche Einnahmen durch die Ausführung von Umsätzen, die in unmittelbarem Wettbewerb mit dem allgemeinen Steuersatz unterliegenden Leistungen anderer Unternehmer ausgeführt wurden, da diese für den Satzungszweck des Vereins nicht unerlässlich waren. Es kommt weder darauf an, ob der Verein aus den zusätzlichen Einnahmen geringe oder keine Gewinne erzielt hat, noch darauf, ob die Einnahmen dem Verein verblieben sind. Außerdem tritt der Kläger mit den Umsätzen des Bistros und der öffentlichen Toilette in Wettbewerb mit anderen Unternehmern, die vergleichbare Leistungen anbieten.
Die Voraussetzungen des § 12 Abs. 2 Nr. 8 Buchst. a Satz 3 Alt. 2 UStG liegen ebenfalls nicht vor. Der satzungsmäßige Zweck des Vereins war die Unterstützung von Personen, die infolge ihres körperlichen, geistigen oder seelischen Zustands der Hilfe bedürfen. Der Verkauf von Gastronomieleistungen und die Zurverfügungstellung der öffentlichen Toilette mögen zwar der Verwirklichung dieser Zwecke gedient haben; »mit diesen Leistungen« werden jedoch nicht die satzungsmäßigen Zwecke des Vereins »selbst verwirklicht«. Denn die einzelnen Gastronomieleistungen des Bistros wie auch die Zurverfügungstellung der öffentlichen Toilette dienen in erster Linie den Zwecken der Besucher (Verbraucher) und der Nutzer, die nicht vom gemeinnützigen Zweck der Einrichtung des Vereins erfasst werden. Sie sind daher nicht originär gemeinnützige Leistungen i.S.v. Art. 98 Abs. 2 und 3 i.V.m. Anhang III Nr. 15 MwStSystRL. Begünstigt wären nur Leistungen gegenüber den behinderten Personen, aber nicht solche Leistungen, an deren Erbringung behinderte ArbN des Integrationsunternehmens teilhaben (s.a. Anmerkung vom 27.11.2019, LEXinform 0881988 sowie BFH Pressemitteilung Nr. 76/2019 vom 21.11.2019, LEXinform 0450664; s.a. Fiand, NWB 32/2020, 2391).
Gesetzesänderung:
Mit Art. 21 Nr. 1 des Gesetzes zur Stärkung von Wachstumschancen, Investitionen und Innovation sowie Steuervereinfachung und Steuerfairness (Wachstumschancengesetz) vom 27.3.2024 (BGBl I 2024 Nr. 108) wird mit Wirkung ab 28.3.2024 die Anwendung des § 12 Abs. 2 Nr. 8 Buchst. a Satz 3 UStG an die Verwaltungsregelung in Abschn. 12.9. Abs. 9 Satz 1 und 2 UStAE angepasst.
Beachte:
Nach der Gesetzesänderung wird § 12 Abs. 2 Nr. 8 Buchst. a Satz 3 UStG folgenden Wortlaut erhalten: »Für Leistungen, die im Rahmen eines in den §§ 66 bis 68 der Abgabenordnung bezeichneten Zweckbetriebs ausgeführt werden, gilt Satz 1 nur, wenn der Zweckbetrieb nicht in erster Linie der Erzielung zusätzlicher Einnahmen durch die Ausführung von Umsätzen dient, die in unmittelbarem Wettbewerb mit dem allgemeinen Steuersatz unterliegenden Leistungen anderer Unternehmer ausgeführt werden, oder wenn die Körperschaft mit diesen Leistungen ihrer in den §§ 66 bis 68 der Abgabenordnung bezeichneten Zweckbetriebe ihre steuerbegünstigten satzungsgemäßen Zwecke selbst verwirklicht« (s.o. den Gliederungspunkt »Steuerermäßigung für Zweckbetriebe nach § 12 Abs. 2 Nr. 8 Buchst. a Satz 3 Alt. 1 UStG« und dort »Beachtung der Wettbewerbsbedingungen«).
Mit Art. 21 Nr. 2 des Wachstumschancengesetzes vom 27.3.2024 (BGBl I 2024 Nr. 108) wird in § 12 Abs. 2 Nr. 8 Buchst. a UStG ein neuer Satz 4 eingefügt. »Körperschaften verwirklichen mit ihren in den §§ 66 bis 68 der Abgabenordnung bezeichneten Zweckbetrieben ihre steuerbegünstigten satzungsgemäßen Zwecke selbst, wenn die Leistungsempfänger oder an der Leistungserbringung beteiligte Personen vom steuerbegünstigten Zweck der Einrichtung erfasst werden.«
Die Neuregelung stellt klar, dass nach § 12 Abs. 2 Nr. 8 Buchst. a UStG begünstigte Leistungen auch dann vorliegen, wenn die von dem jeweiligen gemeinnützigen Zweck erfassten Personen entweder Empfänger der Leistung sind oder, wie z.B. bei Inklusionsbetrieben, bei der Leistungserbringung mitwirken.
Der BFH hat mit Urteil vom 23.7.2019 (XI R 2/17, BFH/NV 2020, 69, LEXinform 0951349; s.o. unter Beachte 1) entschieden, dass die Umsätze, die ein gemeinnütziger Verein zur Förderung des Wohlfahrtswesens aus Gastronomieleistungen und der Zurverfügungstellung einer öffentlichen Toilette erzielt, selbst dann nicht nach § 12 Abs. 2 Nr. 8 Buchst. a UStG ermäßigt zu besteuern sind, wenn diese Leistungen der Verwirklichung satzungsmäßiger Zwecke gedient haben. Seine Entscheidung begründet der BFH u.a. damit, dass die einzelnen Gastronomieleistungen des Bistros wie auch die Zurverfügungstellung der öffentlichen Toilette in erster Linie den Zwecken der Besucher (Verbraucher) und der Nutzer dienen, die nicht vom gemeinnützigen Zweck der Einrichtung des Klägers erfasst werden.
Die FinVerw wendet dieses BFH-Urteil bisher nicht an. Denn es war zum damaligen Zeitpunkt zumindest unklar, ob die Auffassung des BFH, es sei allein entscheidend, wem die Leistung zugutekomme, dem Unionsrecht entsprach. Mittlerweile ist unionsrechtlich klargestellt, dass zur Beantwortung der Frage, ob eine nach den §§ 66 bis 68 der Abgabenordnung gemeinnützige Einrichtung mit ihren Leistungen ihre steuerbegünstigten satzungsgemäßen Zwecke selbst verwirklicht, nicht nur auf den Leistungsempfänger abzustellen ist. Aus den Erwägungsgründen der Richtlinie (EU) 2022/542 des Rates vom 5.4.2022 zur Änderung der Richtlinien 2006/112/EG und (EU) 2020/285 in Bezug auf die Mehrwertsteuersätze wird deutlich, dass für die Anwendung der Steuerermäßigung nicht allein auf den Leistungsempfänger im umsatzsteuerrechtlichen Sinne abzustellen ist. Vielmehr ist nach dem Richtliniengeber eine Gesamtschau vorzunehmen, in die die allgemeine Tätigkeit und die Ziele der Einrichtung als Ganzes – unabhängig vom letztendlich Begünstigten der Lieferung von Gegenständen oder Dienstleistungen – einzubeziehen sind. Zudem gibt die Richtlinie den Mitgliedstaaten in der neu gefassten Nr. 15 des Anhangs III Gestaltungsfreiheit bei der Definition des Umfangs der steuerbegünstigten Zwecke (BT-Drs. 20/8628, 201; s.u. den Gliederungspunkt »Steuerermäßigung nach Unionsrecht«).
Beachte 2:
Zu den Leistungen, mit deren Ausführung selbst lediglich steuerbegünstigte Zwecke verwirklicht werden, zählen nach Abschn. 12.9. Abs. 10 Satz 1 Nr. 7 UStAE u.a. Volkshochschulen u. ä. Einrichtungen.
Der BFH hat mit Urteil vom 8.3.2012 (V R 14/11, BStBl II 2012, 630) entschieden, dass Übernachtungs- und Verpflegungsleistungen, die ein gemeinnütziger Verein im Zusammenhang mit umsatzsteuerfreien Seminaren erbrachte, nicht dem ermäßigten Steuersatz von 7 % gem. § 12 Abs. 2 Nr. 8 Buchst. a UStG unterlagen. Die Leistungen der Beherbergung und Verpflegung wurden zwar nach den abgabenrechtlichen Regelungen gem. § 68 Nr. 8 AO im Rahmen eines Zweckbetriebes erbracht, sie fielen jedoch unter die umsatzsteuerrechtliche Einschränkung der Steuerermäßigung für Leistungen im Rahmen eines Zweckbetriebes nach § 12 Abs. 2 Nr. 8 Buchst. a Satz 3 UStG. Die Übernachtungs- und Verpflegungsleistungen begründeten umsatzsteuerrechtlich einen Zweckbetrieb, der vorrangig der Erzielung zusätzlicher Einnahmen diente. Zusätzliche Einnahmen in diesem Sinne liegen bereits dann vor, wenn die Körperschaft diese in Zusammenhang mit Leistungen erzielt, die für die Verwirklichung ihres steuerbegünstigten satzungsmäßigen Zwecks (hier: Förderung der Volks- und Berufsbildung nach § 52 Abs. 2 Nr. 7 AO) nicht unerlässlich sind. Schließlich erbrachte der Bildungsträger die Beherbergungs- und Verpflegungsleistungen auch in unmittelbarem Wettbewerb zu Leistungen von Hotelbetreibern, deren Leistungen im Streitjahr dem allgemeinen Umsatzsteuersatz von 19 % unterlagen.
Beispiel 5:
Bei einer Heimvolkshochschule (HVHS) werden umsatzsteuerfreie Seminare nebst Übernachtung und Vollverpflegung (sonstige Leistungen i.S.d. § 3 Abs. 9 USG, Abschn. 3.6. UStAE) angeboten.
Lösung 5:
S. das Beispiel in der Vfg. der OFD Niedersachsen vom 27.6.2014 (S 7242a – 28 – St 184, DStR 2014, 1678). Das Beispiel entspricht dem Entscheidungssachverhalt des BFH-Urteils vom 8.3.2012 (V R 14/11, BStBl II 2012, 630). S.a. Abschn. 12.9. Abs. 10 Satz 1 Nr. 7 UStAE sowie das BFH-Urteil vom 21.6.2017 (V R 34/16, BStBl II 2018, 55).
Es handelt sich bei der HVHS um einen Zweckbetrieb gem. § 68 Nr. 8 AO, der dem Grunde nach den Ermäßigungstatbestand des § 12 Abs. 2 Nr. 8 Buchst. a Satz 1 UStG erfüllt. Mit der Durchführung von Lehrveranstaltungen selbst werden die steuerbegünstigten Zwecke der in § 68 Nr. 8 AO bezeichneten Zweckbetriebe verwirklicht.
Die HVHS erbringt ihre Beherbergungs- und Verpflegungsleistungen gem. § 68 Nr. 8 AO im Rahmen eines Zweckbetriebes, zu dem nach dieser Vorschrift auch »Volkshochschulen und andere Einrichtungen, soweit sie selbst Vorträge, Kurse und andere Veranstaltungen wissenschaftlicher oder belehrender Art durchführen« gehören. Die Zweckbetriebseigenschaft besteht dabei auch insoweit, als diese »Einrichtungen den Teilnehmern dieser Veranstaltungen selbst Beherbergung und Beköstigung gewähren«.
Mit der Beherbergung und Verpflegung verwirklicht die HVHS ihren steuerbegünstigten satzungsmäßigen Zweck (Bildung) aber nicht selbst, somit ist für die Anwendung des ermäßigten Steuersatzes gem. § 12 Abs. 2 Nr. 8 Buchst. a Satz 3 UStG zu prüfen, ob der Zweckbetrieb in erster Linie der Erzielung von zusätzlichen Einnahmen dient. Bei der Prüfung ist zu beachten, dass die Beherbergungsumsätze unter den weiteren Voraussetzungen des § 12 Abs. 2 Nr. 11 UStG bereits dem ermäßigten Steuersatz von 7 % unterliegen.
Sofern die Einnahmen für Beherbergung und Verpflegung zu mehr als 50 % auf die Verpflegungsumsätze entfallen, dient der Zweckbetrieb der Erzielung von zusätzlichen Einnahmen und der ermäßigte Steuersatz gem. § 12 Abs. 2 Nr. 8 Buchst. a UStG findet keine Anwendung. Die Verpflegungsumsätze unterliegen in diesem Fall dem allgemeinen Steuersatz von 19 % gem. § 12 Abs. 1 UStG.
Für die nach dem 30.6.2020 erbrachten Restaurant- und Verpflegungsdienstleistungen, mit Ausnahme der Abgabe von Getränken, ist nach § 12 Abs. 2 Nr. 15 UStG der ermäßigte Steuersatz von 7 % anzuwenden.
Mit Art. 12 Nr. 1 des Achten Gesetzes zur Änderung von Verbrauchsteuergesetzen vom 24.10.2022 (BGBl I 2022, 1838) wird in § 12 Abs. 2 Nr. 15 UStG die Anwendung des ermäßigten Steuersatzes für Restaurant- und Verpflegungsdienstleistungen bis zum 31.12.2023 verlängert.
Beachte 3:
Zu den Leistungen, mit deren Ausführung selbst lediglich steuerbegünstigte Zwecke verwirklicht werden, zählen nach Abschn. 12.9. Abs. 10 Satz 1 Nr. 8 UStAE u.a. Wissenschafts- und Forschungseinrichtungen, deren Träger sich überwiegend aus Zuwendungen der öffentlichen Hand oder Dritter oder aus der Vermögensverwaltung finanzieren.
Nach dem BFH-Urteil vom 10.5.2017 (V R 7/15, V R 43/14, BFH/NV 2017, 1148, LEXinform 0950152) umfasst der Begriff der Vermögensverwaltung nach § 68 Nr. 9 i.V.m. § 64 Abs. 1 AO und § 12 Abs. 2 Nr. 8 Buchst. a UStG ebenso wie bei § 14 i.V.m. § 64 Abs. 1 AO und § 12 Abs. 2 Nr. 8 Buchst. a UStG nur nichtunternehmerische (nichtwirtschaftliche) Tätigkeiten wie z.B. das Halten von Gesellschaftsanteilen, nicht aber auch entgeltliche Leistungen wie etwa die Vermietung und Verpachtung von unbeweglichen oder beweglichen Vermögen (s.a. Anmerkung vom 6.7.2017, LEXinform 0948851).
Für Leistungen, die im Rahmen eines Zweckbetriebs ausgeführt werden, gilt die Vergünstigung des § 12 Abs. 2 Nr. 8 Buchst. a Satz 1 UStG (ermäßigter Steuersatz) nur, wenn der Zweckbetrieb nicht in erster Linie der Erzielung zusätzlicher Einnahmen (Abschn. 12.9. Abs. 9 UStAE) durch die Ausführung von Umsätzen dient, die in unmittelbarem Wettbewerb mit dem allgemeinen Steuersatz unterliegenden Leistungen anderer Unternehmer ausgeführt werden (s.a. § 65 Nr. 3 AO und Abschn. 12.9. Abs. 11 UStAE). Da aber die §§ 66 bis 68 AO gegenüber § 65 AO als vorrangige Vorschriften zu verstehen sind, setzt die steuerliche Begünstigung eines Betriebs als Zweckbetrieb gem. §§ 66 bis 68 AO nicht voraus, dass die von dieser ausgehenden Wettbewerbswirkung das zur Erfüllung des steuerbegünstigten Zwecks unvermeidbare Maß nicht übersteigt (BFH Urteil vom 4.6.2003, I R 25/02, BStBl II 2004, 660). Der ermäßigte Steuersatz gilt demnach auch für die Körperschaften, die mit ihren Leistungen zu anderen Anbietern in Wettbewerb treten, die aber mit diesen Leistungen ihrer in den §§ 66 bis 68 AO bezeichneten Zweckbetriebe ihre steuerbegünstigten satzungsmäßigen Zwecke selbst verwirklichen (Abschn. 12.9. Abs. 8 sowie Abs. 3 Satz 5 UStAE).
Nach Art. 98 MwStSystRL i.V.m. Anhang III Nr. 13 bis 15 ist der ermäßigte Steuersatz nur für die dort genannten stpfl. Leistungen unter den dort genannten Voraussetzungen zulässig.
Die Steuerermäßigung ist möglich
nach Nr. 13 Anhang III: Eintrittsberechtigung für Sportveranstaltungen (→ Sportliche Veranstaltungen);
nach Nr. 14 Anhang III: Überlassung von Sportanlagen;
nach Nr. 15 Anhang III: Für die stpfl. Leistungen gemeinnütziger Einrichtungen, die diese für wohltätige Zwecke und im Bereich der sozialen Sicherheit erbringen.
Art. 98 MwStSystRL wurde durch die Richtlinie (EU) 2022/542 vom 5.4.2022 (ABl EU vom 6.4.2022, L 107/1) neu gefasst.
Nach der Neufassung des Art. 98 MwStSystRL i.V.m. Anhang III Nr. 13 und 15 ist der ermäßigte Steuersatz nur für die dort genannten stpfl. Leistungen unter den dort genannten Voraussetzungen zulässig. Die bisherige Nr. 14 wurde gestrichen.
Die Steuerermäßigung ist möglich
nach Nr. 13 Anhang III: Eintrittsberechtigung für Sportveranstaltungen (→ Sportliche Veranstaltungen) oder Zugang zum Live-Streaming dieser Veranstaltungen oder beides; Überlassung von Sportanlagen und Angebot von Sport- oder Bewegungskursen auch im Wege von Live-Streaming;
die bisherige Nr. 14 Anhang III: Überlassung von Sportanlagen wurde gestrichen. Die Überlassung von Sportanlagen ist in der neuen Nr. 13 enthalten;
nach Nr. 15 Anhang III: Lieferung von Gegenständen und Erbringung von Dienstleistungen durch gemeinnützige Organisationen. die sich für wohltätige Zwecke und im Bereich der sozialen Sicherheit wie von den Mitgliedstaaten definiert einsetzen und die von den Mitgliedstaaten als Einrichtungen mit sozialem Charakter anerkannt werden, soweit sie nicht gem. den Art. 132, 135 und 136 von der Steuer befreit sind.
Sportliche, kulturelle oder unterrichtende Leistungen gehören nicht zu der Steuerermäßigung.
Nach Art. 5 der RL 2022/542 tritt die Nr. 15 des Anhang III am 6.4.2022 in Kraft.
Nach Art. 3 Unterabs. 3 RL 2022/542 können die Mitgliedstaaten die Rechts- und Verwaltungsvorschriften zu Anhang III Nr. 7 und 13 in Bezug auf den Zugang zum Live-Streaming von Veranstaltungen oder Besuchen, die unter diese Nummern fallen, und Anhang III Nr. 26 der Richtlinie 2006/112/EG, die im Anhang dieser Richtlinie aufgeführt sind, ab dem 1.1.2025 anwenden.
Im Urteil vom 5.4.2023 (V R 14/22, BFH/NV 2023, 1157, LEXinform 0954417, Rz. 16 und 17) lässt der BFH die Frage nach einer eventuellen Erweiterung des Ermächtigungstatbestandes unbeantwortet. In seiner Entscheidung V R 14/22 konnte der BFH offenlassen, ob es durch die Änderung zu einer unionsrechtlichen Erweiterung des Ermächtigungstatbestandes kommt, obwohl sich dieser weiterhin auf Leistungen gemeinnütziger Organisationen bezieht, die – trotz der den Mitgliedstaaten hierzu nunmehr eingeräumten Definitionsbefugnis – unverändert für »wohltätige Zwecke und im Bereich der sozialen Sicherheit« tätig sein müssen (für eine Ausweitung des Anwendungsbereichs aber Hummel, UR 2023, 209 f.; Hüttemann, UR 2023, 200 f.).
Hinweis:
Mit Art. 21 Nr. 2 des Wachstumschancengesetzes vom 27.3.2024 (BGBl I 2024 Nr. 108) wird in § 12 Abs. 2 Nr. 8 Buchst. a UStG ein neuer Satz 4 eingefügt. »Körperschaften verwirklichen mit ihren in den §§ 66 bis 68 der Abgabenordnung bezeichneten Zweckbetrieben ihre steuerbegünstigten satzungsgemäßen Zwecke selbst, wenn die Leistungsempfänger oder an der Leistungserbringung beteiligte Personen vom steuerbegünstigten Zweck der Einrichtung erfasst werden.«
Beachte:
Die Neuregelung stellt klar, dass nach § 12 Abs. 2 Nr. 8 Buchst. a UStG begünstigte Leistungen auch dann vorliegen, wenn die von dem jeweiligen gemeinnützigen Zweck erfassten Personen entweder Empfänger der Leistung sind oder, wie z.B. bei Inklusionsbetrieben, bei der Leistungserbringung mitwirken.
Der BFH hat mit Urteil vom 23.7.2019 (XI R 2/17, BFH/NV 2020, 69, LEXinform 0951349) entschieden, dass die Umsätze, die ein gemeinnütziger Verein zur Förderung des Wohlfahrtswesens aus Gastronomieleistungen und der Zurverfügungstellung einer öffentlichen Toilette erzielt, selbst dann nicht nach § 12 Abs. 2 Nr. 8 Buchst. a UStG ermäßigt zu besteuern sind, wenn diese Leistungen der Verwirklichung satzungsmäßiger Zwecke gedient haben. Seine Entscheidung begründet der BFH u.a. damit, dass die einzelnen Gastronomieleistungen des Bistros wie auch die Zurverfügungstellung der öffentlichen Toilette in erster Linie den Zwecken der Besucher (Verbraucher) und der Nutzer dienen, die nicht vom gemeinnützigen Zweck der Einrichtung des Klägers erfasst werden.
Die FinVerw wendet dieses BFH-Urteil bisher nicht an. Denn es war zum damaligen Zeitpunkt zumindest unklar, ob die Auffassung des BFH, es sei allein entscheidend, wem die Leistung zugutekomme, dem Unionsrecht entsprach. Mittlerweile ist unionsrechtlich klargestellt, dass zur Beantwortung der Frage, ob eine nach den §§ 66 bis 68 der Abgabenordnung gemeinnützige Einrichtung mit ihren Leistungen ihre steuerbegünstigten satzungsgemäßen Zwecke selbst verwirklicht, nicht nur auf den Leistungsempfänger abzustellen ist. Aus den Erwägungsgründen der Richtlinie (EU) 2022/542 des Rates vom 5.4.2022 zur Änderung der Richtlinien 2006/112/EG und (EU) 2020/285 in Bezug auf die Mehrwertsteuersätze wird deutlich, dass für die Anwendung der Steuerermäßigung nicht allein auf den Leistungsempfänger im umsatzsteuerrechtlichen Sinne abzustellen ist. Vielmehr ist nach dem Richtliniengeber eine Gesamtschau vorzunehmen, in die die allgemeine Tätigkeit und die Ziele der Einrichtung als Ganzes – unabhängig vom letztendlich Begünstigten der Lieferung von Gegenständen oder Dienstleistungen – einzubeziehen sind. Zudem gibt die Richtlinie den Mitgliedstaaten in der neu gefassten Nummer 15 des Anhangs III Gestaltungsfreiheit bei der Definition des Umfangs der steuerbegünstigten Zwecke (BT-Drs. 20/8628, 201).
Die Frage, ob ein Umsatz steuerbar, steuerfrei, zu 7 % oder mit dem Regelsteuersatz zu versteuern ist, ist in der Praxis nicht immer leicht zu beantworten. Sollte dem Unternehmer im Hinblick auf die Höhe des Steuersatzes eine rechtliche Fehleinschätzung unterlaufen und er in der Rechnung eine zu hohe USt ausweisen, greift § 14c UStG. Der Unternehmer schuldet immer den Umsatzsteuerbetrag, den er in einer Rechnung ausweist. Dies gilt unabhängig davon, ob für den Vorgang überhaupt USt angefallen wäre oder eine niedrigere USt zu zahlen gewesen wäre. Sinn und Zweck der Regelung ist es zu vermeiden, dass bei einem zu hohen Steuerausweis ggf. der Leistungsempfänger einen zu hohen Vorsteuerabzug in Anspruch nimmt. Grundsätzlich muss daher die Rechnung korrigiert werden.
Zur Steuerschuld nach § 14c Abs. 1 UStG bei der Erteilung von Rechnungen an Nichtunternehmer hat der BFH mit Urteil vom 13.12.2018 (V R 4/18, BFH/NV 2019, 369, LEXinform 0951972) entschieden, dass die Steuerschuld nach § 14c Abs. 1 UStG auch bei einer Rechnungserteilung an Nichtunternehmer entsteht. Im Ausgangsverfahren hat ein gemeinnütziger Verein, der ausweislich seiner Satzung auch Verbraucherberatungen durchführt, ein gesondertes Entgelt verlangt. Für die Umsätze wurde der Regelsteuersatz angewandt. Der Verein erteilte für die entgeltliche Einzelberatung von Verbrauchern Rechnungen mit gesondertem Steuerausweis. In den Rechnungen wies er die Steuer mit dem Regelsteuersatz von 19 % aus. Im Einspruchsverfahren machte der Verein u.a. geltend, dass tatsächlich der ermäßigte Steuersatz nach § 12 Abs. 2 Nr. 8 Buchst. a UStG anzuwenden war (s.a. Anmerkung vom 5.3.2019, LEXinform 0881332).
Beachte:
Mit Urteil vom 8.12.2022 (C-378/21, LEXinform 0953009) hat der EuGH in einem österreichischem Verfahren entschieden, dass Art. 203 MwStSystRL dahin auszulegen ist, dass ein Stpfl., der eine Dienstleistung erbracht hat und in seiner Rechnung einen Mehrwertsteuerbetrag ausgewiesen hat, der auf der Grundlage eines falschen Steuersatzes berechnet wurde, nach der Bestimmung des Art. 203 MwStSystRL den zu Unrecht in Rechnung gestellten Teil der Mehrwertsteuer nicht schuldet, wenn keine Gefährdung des Steueraufkommens vorliegt, weil diese Dienstleistung ausschließlich an Endverbraucher erbracht wurde, die nicht zum Vorsteuerabzug berechtigt sind.
§ 14c UStG setzt Art. 203 MwStSystRL in nationales Recht um. Die nationale Regelung ist strenger als das Unionsrecht.
Zur weiteren Kommentierung des BFH-Urteils V R 4/18 s. → Unrichtiger und unberechtigter Steuerausweis unter dem Gliederungspunkt »Rechnungserteilung i.S.d. § 14c UStG an Nichtunternehmer«.
Neumann, Ermäßigter Steuersatz für Leistungen der Zweckbetriebe von Körperschaften, die ausschließlich und unmittelbar steuerbegünstigte Zwecke verfolgen, Steuer & Studium 2007, 442; Mrosek, Zweckbetriebseigenschaft und ermäßigter Umsatzsteuersatz in der Prüfungspraxis am Beispiel von Fitness-Studios gemeinnütziger Sportvereine, UR 12/2018, 469; Engelsing u.a., Gefahr Zweckbetrieb – das Wettbewerbskriterium als Stolperfalle, NWB 33/2016, 2505; Bihler, Anwendung des ermäßigten Umsatzsteuersatzes bei gemeinnützigen Körperschaften, NWB 13/2020, 892; Fiand, Ermäßigter Umsatzsteuersatz bei gemeinnützigen Körperschaften – Anmerkung zum BFH-Urteil vom 23.7.2019, XI R 2/17, NWB 32/2020, 2391; Fiand, Systematik der gemeinnützigkeitsrechtlichen Regelungen für Zweckbetriebe, NWB 24/2023, 1694; Strahl, Ermäßigter Steuersatz bei Verfolgung steuerbegünstigter Zwecke – Unmittelbarkeit, NWB 31/2023, 2144; Hummel, Zur Unionsrechtskonformität des ermäßigten Steuersatzes nach § 12 Abs. 2 Nr. 8 Buchst. a UStG, UR 2023, 345.
→ Steuerbefreiungen gem. § 4 UStG
→ Steuersätze bei der Umsatzsteuer
→ Verein
→ Werbung
→ Wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb
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